"Es ist wie ein leeres Buch zu füllen"
Die "Eidechsen-Schule" feiert ihre offizielle Eröffnung

Freude über die neue Grundschule, in der 270 Kinder lernen (von links): Bildungsstaatssekretär Georg Eisenreich, Schulleiterin Vita Ernst, Bürgermeisterin Christine Strobl und Peter Scheifele (städt. Bildungsreferat). (Foto: job)
Termingerecht fertig sein und weniger Geld brauchen als geplant? Das gelingt in München nicht nur bei richtig großen Bauwerken wie dem Luise-Kiesselbach-Tunnel, sondern auch bei kleineren wie neuen Schulen: Die Grundschule an der Baierbrunner Straße 53 wurde in nur dreieinhalb Jahren geplant und gebaut. Von den 26 Millionen Euro Steuergeld, die der Stadtrat dafür genehmigt hatte, sind 4 Millionen übrig geblieben. 270 Kinder werden inzwischen hier unterrichtet. Bereits zum Schuljahr 2016/17 wurde der Unterricht aufgenommen. Weil es zunächst aber wichtiger ist, dass sich Schüler und Lehrer zusammenfinden, wurde die offizielle Eröffnung erst jetzt gefeiert.
Holzbau hat sich bewährt
Die Baierbrunner Schule wurde – erstmals in München bei einer öffentlichen Schule – in Holzbauweise errichtet. Das Ergebnis überzeugt – so dass nicht nur etliche Delegationen aus anderen Städten und dem Ausland die neue Modellschule angesehen haben, sondern auch die Stadt überlegt, den Holzbau öfter einzusetzen.
Weil an der Baierbrunner Straße viele Eidechsen leben, hat die Schule die kleinen Reptilien zu ihrem Maskottchen gemacht. Überall im Schulhaus sind sie zu finden; sogar die Namensschilder für die Gäste der Einweihungsfeier hatten die Kinder als Papiereidechsen gestaltet.
Schüler und Lehrer sind mit ihrer neuen „Eidechsen-Schule“, in der innen helles Fichtenholz dominiert und außen Lärchenholz die Fassade bestimmt, hochzufrieden. „Vom ersten Augenblick erlebte man das Staunen über die schöne, innovative und gut nutzbare Schule“, sagte Schulleiterin Vita Ernst. „Hier kann man sich wohlfühlen!“ Diese Freude können nicht einmal die eher unpraktischen Dreieckstisch trüben.
Hohes Maß an Professionalität
Ernst dankte insbesondere ihrem Team und den Kollegen, die mit überwältigender Offenheit an den pädagogischen Aufbau der neuen Schule gegangen seien. „Ein hohes Maß an Professionalität ist notwendig, vor allem dann, wenn sich ein Kollegium erst neu zusammenfinden muss!“ Die Schule sei sehr bunt und heterogen. In ihrem Sprengel liegen u.a. drei Flüchtlingsunterkünfte. Die meisten Kinder kommen aus dem neuen Wohngebiet jenseits der Bahnlinie.
Der Start mit einer völlig neuen Schule berge aber auch großartige Chancen, unterstrich Ernst. Ein „Das war schon immer so“ gebe es in einer solchen Situation schlicht nicht. „Wir können unsere Schule füllen wie ein leeres Buch“ so Ernst. Und viele schreiben dieses Buch mit: Eltern, Kinder, Lehrer, Ehrenamtliche wie die Lesepaten.
Die dreizügige Grundschule wurde zusammen mit einer Sporthalle, Freianlagen, einem Kinderhaus und der Kinder- und Jugendeinrichtung Traffix auf dem Gelände gebaut, so Beate Steier (städt. Baureferat). Von außen kennzeichnen farbige Paneele die verschiedenen Einrichtungen. Zusammen bieten sie Platz für 500 Kinder aus den umliegenden Quartieren.
Bürokratische Hürden umgangen
Früher befand sich an dieser Stelle der große Siemensparkplatz. Nachdem der Traum von der Siemensstadt „Isar Süd“ geplatzt war, entstanden hier Wohnungen, das Pflegezentrum, Einkaufszentrum und nun auch die Schule. Ende 2012 hatte der Stadtrat den Schulbau genehmigt und sich für die wegweisende Holzbauweise entschieden. Um trotz des großen Zeitdrucks fertig zu werden, sprangen Stadt und Regierung von Oberbayern über bürokratische Hürden und einigten sich auf zeitsparende Ausnahmen bei der sonst langwierigeren Ausschreibung.
Zwei weitere Schulen schon in Planung
Im Februar 2015 konnte so mit dem Bau der Schule begonnen werden, im Juli 2016 waren sie und ihre „Schwester-Einrichtungen“ fristgerecht fertig. Weitere Schulen im Viertel sind bereits in der Planung, sagte Peter Scheifele (städt. Bildungsreferat) bei der Eröffnung „Derzeit planen wir eine fünfzügige Grundschule am Ratzingerplatz und eine vierzügige in der Passauerstraße.“
Schwerpunkt der Investitionen
„Bildung bleibt ein Investitionsschwerpunkt für den Freistaat Bayern“, betonte auch Bildungsstaatssekretär Georg Eisenreich und unterstrich die Zusammenarbeit mit der Stadt München: „Wir sind beide Partner: Der Freistaat sorgt für die Lehrer, die Stadt für die Räume.“ Die neue Schule sei bestens ausgestattet, „ein tolles Gebäude“. Hier werde umgesetzt, was moderne Bildungspolitik und Pädagogik möglich machen.
Ähnlich sieht es Bürgermeisterin Christine Strobl. Sie verwies darauf, dass die Stadt derzeit den größten Teil ihrer Investitionen in den Bereich Bildung stecke. „Wir bauen eine Schule nach der anderen“, sagte sie. Gut drei Milliarden Euro schwer sind die beiden Schulbauprojekte der Stadt. Dies sei dem ungebrochenen Zuzug nach München geschuldet: 162.000 Bürger seien alleine von 2009 bis 2015 in die Stadt gezogen (zum Vergleich: nur zwölf der 71 bayerischen Landkreise haben mehr als 162.000 Einwohner). Strobl wies auf die moderne Ausstattung der Baierbrunner Schule hin – zuvorderst komme es aber auf die Menschen an, die eine Schule mit Leben füllen. „Das ist das Wichtigste, denn sie schaffen eine tolle Atmosphäre zum Lernen!“
Und das kleine Problem mit den Dreieckstischen hält sie für lösbar. „Die gehörten auch nicht zu den Lieblingstischen meiner Kinder“, verriet Strobl und gab der Verwaltung eine pragmatische Hausaufgabe mit: „Vielleicht können wir die Tische mal austauschen!“
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