Fallen die Barrieren wirklich?
So denken unsere Bundestagskandidaten
Seehofer hat's versprochen: Bis 2023 will Bayern barrierefrei werden. Das ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass alle Menschen gleichberechtigt am Leben teilhaben können. Neue technische Möglichkeiten machen den Alltag z.B. für Blinde und Sehbehinderte jedoch oft schwieriger: Moderne Aufzüge werden mit Touchscreens ausgestattet - blinde Menschen können hier nichts mehr ertasten. Und wenn eines Tages Elektroautos ganz leise über die Straße rollen, werden sie für Blinde kaum mehr hör- und wahrnehmbar sein.
Der VdK sieht gegenwärtig viele für Behinderte nicht zu überwindende Hindernisse und verlangt deshalb klare gesetzliche Regelungen, damit Wohnungen, Verkehrsanlagen und -mittel sowie alle privaten Güter und Dienstleistungen für alle zugänglich werden.
Am 24. September wird der Bundestag gewählt. Die Wochenanzeiger haben den Bundestagskandidaten in ihrem Verbreitungsgebiet folgende Frage gestellt:
"Welche Barrieren müssen in Ihren Augen vordringlich abgebaut werden? Ist das Ziel 'Barrierefreiheit 2023' realistisch? Müssen Bund, Land und Kommunen mehr Geld dafür bereitstellen?"
"Stadt München ist hier Vorreiterin"
Sebastian Roloff (SPD), Direktkandidat München Süd (Wk 219):
Ich begrüße die Ankündigung des Staatsministeriums, Bayern bis 2023 barrierefrei zu machen – bloße Ankündigungen aber bringen den Betroffenen leider wenig. Notwendig ist ein gemeinsamer Kraftakt aller politischen Ebenen und ein viel höherer finanzieller Aufwand für dieses wichtige Thema, denn die barrierefreie Gestaltung von z.B. Bahnhöfen hilft ja nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern auch Seniorinnen und Senioren. Leider passiert bisher zu wenig. Die Stadt München ist hier Vorreiterin: Sie hat das bundesweit erste kommunale Koordinierungsbüro eingerichtet, das dieses Thema engagiert verfolgt!
"Es ist noch eine Menge zu tun"
Peter Heilrath (Grüne), Direktkandidat München Süd (Wk 219):
Barrierefreiheit muss zur Selbstverständlichkeit werden. Denn nur wenn Behinderte gleichen Zugang zum öffentlichem Leben haben, ist unser grundgesetzlicher Gleichheitsanspruch wirklich erfüllt. Aber dafür ist noch eine Menge zu tun.
Priorität haben dabei aus meiner Sicht die öffentlichen Verkehrsmittel. Die MVG hat hier schon wichtige Schritte gemacht, aber es geht noch einiges mehr. So ist der Zu- und Ausstieg aus U-Bahnen für Rollstühle an vielen Haltestellen immer noch nicht ohne Hilfe zu bewerkstelligen. Genauso brauchen wir mehr barrierefreie Wohnung, die Behinderten ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.
Für all dies braucht es nicht nur gesetzliche Vorgaben, sondern auch finanzielle Anreize und Förderungen, die barrierefreies Leben nicht zum Luxusprodukt für wenige werden lassen.
"Bayern kann mehr tun"
Nicole Gohlke (Die Linke), Direktkandidatin München Süd (Wk 219):
Die barrierefreie Nutzbarkeit und Zugänglichkeit aller Lebensbereiche ist die unabdingbare Grundlage für gleiche Teilhabe aller Menschen in der Gesellschaft. Doch nach wie vor gibt es zahlreiche Barrieren, und die schränken nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern auch ältere Menschen mit Rollatoren und Eltern mit Kinderwägen enorm ein. Wir brauchen schleunigst grundlegende Verbesserungen. Im Bund fordert Die Linke ein Investitionsprogramm in Höhe von 5 Milliarden Euro, verteilt auf 5 Jahre. Wie stark individuelle Beeinträchtigungen im Lebensalltag eine Rolle spielen, entscheidet die soziale Umwelt. Eine humane Gesellschaft sind wir nur, wenn wir anerkennen, dass „Normalität“ immer Vielfalt bedeutet. Teilhabe muss für alle Menschen möglich sein und dafür kann das reiche Bayern mehr tun.
