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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Note „6“ für Schulamt
Aubinger Grundschulen platzen aus allen Nähten
„Für diese Schulpolitik gebe ich die Note 6“, sagte Anne Hirschmann (SPD) und CSU-Kollege Sebastian Kriesel stimmte zu: „Das ist ein Skandal“. In der letzten Bezirksausschusssitzung hatten sich Schulleiterinnen, eine Elternbeirätin und Erzieherin zu Wort gemeldet, um über die katastrophalen Raumbedingungen an ihren Schulen zu berichten. Was das Gremium und die Besucher da zu hören bekamen, löste Entsetzen und Kopfschütteln aus. Claudia Hirschnagl, Schulleiterin der Grundschule am Ravensburger Ring, ist ein häufiger Gast im Bezirksausschuss 22. Immer wieder berichtet sie dem Gremium von den schlechter werdenden Bedingungen für ihre Schüler. Die Schule platzt aus allen Nähten, doch es wird immer noch schlimmer. „Wir haben jetzt im zweiten Jahr eine Fünfzügigkeit“, klagte sie. Das bedeutet jeweils fünf Klassen in jeder Stufe. Um die wachsende Schülerzahl unterzubringen, wurden schon alle möglichen Räume in der Schule zu Klassenzimmern umfunktioniert. Mit der Folge, „dass das pädagogisch ausgearbeitete Ganztageskonzept nicht mehr durchführbar ist“, bedauerte Hirschnagl. Von früh bis spät müssen die Kinder statt in einem Extra-Gruppenraum nun in einem Klassenzimmer sitzen. Dabei hätten die ABC-Schützen nach dem anstrengenden Unterricht einen großen Bewegungsdrang.
Erst vor wenigen Tagen seien wieder Abgesandte vom Schulamt gekommen, um bei einer „Begehung“ eventuell noch eine Möglichkeit zu finden, um eine Wand für eine neue Klasse einzuziehen. Aber selbst die Experten waren ratlos. Dabei hat die Grundschule längst Projekte, die pädagogischen Vorbildcharakter hatten, einstellen müssen. „Wir mussten die Partnerklasse mit geistig-behinderten Kindern aufgeben“, klagte Hirschnagl. Das habe einen weiteren Klassenraum gebracht. Dabei sei Inklusion doch das Gebot der Stunde. Derzeit hat die Schule eine Übergangsklasse mit 20 Kindern, die kein oder nur wenig Deutsch können. 16 davon stammen aus dem Sprengel. Hirschnagl hofft, dieses Angebot aufrecht erhalten zu können, sie hat zwar Rückendeckung von der Regierung, aber das Schulamt habe bereits mit diesem Klassenzimmer geliebäugelt.
Schulleiterin Gertrud Füchsle geht es an ihrer Grundschule Wiesentfelserstraße nicht besser. Eine Gruppe von Kindern unterrichtet sie in einem Durchgangszimmer. „Auf der einen Seite hören wir die Hauptschüler, die in der Pause Kicker spielen und auf der anderen Seite schreiben vielleicht die Viertklässler gerade eine Probe und meine Erstklässler müssen durch, wenn sie auf die Toilette müssen“, berichtete sie.
Container würden helfen
Beide Schulen wünschen sich dringend einen Container für die nächsten vier Jahre. Dann wird es eine neue Grundschule in Freiham geben und einen Neubau am Ravensburger Ring, doch die Behörden haben das Provisorium aus Kostengründen abgelehnt. „Ich weiß nicht, wie wir die nächsten vier Jahre unterrichten sollen“, so Hischnagl.
Den Mitarbeitern der Nachmittagsbetreuungen geht es genauso. Zum Beispiel Gaby Schlüter. Vor vier Jahren ist die Erzieherin von Hannover nach München gekommen. Dass die Situation in dem reicheren München, so miserabel sein würde, damit hatte sie nicht gerechnet. Für die Nachmittagskinder der Grundschule am Ravensburger Ring gibt es ein ausgefeiltes pädagogisches Konzept, bei dem den Schülern verschiedene Angebote vom Basteln über Bauen, vom Rennen über Spielen, aber auch die Möglichkeit sich zurückzuziehen angeboten werden sollten. Das ist aber nur Theorie. Die Praxis sieht anders aus. Bis zu 25 Kinder sitzen nachmittags in ihren Klassenzimmern. Spiel-, Puppen- und Bauecke könnten bei einer solchen Doppelnutzung nicht eingerichtet werden. „Eine reine Aufbewahrung ist dies“, klagt Schlüter.
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