"Es findet ein Umdenken statt"
Oberbürgermeister Dieter Reiter sieht in Flüchtlingen einen Gewinn auch für die Wirtschaft
Unsere Frage: "Die Schüler-Union fordert ein Ausbildungszentrum für junge Flüchtlinge. Wie kann die Stadt jungen Flüchtlingen helfen, sich schnellstmöglich in unsere Gesellschaft zu integrieren und sich mit Sprache und Kultur vertraut zu machen?"
Oberbürgermeister Dieter Reiter antwortet:
"Zur Zeit kommen sehr viele Flüchtlinge nach München. Fachleute prognostizieren, dass der Zuzug sich auch im kommenden Jahr auf sehr hohem Niveau fortsetzen wird. Unter den Flüchtlingen befinden sich zahlreiche Kinder und Jugendliche. Viele von ihnen kommen alleine, ohne Eltern oder Familienangehörige nach München. In einem ersten Schritt gilt es, die jungen Flüchtlinge bestmöglich unterzubringen. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden durch das Stadtjugendamt in Obhut genommen und durch Leistungen der Jugendhilfe unterstützt. Die jungen Menschen bedürfen hierbei einer besonderen Betreuung, die durch das Sozialreferat ermöglicht wird. Neben der wichtigen sozialpädagogischen Betreuung ist der Erwerb der deutschen Sprache eine weitere wichtige Voraussetzung zur Integration in die Gesellschaft.
Die Landeshauptstadt München unterstützt junge Flüchtlinge auch bei ihrer Integration in Ausbildung und Beruf. Flüchtlinge, die keine allgemein bildende Schule besuchen und noch keinen Schulabschluss erworben haben, werden an der Städtischen Berufsschule zur Berufsvorbereitung gezielt unterrichtet. Dazu wurde vor drei Jahren an der Balanstraße eine Außenstelle eingerichtet. Im Schuljahr 2014/2015 werden hier 195 junge Flüchtlinge in zehn Klassen unterrichtet. Der Fächerkanon ist auf ihre Bedürfnisse abgestellt und umfasst Deutsch als Zweitsprache, Mathematik, Sozialkunde, Ethik, Datenverarbeitung, Berufsorientierung und Bewerbungstraining, Sport sowie praktischen Unterricht. Nach Möglichkeit werden Anschlussangebote erschlossen, beispielsweise in duale Ausbildung oder Berufsfachschulen.
Wichtig ist auch die berufliche Integration der jungen Flüchtlinge. Daher erarbeitet das Referat für Arbeit und Wirtschaft in Abstimmung mit dem Sozialreferat und dem Referat für Bildung und Sport Konzepte und Projekte, um junge Flüchtlinge während ihrer Berufsorientierung sowie begleitend zu einer Berufsausbildung zu unterstützen. Ziel soll ein arbeitsmarktpolitischer Schwerpunkt sein, um junge Flüchtlinge in Ausbildung und Beruf zu bringen. Eine enge Kooperation mit den Betrieben, Kammern, Innungen und der Arbeitsverwaltung ist dabei unerlässlich. Ich freue mich, dass im Hinblick auf die erfolgreiche Integration der jungen Flüchtlinge als gesamtgesellschaftlicher Aufgabe auch in weiten Teilen der Bevölkerung und der Wirtschaft ein Umdenken stattfindet. Die zu uns kommenden Menschen werden damit nicht mehr lediglich als sozialpolitische Herausforderung gesehen. Wir haben hier eine große Zahl lernwilliger und motivierter junger Menschen, die auch für die Münchner Wirtschaft eine Bereicherung darstellen."
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), zweiter Bürgermeister Josef Schmid (CSU) und dritte Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) beantworten auch gerne Ihre Fragen. Senden Sie Ihre Frage unter dem Stichwort „direkter Draht“ einfach an: Wochenanzeiger Medien GmbH, Fürstenrieder Str. 7–9, 80687 München oder an leser@muenchenweit.de.
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