"Ab jetzt nachhaltig besser werden"
Thomas Sattelberger (FDP), Direktkandidat München Süd (Wk 219):
Den Bedürfnissen der 7,6 Millionen Menschen in Deutschland mit schwerer Behinderung müssen wir nach Kräften gerecht werden. Dabei ist nicht entscheidend, ob die vollständige Barrierefreiheit 2023 oder erst 2027 eintritt – sondern dass wir ab jetzt nachhaltig besser werden. Mit wachsenden technischen Möglichkeiten entstehen immer wieder neue Chancen – aber auch Barrieren, für die wir neue Lösungen finden müssen. Definitiv der falsche Weg ist es, Angst vor neuen Technologien zu schüren. Lässt sich ein Aufzug nicht mehr über Knöpfe, sondern nur noch über einen Touchscreen bedienen, muss der Touchscreen um eine barrierefreie Lösung ergänzt und nachgerüstet werden. Und bei lautlosen Elektro-Autos bin ich mir sicher: Kkünftig werden intelligente Sensoren an Auto und Straße schützend eingreifen.
"Für mich ist das ein Herzensanliegen"
Stephan Pilsinger (CSU), Direktkandidat München West / Mitte (Wk 220):
Als Mediziner ist für mich das Thema Barrierefreiheit ein Herzensanliegen. Es betrifft nicht nur Menschen mit Behinderung – auch andere Aspekte schwingen mit: Wie kinderfreundlich ist der öffentliche Raum? Wie stellen wir gerade als immer älter werdende Gesellschaft sicher, dass Senioren mit Mobilitätseinschränkung nicht ausgegrenzt werden? Wir sehen: Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und ein wesentliches Element der Gleichberechtigung, Teilhabe und Selbstbestimmung. Vordringlich sind hier sicherlich die Einrichtungen des Nahverkehrs: Bahnhöfe und Haltestellen sowie Busse – in München sind wir da schon sehr weit, auch bei den Trambahnen. Daneben spielen Kinderbetreuungseinrichten und Schulen eine zentrale Rolle sowie alle öffentlichen Gebäude und natürlich der Wohnungsbau. Bayern hat eine Sonderinvestitionsprogramm mit allein für 2015/2016 über 200 Mio. Euro aufgesetzt, um hier zu investieren – der Plan, die Barrierefreiheit im gesamten öffentlichen Raum bis 2023 umzusetzen, halte ich mit diesen Zahlen für realistisch.
"Finanziell deutlich stärker fördern"
Bernhard Goodwin (SPD), Direktkandidat München West / Mitte (Wk 220):
Barrierefreiheit geht uns alle an, denn jede und jeder kann zeitweise oder dauerhaft darauf angewiesen sein! Zudem wollen immer mehr ältere Menschen möglichst lange selbstbestimmt leben. Darum ist es richtig, die Zugänglichkeit von Verkehrsmitteln und Gebäuden für Gehbehinderte, Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer, Blinde und Hörgeschädigte zu einer vordringlichen Aufgabe zu machen.
Wenn sie immer mitgedacht wird, dann ist sie auch leichter umzusetzen. Trotzdem muss sie finanziell auch deutlich stärker gefördert werden, damit wir das Ziel 2023 erreichen. Es ist wichtig, hier nicht über die Köpfe der Betroffenen zu entscheiden, sondern sie in die Entscheidungen einzubeziehen. Barrierefreie Angebote in Verwaltung, Kultur und Tourismus müssen ausgebaut und aufeinander abgestimmt werden. So ermöglichen wir aktive Teilhabe an allen gesellschaftlichen Bereichen.
"Barrierefreiheit im öffentlichen Raum ist überfällig"
MdB Dieter Janecek (Grüne), Direktkandidat München West / Mitte (Wk 220):
Neue technische Möglichkeiten sollten Teilhabe erleichtern und ihr neue Räume erschließen. Bei der Umstellung von Geräten zum Beispiel auf Touchscreens wird das oft nicht berücksichtigt oder eine Ausstattung der Geräte mit Sprachausgabe und Kopfhörerbuchse trotz vergleichsweise geringer Zusatzkosten gescheut.
Vollständige Barrierefreiheit im öffentlichen Raum ist überfällig. Für den Personennahverkehr ist die Umsetzung bis 2022 gesetzlich vorgeschrieben, nicht zuletzt auch ein grüner Erfolg. Leider sind aufgrund hoher oder weiter Abstände zur Bahnsteigkante auch angeblich "barrierefreie" Stationen für Rollstuhlfahrer nicht benutzbar. Teilhabe darf sich zudem nicht nur auf den öffentlichen Raum beschränken. Wir setzen uns deshalb seit langem für eine Verpflichtung zu Barrierefreiheit auch für private Anbieter von Gütern und Dienstleistungen ein.
