Ungarn liegt da hinten
Die Piazza an der Bo (3)
„Woher kommen Sie?“, frage ich, nachdem wir uns zum Tee gesetzt hatten. Sofort ging die Sonne in den Gesichtern von David (32) und Réka (24) Fórizs auf. Márk (7) sprang auf, zeigte auf einen kleinen Pfeil an der Wand und rief: „Ungarn liegt dahinten, genau in dieser Richtung.“ Wie hingezaubert strahlte ein Lächeln von den Lippen seiner Eltern und Réka drückte verstohlen eine Träne fort. Erst vor zwei Jahren waren sie aus einem kleinen, einsamen Dorf in Ungarn nach Wien gegangen. Sie hatten versucht dort auf die Füße zu kommen. Ablehnung, Arbeits- und Wohnungsmangel machten ihnen den Anfang mehr als schwer. Sie dachten nie, dass sie wegen ihrer Herkunft auf so viel Probleme stoßen würden „Von wegen K+K und so“, knurrt David.
Nach vielen Niederlagen entschlossen sie sich, weiter nach Westen zu ziehen. „München ist eine gute Stadt“, sagten beide gleichzeitig. David fand Arbeit in einem Wirtshaus mit großem Biergarten. „Das Gehalt ist o.k. und die Trinkgelder sehr gut“. Márk kommt jetzt in die Schule und wir lernen den ganzen Tag lang Deutsch. „Davids Mutter ist Deutsch. Sie lebt in Budapest“, erzählt Réka stolz, „wir sprechen viel Deutsch miteinander.“ Das erklärt, warum wir uns so leicht unterhalten können. „Wir möchten bleiben, bis Márk mit der Ausbildung fertig ist. Danach werden wir sehen“, fügt David hinzu. „Nein“, und er lacht herzlich, „in Deutschland haben wir nur gute Erfahrungen gemacht. Nicht zu vergleichen mit Wien. Die Menschen sind freundlich, die Behörden ebenfalls. Nein, wir haben keine Schwierigkeiten. Aber das Wichtigste ist Arbeit und hier in Bayern gibt es genug davon.“ Dennoch huschen ihre Blicke oft zu dem kleinen Pfeil auf der Wand. Beinah verlegen verabschiede ich mich.
"Dumm gelaufen" wird etwas in unserer nächsten Geschichte von der Piazza an der Bo sein.
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