Kein neuer Flüchtlingsstandort
Innere Mission braucht mehr Zeit für Integration
Für Alexander El Naib, Geschäftsführer des Hotel Pollinger in Aubing, war es ein Déjà-vu-Erlebnis. Das Hotel, aus dem im Frühjahr die letzten Asylbewerber ausgezogen waren, war mitten in den Renovierungsarbeiten, da kam wieder ein Anruf der Regierung von Oberbayern. Einige Familien aus Syrien, die in München einen Status als Kontingentflüchtlinge besitzen, suchten dringend eine Unterkunft. Sie waren vorübergehend in Wohncontainern in der Sankt-Veit-Straße untergekommen, doch hier gab es vor allem für die muslimischen Frauen zu wenig Privatsphäre. El Naib, dessen Vater selbst aus Syrien stammt, sagte wieder zu.
Mittlerweile leben die 16 Familien mit ihren Kindern seit gut einem Monat im Hotel und versuchen erste Schritte in ein neues Leben. Doch das ist gar nicht so einfach. Zwar waren die Kontingentflüchtlinge bereits mit einer Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung nach München gekommen – sie sind anerkannte Flüchtlinge und müssen kein Verfahren mehr durchlaufen –, eine eigene Wohnung anzumieten oder eine Arbeit zu beginnen, ist aber wegen der fehlenden Deutschkenntnisse fast unmöglich.
Florian Schlämmer, Pressesprecher der Regierung von Oberbayern, hofft trotzdem, dass die Flüchtlinge bis Ende Juli das Hotel verlassen haben werden. „Wir haben nicht vor hier einen neuen Standort für Flüchtlinge einzurichten“, erklärte er im Rahmen eines Pressegesprächs. Mit der Aufgabe Wohnungen zu suchen und die Flüchtlinge in den deutschen Alltag zu integrieren ist die Innere Mission (IM) beauftragt. Unterstützung gibt es von der Bezirkssozialarbeit. Andreas Herder von der Abteilung Migration bei der IM ist ziemlich sicher, dass es nicht gelingen wird, die Flüchtlinge Ende Juli untergebracht zu haben. Die Regierung hat einen Aufruf gestartet, damit Vermieter freie Wohnungen melden. „Jeden zweiten Tag kommen Angebote“, erklärte Herder, der diese überprüft. Allerdings müssten die Wohnungen bestimmte Kriterien erfüllen, damit eine Integration gelingen könne. So sei eine Wohnung in einem abgelegenen Dorf ungeeignet, wenn es keine Möglichkeit gibt, dass die Flüchtlinge zu ihren Deutsch- und Integrationskursen fahren können und es keine Schule für die Kinder gibt, gab Herder zu bedenken.
Regierung in der Zwickmühle
Bisher war die IM im Hotel Pollinger damit beschäftigt gewesen, die Menschen aus Syrien durch die deutsche Verwaltungsmühle und die Bürokratie zu schleusen. Die korrekte Schreibweise der arabischen Namen musste gefunden werden, Anträge für Kindergeld, für eine Krankenversicherung, für Sozialleistungen ausgefüllt werden, für ein paar Flüchtlinge konnten bereits Integrationskurse gefunden werden und die schulpflichtigen Kinder wurden in die Übergangsklasse der Aubinger Limesschule integriert. Die Syrer, die dem Krieg entflohen sind, seien teilweise enttäuscht. „Ihnen wurden in Syrien unrealistische Versprechen gemacht“, bedauerte Schlämmer. Auf den schwierigen Wohnungsmarkt in München waren sie nicht vorbereitet worden. In anderen bayerischen Regionen wäre der Umzug in eine eigene Wohnung schneller gegangen.
Wie es im August weitergeht, ist noch unklar. Die Innere Mission hat noch keine Zusage, dass sie weiterhin für die Flüchtlingsbetreuung engagiert wird. „Die Regierung befindet sich in einer Zwickmühle“, argumentiert Schlämmer. Man wolle keine Zweiklassen-Flüchtlinge etablieren. Die anerkannten Kontingentflüchtlinge sollten keine Vorzugsbehandlung bekommen, das würde andere anerkannte Flüchtlinge benachteiligen. Ohne Betreuung könnten die Flüchtlinge aber keinesfalls bleiben, so Herder.
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