"Ambitioniert, aber machbar"
Lukas Köhler (FDP), Direktkandidat München West / Mitte (Wk 220):
Barrierefreiheit betrifft uns alle und sie in Bayern bis 2023 zu erreichen, ist ambitioniert, aber machbar. Als junger Vater erlebe ich täglich, wie mich der Kinderwagen einschränkt. Wer auf einen Rollstuhl angewiesen ist oder im Alter an Mobilität einbüßt, steht gar für den Rest seines Lebens ständig vor schweren Hindernissen. Investitionen in Aufzüge oder Rampen an Bahnhöfen und in öffentlichen Einrichtungen sind daher wichtig, um die Möglichkeiten sozialer Teilhabe zu vergrößern. Außerdem muss eine weitsichtige Politik dafür sorgen, dass der technische Fortschritt nicht zu neuen Problemen führt. Dazu braucht es keine Verbote, sondern schon frühzeitig Regeln, damit Innovationen wie das geräuschlose Elektroauto nicht zur Gefahr werden, weil sie von Sehbehinderten nicht wahrgenommen werden..
"Ich begrüße diese Vorgabe"
MdB Florian Hahn (CSU), Direktkandidat München Land (Wk 221):
Gerade auch durch meine ehrenamtliche Funktion als Vorsitzender der Stiftung Lebenshilfe München, die sich für die Belange von Menschen mit Behinderung einsetzt, nimmt das Thema Barrierefreiheit eine besondere Rolle ein. So organisierte ich bspw. im vergangenen Juli einen Termin mit Bundesverkehrsminister Dobrindt, bei dem wir Bahnhöfe im Landkreis auf ihre Barrierefreiheit getestet haben. Weil bei diesem Thema noch Handlungsbedarf besteht, hat das Bundesverkehrsministerium im vergangenen Jahr ein Modernisierungsprogramm gestartet. Mit diesem werden auf Vorschlag der Länder weitere Bahnstationen barrierefrei. Das Programm umfasst ein Investitionsvolumen von rund 160 Millionen Euro. Der Bund übernimmt die Hälfte der Fördersumme. Die Ko-Finanzierung kommt von den Ländern. Vor diesem Hintergrund begrüße ich die Vorgabe unseres Ministerpräsidenten, Bayern bis 2023 im öffentlichen Raum und im Öffentlichen Personennahverkehr barrierefrei zu gestalten, ausdrücklich. Jede politische Ebene ist hier gleichermaßen gefordert.
"Die betroffenen Gruppen einbeziehen"
MdB Anton Hofreiter (Grüne), Direktkandidat München Land (Wk 221):
Wir wollen, dass Menschen mit Behinderung sich möglichst gut selbst versorgen können und am öffentlichen Leben teilnehmen können. Gesellschaftliche Teilhabe setzt eine barrierefreie Infrastruktur voraus, und zwar ganz umfassend verstanden: Gebäude, Einrichtungen, Verkehrsmittel, Haltestellen und Wege. Für die barrierefreie Umgestaltung benötigt man verbindliche Qualitätsstandards und eine vernünftige Planung. Am besten bezieht man dabei die verschiedenen betroffenen Gruppen mit ein. Außerdem muss man dann auch das nötige Geld bereitstellen, von Sonntagsreden und Absichtserklärungen hat niemand etwas. Barrierefreiheit ist letztlich ein Gewinn für die ganze Gesellschaft und macht das Leben für alle leichter.
"Wir sind hier auf einem guten Weg"
Michael Kießling (CSU), Direktkandidat Starnberg / Landsberg (Wk 224):
Barrierefreiheit im öffentlichen Raum herzustellen, ist für mich ein wichtiges politisches Ziel. Für ein selbstbestimmtes Leben sind die drei Handlungsfelder Mobilität, Bildung und Barrierefreiheit staatlicher Gebäude zentral. Die CSU-geführte bayerische Staatsregierung stellte dafür in den Jahren 2015/2016 221 Millionen Euro zur Verfügung – eine stattliche Summe. Wir sind hier auf einem guten Weg, auch wenn das Ziel 2023 ambitioniert ist.
Mir ist es aber auch wichtig zu betonen, dass es zu kurz gegriffen ist, wenn man sich nur auf Menschen mit Mobilitätseinschränkungen denkt. Barrierefreiheit bedeutet auch die uneingeschränkte Teilhabe blinder, gehörloser oder seelisch behinderte Menschen am gesellschaftlichen Leben. Zurzeit gibt es umfängliche Fördermöglichkeit von Bund und Land die das Beseitigen von Barrieren ermöglichen und die ersten Schritte sind getan. Klar ist aber, Politik muss an dem Thema dranbleiben und weiter ehrgeizig bleiben. Aber auch die Gesellschaft muss für die Anliegen behinderter Menschen sensibilisiert werden.
