Schlaflos
Vollmond! 3 Uhr früh und es sind ungewöhnlich viele Fenster erleuchtet. Winzige, glutrote Flecken schweben unbeweglich im Mondschatten der Balkone. Ich kann den Rauch beinahe riechen. Wissenschaftler sagen, es gäbe keinen Zusammenhang zwischen dem Mond und der Schlaflosigkeit. Doch von irgendetwas werden die aus ihren Betten getrieben, die jetzt vom Balkon aus den Mond anschauen und ihren Gedanken nachhängen. Ein Heimkehrer kommt von der letzten U-Bahn. Das Morgen lauert schon, dass der Mond den Himmel freigibt. Der junge Mann stolpert über die Piazza. Zu viel gefeiert? Mindestens acht Beobachter, die in dieser milden Nacht den Schlaf herbeisehnen, die faszinierende, weißgoldene Himmelsscheibe verfluchen. Es ist Peter, Staplerfahrer aus dem dritten Stock, der so spät heimkommt. Seine Akne macht ihn einsam. Nur in Nächten wie dieser macht der Mond auch ihn gesellig. Wo hat er nur seinen Hund? Die glühenden Punkte und Augen verschwinden nach und nach. Ach seht, da kommt Peter zurück auf den Platz. Sicher wird es morgen neue Tretminen geben, weit geht er sicher nicht um diese Zeit. Der Mond besieht sich den Westflügel schon von der anderen Seite und Sabrina, eine Rentnerin, die ihre Wohnung kaum verlässt, könnte jetzt hinter ihm hersehen, wenn sie nicht schläft, oder das Hochhaus im Weg ist. Die Piazza hat ihren goldenen Schein schon verloren. Der Verkehr erwacht auf der Boschetsrieder Straße. Stöckelschuhe knallen über die Platten. Ich schrecke hoch. Es ist Zeit ins Bett zu gehen. Annkathrin ist auf dem Weg zur Arbeit. Krankenschwestern müssen früh raus.
Unsere nächste Geschichte von der Piazza an der Bo heißt "Richtiges Grillen"
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