„Wir sind Blumenau“
Im Nachbarschaftstreff Blumenau gedeiht ein interkultureller Garten
Betonbauten in Form von mehrgeschossigen Wohnblöcken prägen das Straßenbild in der Blumenau. Als „Gebiet mit besonderem Handlungsbedarf“ wurde die Blumenau vor einigen Jahren ausgewiesen, bot ihren Bewohnern kaum Identifikationsmöglichkeiten mit dem eigenen Wohnumfeld und bedurfte dringend der sogenannten quartierbezogenen Bewohnerarbeit, um ein friedliches Miteinander zu ermöglichen. Der Nachbarschaftstreff Blumenau hat mit seinen vielseitigen Projekten und Angeboten jedoch einiges an diesem Umstand geändert. Mit seinem jüngsten Projekt brachte nun der Nachbarschaftstreff sogar ein Fleckchen Grün in das vorherrschenden Betongrau: Seit etwa zwei Monaten garteln Nachbarn gemeinsam im Interkulturellen Garten in der Rolf-Pinegger-Straße. Sie jäten, setzen, graben und ernten – miteinander und im regen Austausch unter Nachbarn.
„Es kommt Gemeinschaftssinn auf“
Seit rund fünf Jahren setzt sich der Nachbarschaftstreff Blumenau unter dem Motto „Wir sind Blumenau“ für ein friedvolles Miteinander, für Inklusion und Verständnis füreinander ein. Hier wird Raum für Begegnungen, Treffen, Kurse und auch gemeinsame Feste geboten. Ob beim internationalen Kochtreff, gemeinsamen Singen, im Erzählcafé, im Deutschkurs oder bei der Theater- und Erzählwerkstatt für Kinder – der Nachbarschaftstreff Blumenau macht sich stark für die Blumenauer, unabhängig von ihrer sozialen, kulturellen oder religiösen Herkunft und unabhängig von Alter, Geschlecht oder Fähigkeit.
Und so sind auch die Gärtner im jüngst begründeten „Interkulturellen Garten“ ein buntes Völkchen. Acht verschiedene Nationalitäten, Studenten wie Rentner, Frauen und Männer tauschen sich hier derzeit über Saatgut, Erntezeiten und Gartengeräte aus. „Alle sind total offen. Es kommt Gemeinschaftssinn auf und man experimentiert und lernt voneinander“, erklärt Stefanie Junggunst, Projektleiterin im Nachbarschaftstreff Blumenau. Die Idee zum Gemeinschaftsgarten entstand während eines Kochtreffs, als Erinnerungen an Gemüse- und Obstsorten aus verschiedenen Heimatländern und die Gartenarbeit der Großeltern wach wurden. Schnell erwuchs daraus der Wunsch nach einem Fleckchen Land, das man gemeinsam bebauen könnte.
Im Frühjahr dieses Jahres überließ schließlich die Stadt München dem Nachbarschaftstreff eine Grundstücksfläche zur mietfreien Nutzung. Auf rund 600 Quadratmetern garteln nun etwa 32 Blumenauer in eigenen kleinen Gartenparzellen sowie auf Gemeinschaftsflächen. „Viele können jetzt aus ihren Fenster hinunter auf den Garten schauen. Es ist toll, dass der Garten so nah ist“, meint Stefanie Junggunst.
Begegnung und Austausch
„Es hat sich sehr schnell rumgesprochen, und es kamen auch Leute zu uns, die sonst nicht im Nachbarschaftstreff waren“, erinnert sich Stefanie Junggunst. Gemeinsam wurde schließlich aus dem Brachland in der Rolf-Pinegger-Straße ein wirtlicher Garten gemacht. Die Anschubfinanzierung gab die Heidehof-Stiftung und auch die Stiftungsgemeinschaft „anstiftung“ half mit, um den urbanen Garten zu verwirklichen. Erst im September war die Grundstücksfläche soweit nutzbar, um einen Garten aufzubauen. Für die Blumenauer Gartler gab es seither kein Halten mehr.
In der Zwischenzeit wachsen verschiedene Salatsorten, Spinat und sogar Senf auf den einzelnen Parzellen. Nach biologischen und ökologischen Kriterien gärtnern sogar die Jüngsten mit – die städtische Kindertagesstätte hat ein eigenes Beet. Auf Gemeinschaftsflächen keimen bereits erste Kräuter. Und vieles haben die Initiatoren des Projekts noch vor: Im nächsten Jahr soll ein zusätzliches Hochbeet entstehen, das auch Rollstuhlfahrern die Gartenarbeit ermöglicht. Und auch die Nachbarn, die nicht mitgärtnern, sollen etwas vom interkulturellen Garten haben: Derzeit werden Beerensträucher entlang des Gartenzauns gepflanzt, die nächstes Jahr Naschobst für alle Nachbarn bieten werden, die am Garten vorbeikommen.
Jetzt bereits ist der Gemeinschaftsgarten ein großer Erfolg und bedeutet eine Aufwertung des Quartiers, in dem die Möglichkeit geschaffen wurde, die bestehende Vielfalt zu leben. Denn beim Projekt geht es nicht nur um das Ernten des selbst Angebauten, sondern vor allem um das Miteinander. „Es geht um die Begegnung, den Austausch und darum miteinander Spaß zu haben“, erklärt Junggunst.
So werden jetzt bereits rege Kontakte geknüpft, Zaungespräche geführt und Gartentipps ausgetauscht. Und so mancher Blumenauer wartet nun gespannt ab, welche exotischen Gemüse- und Obstsorten wohl noch im interkulturellen Garten gedeihen werden und eventuell beim nächsten gemeinsamen Kochtreff zur Verwendung kommen. Mehr über das Engagement des Nachbarschaftstreffs Blumenaus gibt es vor Ort (Rolf-Pinegger-Straße 5) sowie unter www.nt-blumenau.de im Internet.
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