"Es lohnen sich alle Anstrengungen"
Christian Winklmeier (SPD), Direktkandidat Starnberg / Landsberg (Wk 224):
Die „Barrierefreiheit für alle“ ist eine Vision, die kaum vollständig erreicht werden kann. Es lohnen sich aber alle Anstrengungen, so viele Barrieren wie möglich zu beseitigen. Dazu gehören aber selbstverständlich nicht nur die Bahnhöfe, die immer noch zu selten von Älteren, Eltern mit Kinderwägen oder Reisenden mit Koffern problemlos benutzt werden können. Dazu gehören auch ein barrierefreies Arbeiten durch die Schaffung sicherer und gesunder Arbeitsplätze oder auch ein schneller Internetzugang für alle in Zeiten der Digitalisierung. In den vergangenen Jahren hat gerade die bayerische Staatsregierung nicht den Anschein gemacht, das Ziel „Barrierefreiheit 2023“ wirklich erreichen zu wollen. Zugesagte Geldmittel wurden gekürzt, die angekündigte Umsetzung einzelner Projekte oft zurückgestellt. Nur wenn der Freistaat vorangeht und zudem den Kommunen ausreichend Mittel zur Verfügung stellt, kann die Vision vielleicht doch bald Realität werden.
"Derzeitiges Schneckentempo der Umsetzung"
Kerstin Täubner-Benicke (Grüne), Direktkandidatin Starnberg / Landsberg (Wk 224):
Menschen mit Behinderung sollen selbstbestimmt teilhaben. Das ist ihr gutes Recht und unser Auftrag. Deswegen trete ich für umfassende Barrierefreiheit und Inklusion in allen Lebensbereichen ein. Darunter verstehe ich nicht nur städtebauliche Veränderungen, sondern eine umfassende Teilhabe für mobilitätseingeschränkte, sehbehinderte oder blinde, hörbehinderte oder gehörlose Menschen sowie für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Zum Beispiel durch Assistenz am Arbeitsplatz und in der Schule, technische Hilfsmittel, Verwendung von „leichter Sprache“, auch in Wahlprogrammen. Die größten Barrieren existieren in den Köpfen, abzulesen am derzeitigem Schneckentempo der Umsetzung. Das Ziel 2023 darf kein Lippenbekenntnis bleiben, sondern muss entsprechend finanziert werden. Von Barrierefreiheit profitieren übrigens alle, auch das Kind im Kinderwagen.
"Finanzielle Anreize schaffen "
Katrin Staffler (CSU), Direktkandidatin Fürstenfeldbruck (Wk 215):
Um das Ziel „Barrierefreiheit 2023“ zu erreichen müssen wir in meinen Augen zwei wichtige Aufgaben erfüllen:
Zum einen müssen in Form von Förderprogrammen staatliche Mittel für den barrierefreien Ausbau in nahezu allen Alltags bereichen bereit st ehen. Jeder, der selbst schon Verantwortung in einer Kommune getragen hat, weiß um die oftmals angespannte Kassenlage in Städten und Gemeinden. Umso wichtiger ist es, finanzielle Anreize zu schaffen, damit Barrieren im ö ffentlichen Raum ab gebaut werden. Hier leistet beispielsweise das Programm „Bayern barrierefrei“ einen wichtigen Beitrag.
Zum a nderen – und dies ist für mich ebenso wichtig – brauchen wir ein Problembewusstsein in der Bevölkerung. Es wird viel über „Barrierefreiheit“ gesprochen. Bauliche Maßnahmen sind zweifelsohne wichtig - wirklich „barrierefrei“ zu sein bedeutet aber sehr viel mehr. Der Staat kann und muss Meinungsführer bei der Sensibilisierung der Gesellschaft sein. Am Ende sind wir aber unabhängig von Budgets und Fördermitteln alle in unserem persönlichen Umfeld gefragt. Denn: Ein Bayern ohne Barrieren ist für uns alle ein Gewinn!
