Saures für Flitzer
Grundschüler und Polizei bei gemeinsamer Geschwindigkeitsmessung
Die Sache ist doch so einfach: "Bei Kindern haben die Autofahrer ein schlechtes Gewissen", sagt Tuana und nickt überzeugt. Die Zehnjährige steht mit ihren Klassenkameradinnen und einigen Polizeibeamten unweit der Grundschule an der Großhaderner Straße und zieht Temposünder aus dem Verkehr. Doch nicht nur die. Auch diejenigen Autofahrer, die sich an die vorgeschriebenen 30 Stundenkilometer gehalten haben, werden angehalten. Die Kinder wollen ins Gespräch kommen und die Verkehrsteilnehmer auf Gefahren hinweisen. Dafür gibt es dann "Süßes oder Saures". "Die Autofahrer, die nicht zu schnell gefahren sind, bekommen ein Schokobonbon, die, die zu schnell dran waren, ein saures Bonbon", sagen die Mädchen der Klasse 4c.
"Wir sind gefährdet"
"Wenn wir Kinder mit den Autofahrern reden, wirkt das schon anders, als wenn das Erwachsene machen", erklärt Tuana weiter. "Schließlich sind wir diejenigen, die gefährdet sind." In etwa so hört es sich auch an, wenn Markus Ellmeier, Pressesprecher des Polizeipräsidiums München, die Zielrichtung der Aktion erläutert. "Man möchte den Autofahrern die Möglichkeit geben zu sehen, warum man hier vorsichtig fahren soll." Dabei werde auf die Kommunikation zwischen Kindern und Autofahrern gesetzt.
"Ich war unachtsam"
Polizeihauptmeisterin Christina Nitsch blickt unterdessen durchs Messgerät und gibt die Geschwindigkeiten der herannahenden Autos weiter. Ihr Kollege mit der Kelle steht schon bereit, winkt eine ältere Dame heraus, die etwas zu schnell unterwegs war. Kurz erklärt er ihr die Aktion, fragt nach, ob sie denn bereit sei, mit den Kindern zu sprechen. Ja, ist sie und schon steht sie vor den Mädchen. "Sie sind zu schnell gefahren. Warum?", wollen sie wissen. "Ich war unachtsam, es tut mir leid. Ich hätte besser aufpassen müssen", gesteht die Fahrerin und entschuldigt sich gleich nochmal. Dafür gibt es ein saures Bonbon und von der Ertappten das Versprechen, beim nächsten Mal nicht schneller als 30 Stundenkilometer zu fahren.
"Die meisten zeigen sich einsichtig"
"Wir führen diese Aktion drei- bis viermal im Jahr vor Grundschulen und Kindertageseinrichtungen durch", sagt Michael Reisch von der Verkehrsabteilung des Polizeipräsidiums München. Ein fester Termin sei immer zu Schuljahresbeginn. "Die Mehrzahl der Autofahrer verhält sich korrekt", weiß Reisch. "Die meisten, die zu schnell gefahren sind, zeigen sich einsichtig. Es ist ein Gefahrenbewusstsein vorhanden und sie nehmen das Saure der Kinder gerne an." Inzwischen wird wieder eine Autofahrerin gestoppt. Sie hat sich vorbildlich an die Geschwindigkeitsbegrenzung gehalten. "Ich finde diese Aktion sehr gut, denn auf Kinder muss man sehr Obacht geben", sagt sie.
"Hat richtig Spaß gemacht"
Die Mädchen der 4c werden nun abgelöst von ihren Klassenkameraden. Bewaffnet mit ihren Bonbontellern stehen sie bereit und warten auf die ersten Autofahrer, bei denen sie sich entweder bedanken oder denen sie einen Rüffel erteilen dürfen. Amina, Apirtha und Tuana ziehen derweil ein Fazit aus diesem Aktionstag. "Wir waren heute zum ersten Mal dabei und es hat uns richtig Spaß gemacht", sind sie sich einig. Zu normalen Schulzeiten seien hier nämlich manchmal "richtige Flitzer" unterwegs. Sie hoffen nun, dass die Autofahrer in Zukunft noch besser aufpassen.
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