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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
"Lockdown-Dog" und "Corona-Kätzchen"
Tierschutzverein sorgt sich um die während der Pandemie spontan angeschafften Tiere
Das Münchner Tierheim macht sich große Sorgen wegen des seit mehreren Monaten zu verzeichnenden Haustier-Booms und möchte darauf aufmerksam machen, dass die vielen jetzt neu angeschafften Tiere auch nach dem Lockdown noch versorgt werden müssen. Die Kontakte des Tierschutzvereins München bei der Stadtverwaltung und den zuständigen Behörden im Münchner Umland verzeichnen ca. ein Drittel mehr Neuanmeldungen von Hunden als letztes Jahr – ein Phänomen, das mit den Einschränkungen während der Pandemie, mit Einsamkeit, Langeweile und dem Wegfall von Urlaubsreisen einhergeht.
Viele wollen nur Tierbabys
Das Tierheim befürchtet nun, dass es nach Abklingen der Pandemie von einer Abgabe- und Fundtierflut überschwemmt wird – wenn das Homeoffice und die Kurzarbeit beendet sind, man wieder Veranstaltungen besuchen und bedenkenlos reisen kann oder aber wenn manche im Nachgang die volle Härte der finanziellen Auswirkungen zu spüren bekommen.
Pressesprecherin Kristina Berchtold hat sich deshalb mit einem offenen Brief an die Menschen in München und im Umland gewandt, um die Situation zu verdeutlichen. "Wir kriegen ungefähr doppelt so viele Anfragen nach Tierbabys – Hundewelpen, Babykatzen oder auch die vermeintlich mit weniger Aufwand verbundenen Kleintiere. Klar haben wir auch hin und wieder Tierkinder zur Vermittlung. Aber diese mittlerweile himmelhohe Nachfrage können wir nicht mal im Ansatz decken. Stattdessen haben wir viele alte, erwachsene oder auch „heranwachsende“ Tiere, die aus verschiedenen Gründen im Tierheim gestrandet sind." Diese seien bei den Anrufern jedoch meist nicht gefragt, stattdessen recherchierten die Leute dann im Internet nach Züchtern und anderen Tiervermittlungsvereinen.
Standardgrund "Überforderung"
"Der meist genannte Abgabegrund bei uns im Tierheim ist übrigens der Überbegriff "Überforderung" – die Menschen sind überfordert mit den natürlichen Bedürfnissen der Tiere, mit der Erziehung, Versorgung oder auch finanziell überfordert mit entstandenen Kosten z.B. nach Erkrankung oder Verletzung ihres kleinen Schatzes", schreibt Kristina Berchtold weiter. Kein Tier habe es verdient, als Lückenfüller herhalten zu müssen und dann einfach vor die Tür gesetzt zu werden.
Der Tierschutzverein wolle "mitnichten alle Menschen vorverurteilen, die sich in diesen Zeiten ein neues Familienmitglied ins Haus holen", versichert die Pressesprecherin. "Wir hoffen, dass sich die meisten von ihnen verantwortungsvoll und fürsorglich verhalten werden. Wir möchten lediglich für ein allgegenwärtiges Problem in der Haustierhaltung sensibilisieren, nämlich den Missbrauch zum eigenen Zweck der emotionalen Befriedigung auf Kosten der Tiere."
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