Lohnt sich Bürgerprotest?
Kulturforum München-West mit Diskussionsveranstaltung in der Kuvertfabrik zum "Münchner Klimaherbst"
Mit dem Diskussionsthema „Immer zu spät? Bürgerprotest und Bürgerbeteiligung“ nahm das Kulturforum München-West am Münchner Klimaherbst teil und wählte als Veranstaltungsort die Kuvertfabrik. „Passender könnte der Diskussionsort nicht sein“, meinte Moderatorin Dietlind Klemm vom Bayerischen Rundfunk. Schließlich sah es erst für die Kuvertfabrik ganz schlimm aus, „nun etwas besser. Es bleibt zu hoffen, dass der Bürgerprotest Erfolg hat und das Gebäude nicht weichen muss.“
Gemeinsam mit Niombo Lomba aus dem Stuttgarter Kabinett, Jonas Füllner von der Hamburger Aktivistengruppe „Recht auf Stadt“, Maximilian Heisler, der Projektleiter "Aktionsgruppe Untergiesing" sowie mit Stadtdirektor im Referat für Stadtplanung und Bauordnung, Stephan Reiß-Schmidt, saß sie auf dem Podium und diskutierte über urbane Visionen und der Notwendigkeit von Bürgerbeteiligungen.
„Viertel fallen Luxussanierern zum Opfer, der Denkmalschutz fällt um, Grünflächen verschwinden – kommen wir Bürger eigentlich immer zu spät?“, fragte Klemm provokant in die Runde. Die Vertreter der Bürgerinitiativen berichteten denn auch aus ihrem reichen Erfahrungsschatz. Allerdings hätte so manch anwesende Pasinger lieber Geschichten aus seinem eigenen Viertel gehört, denn auch in Pasing wird gebaut und geplant und die eine oder andere Bürgerversammlung abgehalten, zu denen Bürger stets das Gleiche fordern und wenig Umsetzung ihrer Einwände sehen. „Werden wir nicht gehört?“, fasste Klemm zusammen.
Auf Transparenz und Netzwerke setzen
Für Reiß-Schmidt stellt sich die Frage nicht. „Mitsprache ist enorm wichtig“, betonte er. „Wir befinden uns in einem Verstädterungsprozess. Da muss man den Mund auftun und sich äußern.“ Nur scheinbar entscheide „der Stadtplaner an sich“ vor sich hin. „Bürgermeinungen fließen immer ein. Nur sind die Beteiligten an den Veränderungen in so großer Zahl, dass einzelne Interessen in einem größeren Ganzen untergehen.“
Teilhabe sei Voraussetzung für eine soziale Kommunalpolitik, bestätigte Reiß-Schmidt. „Wir Stadtplaner sind nur ein Player unter vielen.“ Äußere sich eine Bevölkerungsgruppe nicht oder kaum, dann gehe man als Planer auf sie zu und versuche sie einzubinden. „Allerdings wollen die meisten nur Dampf ablassen und äußern sich damit negativ und bringen keine konstruktiven Vorschläge – das ist leider der Regelfall. Gegen etwas zu sein, reicht aber nicht.“
„Nicht aufgeben also“, fasste Klemm zusammen. „Das wichtigste Element an einer gelungenen Bürgerdiskussion und -partizipation muss Transparenz sein. Dann bleibt auch die Identifikation mit den ablaufenden Prozessen nicht aus.“ „Dranbleiben“, meinte auch Heisler aus Untergiesing. „Wir kämpfen jetzt um unser Viertel, mussten aber erst mal um Aufmerksamkeit kämpfen.“ Leute locken, in die Medien kommen, Leute halten und gemeinsam aktiv werden. Heisler versicherte: „Das schafft man eben nur mit einem funktionierenden Netzwerk.“
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