"Nicht mehr als eine erste Bilanz"
Zwischenzeugnisse nicht überbewerten
Bald gibt es Zwischenzeugnisse. Dem Zeugnistag stehen Schüler oft mit gemischten Gefühlen gegenüber: Was werden die Eltern sagen? Gerd Nitschke, Vizepräsident im Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV), appelliert an Eltern, keinen Druck auszuüben oder Enttäuschung zu zeigen: "Das Zwischenzeugnis ist, wie der Name schon sagt, ein Zwischenbericht, eine erste Bilanz. Mehr nicht." Das Zeugnis diene in erster Linie als Orientierungshilfe und beinhalte auch die Chance, es in der zweiten Halbzeit besser zu machen. "Schüler haben noch genügend Zeit, ihre Leistungen zu steigern."
In den meisten Familien sind schlechte Zeugnisse Ursache für Streit und Tränen. Nach Auffassung vieler Eltern hängen beruflicher Erfolg und gute Zukunftsperspektiven von der schulischen Karriere ab. Schüler spüren den Erwartungsdruck und fühlen sich überfordert angesichts der Vorwürfe und Kritik. Kinder verlieren die Lust am Lernen. "Eltern müssen versuchen, sich vom Leistungsdruck zu befreien", findet Nitschke. "Es gibt viele Wege, die zu einer soliden Berufsausbildung führen." Karriere-Erfolge könne auch erlangen, wer nach der vierten Klasse den Anforderungen von Realschule oder Gymnasium nicht gewachsen ist. "Das sollten sich Mütter und Väter immer vor Augen führen."
"Genügend Zeit, Leistungen zu steigern"
Bei schlechten Noten brauchen Heranwachsende Unterstützung: "Eine Strafpredigt hilft wenig – besser ist der Weg zur Lehrkraft." Diese könne erklären, wo Probleme liegen und was unternommen werden kann. "Entscheidend ist, dass Kinder merken: Erwachsene wollen ihnen helfen. In der Regel leiden die Kinder unter schlechten Noten am meisten." Außerdem dürften Schüler nicht das Gefühl haben, die Liebe ihrer Eltern hinge von ihren Leistungen ab. Nitschke rät: "Eltern sollten versuchen, auf schlechte Noten möglichst neutral zu reagieren. Es hilft auch sehr, wenn sie sich zunächst über gute Noten freuen und sich lobend dazu äußern." Eine Zwei in Sport solle nicht einfach abgetan werden.
Tipps des BLLV zum Umgang mit dem Zwischenzeugnis:
- Nicht überwerten
- Schrittweise vorgehen: In welchen Bereichen ist das Kind gut, was hat Freude bereitet?
- Lücken ermitteln
- Vorwürfe vermeiden: Vertrauen wird signalisiert, das Kind verliert die Motivation nicht.
- Neue Wege gehen: Vielleicht lernt das Kind mit einem Mitschüler besser?
- Förderangebote nutzen
- Lernspiele ausprobieren
- Das Kind nicht überfordern
- Mit Lehrern sprechen
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