Vier Musketiere
Die Piazza an der Bo (7)
Längst gibt es das nicht mehr: „Einer für alle, alle für Einen.“ Dennoch, auf der Piazza an der Bo kommen sie wie die Heinzelmännchen-Musketiere jeden Abend einträchtig nach Hause. Sie wohnen im Erdgeschoß und eines Abends habe ich sie angesprochen. Ich muss lange erklären, was ich will. Doch sie bleiben zurückhaltend. „Morgen, vielleicht.“
Drei Tage später sehe ich sie wieder und sie winken mir freundlich zu. Wir stehen vor ihrer Wohnungstür und reden (nein, hereinbitten wollen sie mich lieber nicht). Aus Serbien sind sie, und nur auf Besuch, für drei Monate. Draško, Milanko, Svetozar und Stokan schlafen zu viert in dem Appartement. Ansonsten sind sie den ganzen Tag bei der Arbeit. Sie schaffen auf dem Bau, Innenausbau, anstreichen und was so anliegt. Svetozar, er spricht ein wenig Deutsch, spricht für sie. „Es ist schön hier, aber nachts die Hitze und die Schnarcherei“, und er macht ein typisches Geräusch. Das haben alle verstanden und grinsen. Sie fahren jeden Morgen um 5 Uhr mit der U-Bahn weg und kommen um 20 Uhr zurück, dazwischen liegen viel Arbeit und Schmutz von der Baustelle. Ja, sie sind froh, dass sie nicht allein hier sind, dadurch können sie sich helfen und abends reden sie von zuhause, über München, die Leute hier und den Rest der Welt. Draško muss morgen zum Arzt „Es gibt einen, dort können sie unsere Sprache“, sagt er erleichtert und hebt den blau gequetschten Finger in die Luft.
Wie sie sich mit den Kollegen auf der Baustelle verstehen, frage ich. Lange sehen sie sich an, dann sagt Milanko, der bisher doch noch nur zuhörte. „Denken wir doof, weil nicht Deutsch sprechen.“ Die anderen nicken. Verdient ihr denn wenigsten gut? „Sehr gut, wir kommen bald wieder.“ Ich frage, ob sie hierbleiben möchten. „Ne, ne!“, sie wedeln abwehrend mit den Händen und es ist klar, was sie meinen. „Und was ist mit den Mädchen (keiner der Vier ist älter als 30)?“ Sie schütteln die Köpfe. „Keine Zeit und Zuhause warten ...“, sagt Draško vieldeutig und die Musketiere grinsen breit.
Unsere nächste Geschichte von der Piazza an der Bo heißt "Stützräder? Nein danke!"
Copyright: Wochenanzeiger Medien GmbH