„Wie in den 60er Jahren“
Schulcontainer abgelehnt – jetzt droht Schichtunterricht
Wenn Schulleiter Jürgen Walther aus dem Fenster des Direktorats der Mittelschule an der Wiesentfelser Straße blickt, dann scheint die Lösung seines Problems in greifbarer Nähe. Die Mittelschule mit ihren rund 270 Schülern platzt aus allen Nähten und genau gegenüber gibt es von der Stadt München kaum genutzte Räume. Dabei ist die Situation an der Schule ernst. „Eine weitere Verdichtung ist nicht mehr möglich“. Auch die benachbarte Grundschule ist am Limit. Bei einem Pressegespräch schilderten die beiden Schulleiter Jürgen Walther und Elsbeth Zeitler sowie die Grundschulleiterin Gertrud Füchsle die Situation.
„Sämtliche Klassenzimmer sind belegt und sogar in den Gruppenräumen sind Klassen untergebracht“, so Zeitler. Weitere Fachräume können nicht mehr aufgegeben werden, das würde auf Kosten des Pflichtunterrichts gehen. Beratungsgespräche mit Eltern müssen auf dem Gang stattfinden. Schüler, die extra gefördert werden sollen, müssen ebenfalls an einem Tisch im Flur Platz nehmen. In der Grundschule mit den derzeit 220 Schülern ist es ähnlich. Sogar in Durchgangszimmern findet Unterricht statt. „Dort ist es laut und unruhig“, so Füchsle. Und es soll noch enger werden.
Kehrtwendung
Die Mittelschule hatte deswegen gehofft, dass endlich ein Schulcontainer aufgestellt wird. Sogar ein Platz war bereits gefunden worden. „Auf dem kleinen Pausenhof“, sagt Walther. Noch vor wenigen Monate hatte die Schulbehörde dies angesichts der beengten Situation auch als „dringend geboten“ beurteilt. Vor wenigen Tagen kam aber die Absage aus dem Schulreferat. Die Behörde geht von „keiner Klassenmehrung in der Grundschule aus“, aus Kostengründen sei es nicht zu rechtfertigen einen Container aufzustellen. „Das ist eine Kehrtwendung um 180 Grad“, ärgert sich Füchsle. Dass die finanzielle Seite stärker bewertet wird, als die Situation der Schüler, empfindet Walther als „zynisch“. Wie das Referat darauf komme, dass die Schülerzahlen nicht steigen würden, ist den Lehrern schleierhaft. Überall im Viertel werde gebaut und verdichtet und aus dem neuen Freiham kommen bereits erste Schüler. „Im Oktober zählten wir 70 neue Erstklässler für das nächste Schuljahr, im Januar waren es schon 100“, sagte Füchsle.
Appell an die Solidarität
Auf die einzelnen Klassen können auf keinen Fall mehr Schüler verteilt werden. Die Grund- und Mittelschulen haben einen hohen Anteil an ausländischen Schülern, darauf muss bei der Klassenstärke Rücksicht genommen werden. Auch an benachbarte Schulen können die Kinder nicht verwiesen werden, „die sind auch alle mehr als voll“, weiß Füchsle.
Dabei hätte Walther bereits eine unbürokratische Lösung für das Raumproblem: „Gegenüber liegen kaum genutzte Räume der Stadt München“. Unter anderem 100 Quadratmeter mit einer vollausgebauten Küche und im Keller ein großzügiger Raum, der für die Ganztagsschüler genutzt werden könnte, so Walther. Seit fünf Jahren versucht Walther bereits, wenigstens für eine Übergangszeit die Räume von der Stadt zu bekommen. Während die Schulen dem Referat 4 zugeschlagen sind, gehören die Räume zum Referat 5, das für die Kindergärten und Horte zuständig ist „und die wollen wohl nicht abgeben“, vermutet Walther. Angesichts der Notlage an den Schulen appelliert er an die Solidarität.
"Dann laufen wir Sturm"
Wenn keine Lösung gefunden werden kann, dann droht nämlich Schichtunterricht wie in den 60er Jahren, sagt Walther. Das würde bedeuten, dass ein Teil der Schüler am Vormittag und der andere am Nachmittag unterrichtet werden würde. Für die Eltern ist dies keine Option. „Dann laufen wir Sturm“, verspricht Elternbeirätin Christine Bauer. Mit einem Familienleben oder einer Halbtagsbeschäftigung vieler Mütter sei dies nicht zu vereinbaren. Die Eltern wollen jetzt eine Unterschriftenaktion starten.
Die Mittelschule an der Wiesentfelser Straße hat wegen ihres pädagogischen Konzepts und der weit über dem städtischen Durchschnitt liegenden hervorragenden Abschlussquoten schon einige deutschlandweiten Schulpreise verliehen bekommen, „durch die Raumnot sehen wir unseren Lehrerfolg gefährdet“, so Walther.
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