„Völlig schutzlos“
Bezirksausschuss: „Kakteen-Kaiser“-Villa nicht abreißen
„Rettet die Villa des Kakteen Kaisers!“ Unter diesem Motto wendet sich der Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg (BA 9) unter anderem an die Landeshauptstadt München, um den Abbruch des Anwesens in der Savoyenstraße 7 zu verhindern. Ein entsprechendes Schreiben hat das Gremium in seiner jüngsten Sitzung einstimmig so beschlossen. Die abschlägige Einschätzung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege bezüglich des Schutzes als Einzeldenkmal sei nicht nachvollziehbar, betont Anna Hanusch. „Es erfolgt eine Einschätzung nach rein künstlerisch gestalterischen Gesichtspunkten, ohne die weiteren Denkmalkriterien zu berücksichtigen“, so die Vorsitzende des Lokalparlaments. „Die Denkmalpflege bewertet aber nicht, wie hochwertig eine Planung ist, sondern ihren besonderen geschichtlichen, wissenschaftlichen und volkskundlichen Wert.“ Und Ulrike Sengmüller (Grüne), die Vorsitzende des Unterausschusses Bau und Planung im BA 9, ergänzt: „Das Gebäude wird nicht als denkmalwürdig angesehen. Es sind aber verschiedene Punkte nicht berücksichtigt worden. Wir können die Begründung nicht nachvollziehen und werden versuchen, sie zu widerrufen.“
Der BA 9 möchte deshalb wissen, wie viele vergleichbare und so gut erhaltene Beispiele mit Original-Bauelementen es aus dieser Epoche gibt und bei wie vielen eine so besondere Kombination aus prominentem Bauherrn und Architekt gegeben ist. Zudem geht es dem Gremium um die Fragen, welche Auswirkungen dieses Kombination auf die Planungen und Ausführung der Grundrisse und Details, welche Bedeutung die wissenschaftliche Forschung an diesem Ort für die Weiterentwicklung der Botanik und welche Bedeutung das Gebäude in seiner Nutzung durch den Kakteen-Kaiser für die Stadtgeschichte hatte.
Besonderes Kapitel
„Leider ist ein Haus ohne Einzeldenkmal-Schutz in dieser Stadt völlig schutzlos und kann jederzeit abgerissen werden“, erklärt Anna Hanusch. Dieses Nymphenburger Kleinod habe aber für jeden sofort erkennbar einen eigenständigen und einzigartigen Charakter und sei überdurchschnittlich gut instandgehalten. „Ein Abbruch würde unwiederbringlich nicht nur die geschaffenen Werte und Materialien vernichten, sondern auch ein besonders Kapitel der Münchner Stadtgeschichte“, so die Grünen-Stadträtin weiter. Die Einordnung als „Kakteenhandlung“ in der bisherigen Stellungnahme bezeuge, dass sich noch nicht mit der besonderen Geschichte des Gebäudes, seiner Bewohner und seiner Nutzung intensiv beschäftigt wurde. „Daher sollten nicht nur das Landesdenkmalamt, sondern auch andere für die Einschätzung relevanten Stellen wie das Stadtarchiv, der Botanische Garten, Hochschulen und Sammlungen angehört werden.“
„Bau ist durchschnittlich zu bewerten“
Nach Angaben des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege wurde das Wohn- und ehemalige Geschäftshaus in der Savoyenstraße 7 1925/26 von Josef Dürr für den Kakteenhändler Heinrich Kaiser errichtet. Als Zulieferer für den Botanischen Garten habe die Kakteenhandlung zu einer Reihe ortsspezifischer Bauten in Nymphenburg gehört.
„Der Bau ist für seine Zeit als durchschnittlich zu bewerten“, heißt es in einem Schreiben an das Referat für Stadtplanung und Bauordnung, das auch dem BA 9 vorlag. „Allerdings zeigt die Grundrisslösung mit einigen Raum-über-Raum-Erschließungen Mängel im Entwurf. Einige Ausbauelemente, insbesondere das Treppengeländer, sind von minderer gestalterischer Qualität.“ Die Besonderheit des Gebäudes ergebe sich daher ausschließlich über die frühere Nutzung als Kakteenhandlung. „Entscheidend für eine denkmalfachliche Bewertung ist ihre heutige Ablesbarkeit. Die ist zwar durch einzelne Elemente gegeben, doch das für die Charakteristik des Gebäudes entscheidende Pflanzenhaus ist nicht mehr vorhanden.“
Aufgrund der Veränderung sei das Gebäude in seiner Aussagefähigkeit sehr stark eingeschränkt, heißt es von Seiten des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege weiter. Das Haus besitze daher nicht die Voraussetzung für ein Baudenkmal, weshalb auch kein Eintrag in die Denkmalliste erfolgt.
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