"Wir machen erfolgreiche Arbeit"
Zu wenig Räume: Grundschule am Winthirplatz bangt um ihre Übergangsklasse
Die Grundschule am Winthirplatz bangt um ihre letzte noch verbliebene Übergangsklasse. "Wenn wir nächstes Schuljahr wieder in Klassemehrung gehen, wird uns die WIN 3 wohl auch genommen", befürchtet Eva Wobido, die Rektorin der Grundschule. "Und dann haben wir nichts mehr, obwohl wir ein tolles Konzept haben. Das darf doch nicht sein. Wir machen eine erfolgreiche Arbeit." Die Übergangsklassen an der Winthirschule heißen WIN – "das steht für Zugewinn, für Winthirschule und für ‚Wir in Neuhausen‘", wie Eva Wobido erklärt. "Den Begriff Übergangsklasse haben wir als diskriminierend empfunden."
Raumnot macht optimales Konzept zunichte
Das Problem der Grund- und Mittelschule ist die Raumnot. Das allein ist schon für die Regelklassen dramatisch, für die Flüchtlingskinder der WIN-Klassen in der Grundschule ist die Situation noch schlimmer, weil Übergangsklassen nicht als Regelklassen anerkannt und damit sozusagen räumlich nicht gleichgestellt sind. "Die Mittelschule hat uns keinen Raum mehr zur Verfügung gestellt", erzählt Eva Wobdio. "Deshalb dürfen wir keine weitere Klasse mehr aufmachen."
Schon im aktuellen Schuljahr wurde die WIN 1, eine Klasse für Sprachanfänger, gestrichen. "In diesem Schuljahr haben wir nur eine WIN 3 mit 16 Kindern", sagt Eva Wobido. Die Kinder, die eigentlich in die WIN 1 gehen würden, sind zum Teil in der WIN 3 integriert oder gehen in eine Regelklasse. Ansonsten werden die Flüchtlingskinder in Übergangsklassen an anderen Grundschulen verteilt. "Die Grundschulen, die noch Räume frei haben, sollen Übergangsklassen anbieten, heißt es immer", so die Grundschulrektorin weiter. Oft jedoch wüssten die Schulleitungen gar nicht, wie sie damit umgehen sollen. "Wir haben hier an unserer Schule mit unserem WIN-Konzept für die Flüchtlingskinder den Boden bereitet – angefangen vom Frühstück über Schule und Mittagessen bis hin zur Nachmittagsbetreuung. Das wäre eigentlich optimal. Aber die Kinder kommen aufgrund der Raumnot bei uns leider nicht an."
"Das ist eine Art Ganztagskonzept"
Das WIN-Konzept der Grundschule am Winthirplatz umfasst den Schulunterricht am Vormittag, ein Mittagessen im Clean Projekt Neuhausen (CPN) sowie eine Nachmittagsbetreuung, die von Hafis e.V. ("Hausaufgabenbetreuung für internationale Schüler") organisiert wird. "Das ist im Grunde eine Art Ganztagskonzept", betont Eva Wobido. Und CPN-Vorstandsmitglied Christian Hrdina ergänzt: "Bei uns bekommen die Kinder ein Mittagessen, danach geht es dann wieder zurück in die Grundschule zur Lernhilfe. Wir haben gerade in diesem Jahr sehr viele Schüler aus den Übergangsklassen." Das CPN betreut nicht nur die Grundschulkinder aus den Übergangsklassen sondern auch die Mittelschüler. "Man kann schon sagen, dass die minderjährigen Flüchtlinge im Gegensatz zu letztem Jahr vermehrt bei uns die Angebote wahrnehmen, weil deren Zahl gestiegen ist." Zusammen mit der Winthirschule sei das im CPN die Anlaufstelle für diese Kinder und Jugendlichen.
"Die Kinder fühlen sich hier wohl"
"Die Konstellation trifft sich wirklich gut, denn die Kinder kommen ins CPN und essen dort. Ich bin auch vor Ort und kann auch andere Fragen beantworten, wenn die Kinder etwas auf dem Herzen haben", erzählt Amelie Kanellopoulos von Hafis e.V. Die studierte Germanistin betreut an der Grundschule am Winthirplatz die WIN 3. "Oft ist die Arbeit etwas schwierig, weil die Kinder alle auf einem unterschiedlichen Level sind – sprachlich und altersmäßig. Aber es macht großen Spaß, auch den Kindern, denn sie wollen oft gar nicht nach Hause gehen." Dies sei typisch für das WIN-Konzept betont auch Eva Wobido. "Die Kinder fühlen sich an der Schule unglaublich wohl. In einer Regelklasse würden sie untergehen", so die Rektorin.
"Wir wurden zu Beginn überrannt"
Das Angebot ist übrigens kostenlos, nur für das Mittagessen im CPN müssen die Eltern einen geringen Unkostenanteil aufbringen. Einen Teil der Gelder, die das CPN und auch Hafis e.V. für ihre Arbeit benötigen, stellt die Castringius Kinder- und Jugend-Stiftung zur Verfügung. "Unsere Stiftung hat den Vorteil, dass sie relativ kurzfristig auch in höherem Umfang Gelder zur Verfügung stellen kann", betont Frank Enzmann, Vorsitzender des Stiftungsvorstandes. Das sei im Fall des CPN auch dringend nötig gewesen, ergänzt Anne Weiß. "Mit den Übergangsklassen sind wir im Grunde überrascht worden. Die Kinder konnten kaum deutsch, kamen zu uns und wir wussten erstmal von gar nichts", so das CPN-Vorstandsmitglied. "Als wir auf die Problematik der Übergangsklassen aufmerksam wurden, haben uns Herr Enzmann und der Bezirksausschuss geholfen. Wir sind zu Beginn überrannt worden. Schließlich müssen wir das Ganze auch finanzieren."
Kurzfristige Lösung? - "Ich sehe sie nicht"
Wie die Zukunft der WIN-Klassen an der Grundschule am Winthirplatz aussieht, weiß niemand genau zu sagen. "Das grundsätzliche Raumproblem der Winthirschule ist kurzfristig nicht zu lösen", betont Frank Enzmann. "Die Stadt München ist nicht in der Lage, die poltischen Probleme, die zum Beispiel auf Landesebene entstehen, auf dem kleinen Dienstweg zu lösen. Natürlich müsste es im Sinne der Kinder eine effiziente, kurzfristige Lösung geben, aber die sehe ich nicht." Eva Wobido will auf alle Fälle um ihre WIN-Klassen kämpfen. "Wir hatten in diesem Schuljahr schon darauf gehofft, dass wir von der Mittelschule noch einen Raum bekommen. Unten gäbe es zum Beispiel einen Seminarraum, den die Mittelschule eigentlich nicht braucht, und den man in ein Klassenzimmer umwandeln könnte. Rein theoretisch wäre es also möglich – so wie vieles andere sicherlich auch", sagt die Rektorin. "Ich möchte den Standort auf alle Fälle halten und werde wieder mit dem Schulleiter der Mittelschule und der Stadt München in Verhandlung gehen, um die Möglichkeiten zu besprechen."
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