„Langfristig Vertrauen aufbauen“
Karlsfelder Helferkreis sucht Integrations-Lotsen
Integration braucht viele Helfer, nicht nur bei besonderen Aufgaben wie Deutschkursen, Rechtsbeistand oder Sporttraining. Deswegen sucht der Helferkreis Karlsfeld „Integrations-Lotsen“, also ehrenamtliche Unterstützer, die die engagierte Arbeit von mehreren hundert Bürgern mit Flüchtlingen noch persönlicher, noch unmittelbarer machen wollen. „Im Gespräch mit anderen Helferkreisen haben wir versucht bewährte Verfahrensweisen auch bei uns zu integrieren – sozusagen ‚Best Practices‘. Es hat sich herausgestellt, dass eine Bezugsperson, zu der Flüchtlinge langfristig Vertrauen aufbauen, einige Schwierigkeiten vermeiden oder zumindest abschwächen könnten“, erklärt Michael Stock vom Helferkreis Karlsfeld. „Aus dem Dachauer Modell wurden positive Verfahren an unsere Möglichkeiten angepasst. Auch der Name ‚Lotsen‘ wurde übernommen: Wir helfen, aber wir übernehmen nicht die Arbeit, die der Flüchtling selbst tun kann.“
Gefragt sind Menschen, die einmal pro Woche eine in Karlsfeld angekommene Familie oder eine Gruppe besuchen wollen. Die Helfer sollten bereit sein, sich auf diese Menschen einzulassen. Die Lotsen sollen die ersten Ansprechpartner für die Flüchtlinge an ihrem neuen Wohnort sein. Der Helferkreis will dazu Zweier-Teams aufbauen, die den Flüchtlingen helfen, sich selbst zu helfen. Die Lotsen müssen dabei nicht alles selbst machen: Sie sind als unmittelbare Ansprechpartner einer Familie oder Gruppe von Männern die Schnittstelle zu den anderen Unterstützern aus dem Helferkreis Karlsfeld mit ihren jeweiligen Angeboten und Fähigkeiten. Die Lotsen müssen daher keine Spezialisten sein oder irgendwelche Vorkenntnisse haben. Wichtig ist die Bereitschaft, etwa eine Stunde pro Woche einzusetzen. Idealerweise werden die Lotsen wie ein guter Bekannter, Nachbar oder sogar Freund für die neu Angekommenen – ob das nun eine Familie ist oder eine Gruppe aus der Traglufthalle.
Die Helfer werden für ihre Aufgabe vorbereitet und vom gesamten Helferkreis Karlsfeld unterstützt. „Wir haben 22 aktive Lotsen, die sich die Betreuung von 22 Wohnungen teilen. Der Großteil kümmert sich dabei um Familien. Unterstützt werden sie von den anderen Helfern des Helferkreises, die zusätzlich Kinder- und Hausaufgabenbetreuung sowie Schuleinschreibungen, und andere Aktivitäten organisieren“, sagt Michael Stock. „Wir haben festgestellt, dass Familien mit Kindern und Schwangere aber erheblich mehr Unterstützung brauchen können. Unser Ziel ist es, dass je Familie zwei bis drei Lotsen sich die Aufgaben teilen.“
"Einen ersten Überblick geben"
Für die Traglufthalle habe man derzeit neun Helfer, die regelmäßig in die Halle gehen, von denen nur drei tatsächlich als Lotsen tätig sind – einer davon ist Michael Stock. „Grundgedanke des Lotsen ist hier, dem Flüchtling einen ersten Überblick zu geben, wie er sich in unserer Gesellschaft zurecht finden kann und nach welchen Regeln und Werten wir hier unser Zusammenleben organisieren.“ Dies beginne zum Beispiel mit der Hilfe bei der Übersetzung eines Briefes, die Vorgehensweise bei Arztbesuchen, oder wie und unter welchen Voraussetzungen eine Arbeit aufgenommen werden kann. Die spezielle und tiefgreifende Einführung finde dann in den jeweiligen Arbeitsgruppen des Helferkreises statt.
„Das Problem für viele Neuankömmlinge beginnt bereits damit, sich im ÖPNV zurechtzufinden. Was passiert. wenn ich schwarz fahre. Und warum ist es keine gute Idee. die Strafe nicht zu bezahlen“, erzählt Michael Stock. „Oder, welche Gefahren lauern beim Baden am Karlsfelder See auf mich und wie verhalte ich mich richtig gegenüber den Karlsfelder Bürgern. Ich bin mit meinen Mitstreitern der erste Einstiegspunkt für alle Fragen und wenn ich selbst nicht helfen kann, verweise ich an die Spezialisten der einzelnen Arbeitsgruppen des Helferkreises.“
Um eine gute Integration aller Flüchtlinge zu erreichen. braucht der Karlsfelder Helferkreis nach Einschätzung von Michael Stock, der schon beim Flüchtlingsansturm im vergangenen Jahr ehrenamtlicher Helfer der Caritas war, weit mehr als 50 neue Helfer, die direkt mit den Flüchtlingen arbeiten möchten. „Als die Halle in Karlsfeld aufgemacht wurde, habe ich von Anfang an versucht, aufkommende Fragen zu beantworten und den Menschen das Gefühl zu geben, dass sie nicht vergessen, sondern ernst genommen werden“, erklärt er die Beweggründe für sein ehrenamtliches Engagement. „Die Lotsen wurden notwendig, weil zum Einen die Frustration unter den Flüchtlingen zunimmt und zum Anderen jetzt Familien nach Karlsfeld gekommen sind, die sich ohne Hilfe im deutschen Schul- und Gesundheitssystem kaum zurechtfinden können.“
Weitere Informationen finden sich im Internet unter www.hk-karlsfeld.de. Interessenten sind herzlich gebeten, sich per E-Mai an lotsen@hk-karlsfeld.de zu wenden.
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