Politik mit Leben füllen
Landtag-Planspiel am Thomas-Mann-Gymnasium
Der Pausengong klingt anders als sonst, trotzdem sind alle Schüler im Raum und arbeitsbereit. Denn dieses Geräusch kommt von der Glocke der „Landtagspräsidentin“ Emelle Kilic - sie läutet so die Sitzung des Bayerischen Landtags ein und damit die erste Lesung zum Gesetzesvorschlag „Zur Verbesserung der Sicherheit und Ordnung“. Damit beginnt das Planspiel „Der Landtag sind wir“ vom Centrum für angewandte Politikwissenschaften der LMU. Die Schüler behandeln das Thema Videoüberwachung im öffentlichen Raum.
Die rund 50 Schüler des Thomas-Mann-Gymnasiums diskutierten zunächst heiß in den Fraktionssitzungen und anschließend in den Ausschusssitzungen über die neuen Regelungen, dabei wurden ihnen bestimmte Rollen zugewiesen. „Die Jugendlichen erhalten alle neue Identitäten mit Lebensläufen, Parteizugehörigkeiten und den zu vertretenen Positionen, um den Gesetzgebungsprozess authentisch zu simulieren“, sagt Detje Niehuis, Fachbetreuerin Sozialkunde am Thomas-Mann-Gymnasium. Der sonst von der Theorie beherrschte Teil des Sozialkundeunterrichts wird so anhand eines aktuellen politischen Beispiels mit Leben gefüllt. Den Jugendlichen wurde so ganz praktisch verdeutlicht, wie schwer der politische Prozess ist und welche Interessen Abgeordnete berücksichtigen müssen.
Der Schüler Jan Demtröder, im Planspiel Vertreter der Opposition, sagt: „Wie traurig. Wir können gegen die CSU nichts durchsetzen - selbst, wenn wir uns zusammenschließen würden!“ Insofern wurde den Jugendlichen schnell klar, wie wichtig für die Parteien jeder einzelne Sitz im Landtag ist und dass es auch für Minderheiten entscheidend ist, die Stimme zu erheben, damit ihre Meinung zumindest von der Presse gehört wird und die Wähler bei der nächstes Wahl wissen, wofür die Partei steht. Beim Planspiel wurden nur beeindruckende Meinungsäußerungen in der eigens vom Presseteam hergestellten Zeitung wiedergegeben.
Der extra zur Gesetzesverabschiedung erschienene "echte" Landtagsabgeordnete der Freien Wähler, Prof. Dr. Michael Piazolo, staunte über die Jugendlichen: „Im normalen Parlamentsalltag geht die CSU nicht so sehr auf Änderungsvorschläge ein. Ihr seid da offener“, konstatierte er.
Wieder ertönt ein Gong. Doch dieses Mal ist es der Pausengong, der die Gymnasiasten nach der lebhaften Debatte ins Wochenende entlässt.
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