Den Stab weiterreichen
Von Uhl zu Pilsinger: Generationenwechsel im Münchner Westen
Als Hans-Peter Uhl als jüngster Münchner Stadtrat die ersten Schritte auf der politischen Bühne ging, war Stephan Pilsinger noch nicht einmal geboren. Inzwischen haben sich die Wege der beiden Münchner CSU-Politiker mehrfach gekreuzt und der Junge schickt sich an, in die Fußstapfen des Erfahrenen zu treten: Wenn im kommenden Jahr der Bundestag gewählt wird, will Stephan Pilsinger das bisher von Uhl gehaltene Direktmandat im Münchner Westen erringen. Wie in anderen Münchner Wahlkreisen steht die CSU vor einem Generationswechsel. Uhl tritt nach fast 40 Jahren in der Politik nicht mehr zur Wahl an.
"Jetzt erst recht"
Als Uhl 1998 Jahren in den Bundestag gewählt wurde, drückte Pilsinger noch die Schulbank - und eckte an, als ein paar Jahre später über eine Beteiligung am Irakkrieg gestritten wurde. Eine Lehrerin zitiert seine Mutter in die Schule, weil Pilsinger mit dem Äußern seiner Meinung den Klassenfrieden störe. "Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom" entgegnet die Mutter - und der Sohn verspricht sich ein "Jetzt erst recht!"
"Die alt gewordenen 68er unter meinen Lehrern haben mich motiviert", begründet er mit dieser Anekdote seinen Entschluss, in die Politik zu gehen. Hans-Peter Uhl erinnert sich an nicht unähnliche Erlebnisse und verweist ebenfalls auf die 68er: "Die elitär-aggressive Stimmung der Linken damals hat mich motiviert, zur Gegenseite zu gehen", erzählt er. "Es gab bei ihnen keine Bereitschaft zum Dialog, das hat mich bewegt."
"Bin immer noch erstaunt"
Den Schritt in die Politik haben beide zunächst nicht konkret geplant. "Mich hat das eher als Politologe interessiert", sagt Uhl, "Beamter wollte ich nie werden!" Vielleicht auch deswegen, weil sein Vater Forstbeamter war. "Als es dann soweit war, wurde ich schnurstracks Finanzbeamter", sagt Uhl, "und das ist viel schlimmer als Forstbeamter!" Planen könne man Lebensläufe in der Politik nicht, ist er überzeugt: "Die Dinge kommen meist ganz anders als man denkt." Ein Beispiel ist seine Wahl zum Münchner Kreisverwaltungsreferenten, die er - eigentlich "chancenlos" - gegen den "Mieter-Anwalt Ude" gewann.
Ein zweites Beispiel ist der 29-Jährige Mediziner Pilsinger. Er ist im Bezirksausschuss Pasing tätig - ehrenamtlich - und wollte eigentlich eine Praxis eröffnen. "Dass es jetzt anders kam, erstaunt mich immer noch", sagt der Bundestagskandidat. Hauptberuflich in die Politik zu gehen, "war nicht mein erstes Ziel!" Er geht den Schritt dennoch überzeugt: "Man kann nicht nur darüber reden, dass etwas getan werden muss", findet er, "man muss auch bereit sein, etwas zu machen und zu wagen!"
"Wir müssen eine Antwort finden"
Das will er insbesondere in seinem Fachbereich, der Gesundheitspolitik. "Die Notaufnahme wird mit fremden Tätigkeiten überlastet", weiß er aus eigener Erfahrung als Arzt, "das kostet Zeit und letztlich wird die Qualität dadurch schlechter." Das sei nur ein Feld, wo Änderungen gebraucht werden. In einer älter werdenden Gesellschaft sei zudem der Bereich Pflege besonders wichtig: "Wie kümmern wir uns um alte Menschen? Wie reagieren wir auf die Entwicklung? Darauf müssen wir als Gesellschaft eine Antwort finden", so Pilsinger.
In einer alternden Gesellschaft mit sich auflösenden Familienstrukturen werde diese Notwendigkeit inzwischen anerkannt, so die Einschätzung von Hans-Peter Uhl: "Die Bewertung von Tätigkeiten, die den Umgang mit Menschen betreffen, hat sich grundlegend verändert. Wer als Mechaniker mit einem Auto umgehen konnte, war früher höher angesehen als Pflegekräfte - das war unerträglich!" Der Bewusstseinswandel schlage sich nun in vielen Bereichen wie besserer Ausbildung und Bezahlung der Fachkräfte nieder.
"Das bewegt mich sehr"
Für einen Politiker in einem Ballungsgebiet wie München bleibt dennoch viel zu tun, weiß Pilsinger: "Das Problem ist in München besonders akut, weil Miete und Lebenshaltungskosten hier so hoch sind." Mit dem Verdienst von Pflegekräften oder in anderen sozialen Berufen seien diese Kosten kaum zu stemmen, so dass Lücken bleiben. "Diese Themen bewegen mich sehr", sagt der junge Arzt und Kandidat, "wir brauchen eine Lösung für eine langfristige Perspektive!"
Für die Menschen kann ein Politiker in diesem Bereich vielleicht am spürbarsten Veränderungen herbeiführen: Hans-Peter Uhl erinnert sich an seinen vielleicht größten politischen Erfolg: Die gegen heftige Widerstände durchgesetzte einheitliche Notrufnummer 112, als die Rettungsdienste unter einen Hut gebracht wurden. "Darauf bin ich stolz", so der altgediente Bundestagsabgeordnete.
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