"Ein gigantischer Täuschungsversuch"
MdB Beate Walter-Rosenheimer (Grüne), Direktkandidatin Fürstenfeldbruck (Wk 215):
Das "Sonderinvestitionsprogramm Bayern barrierefrei" der CSU ist nicht mehr als ein gigantischer Täuschungsversuch. Von den angeblichen 235 Mio. Euro die für das Sonderinvestitionsprogramm in den Jahren 2017 und 2018 zur Verfügung stehen, sind nur rund 30 Mio. Euro tatsächlich vom Freistaat. Bei dem Rest handelt es sich um ein Sammelsurium aus Bundesmitteln sowie um allgemeine Förderprogramme, z.B. im Baubereich, bei denen einfach fiktive Anteile für die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zur Barrierefreiheit ausgewiesen werden. Das Vorhaben der CSU, Bayern bis 2023 barrierefrei zu gestalten, ist so auf keinen Fall umsetzbar.
Auf Bundesebene gibt es noch nicht einmal klare zeitliche Vorgaben, bis wann die Barrieren in den vom Bund genutzten Gebäuden und im Intranet des Bundes beseitigt sein müssen. Menschen mit Lernschwierigkeiten müssen ein Recht auf Informationen in Leichter Sprache bekommen, das keine Ausnahmen zulässt. Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz muss geändert werden, damit behinderte Menschen Geschäfte, Kinos, Gaststätten, Websites und mehr barrierefrei nutzen können.
"Es geht um die Würde"
Enrico Corongiu (SPD), Direktkandidat Weilheim (Wk 226):
Die Probleme fangen schon im eigenen Umfeld an. Hochparterre oder schlecht zugeschnittene Wohnungen sind nur ein kleiner Ausschnitt der zahlreichen Hindernisse. Zudem haben viele nicht die finanziellen und rechtlichen Mittel, um eigene Umbaumaßnahmen vorzunehmen. Aber auch in öffentlichen Bereichen geht es nicht schnell genug voran, um den von der bayerischen Staatsregierung festgelegten Zeitplan einhalten zu können. Es gibt immer noch zahlreiche Einrichtungen, die nicht barrierefrei sind. Deshalb benötigen die Kommunen und Städte mehr finanzielle Mittel. Menschen mit Behinderung müssen in die Planungen zur Umsetzung von Barrierefreiheit einbezogen werden. Rechtliche Grundlagen, leichte Sprache, Fördermöglichkeiten und zinsgünstige Kredite würden den Betroffenen direkt helfen. Deshalb haben wir die Pflicht zu handeln, nicht aus Fürsorge, sondern aus rechtlichen Gründen – weil es um die Würde des Menschen geht.
"Große Anstrengungen vor Ort nötig"
Gabriela Seitz-Hoffmann (Grüne), Direktkandidatin Weilheim (Wk 226):
Um Bayern barrierefrei aufzustellen, bedarf es großer Anstrengungen vor Ort. Also in den Kommunen. Dabei gilt es, vor allen Dingen die Barrieren im Kopf abzubauen bzw. die Verantwortlichen für das Thema zu sensibilisieren. Sehr weit verbreitet ist inzwischen die Einsicht, Wohnungen, Straßen, Haltestellen für Bus und Bahn rollstuhlgerecht zu gestalten. Bislang noch zu wenig wird auf Menschen mit anderen Handicaps Rücksicht genommen. An Sehbehinderte, Hörbehinderte oder Menschen mit kognitiven Einschränkungen wird bei der Barrierefreiheit zu wenig gedacht. Hier muss in Zukunft vermehrt aufgeklärt werden. Die Behinderten-Beauftragten der Kreise und Gemeinden sind die ehrenamtlichen Ansprechpartner, die Unterstützung bei ihrer wichtigen Arbeit brauchen. Der Landkreis Weilheim-Schongau ist inzwischen einen Schritt weitergegangen und hat einen Teilhabebeirat als Beratungsgremium des Kreistags eingerichtet. Dies ist ein erster wichtiger Schritt, dem hoffentlich andere Kreise folgen werden.
"Wichtig ist die Zusammenarbeit aller"
Karl Martin Schröter (FDP), Direktkandidat Weilheim (Wk 226):
Menschen mit Behinderung bekommen nicht genug Aufmerksamkeit, obwohl ihnen dieselben Chancen ohne Diskriminierungen zustehen. Mindestens öffentliche Neu- und Umbauten sollten barrierefrei erstellt werden. Rampen, automatische Türen rollstuhlfreundliche Aufzüge sollten selbstverständlich sein.
Die Regel sollten ausreichend lange Grünphasen für Fußgänger sein, Ampeln mit Licht- und Geräuschsignalen und barrierefreie Einstiege in Autobusse und Züge. Geräuscharme Elektroautos sind neue Gefahrenquellen. Gemeinsam müssen wir deshalb Lösungen entwickeln, die gesetzliche Vorschriften werden.
Bayern bis 2023 barrierefrei zu machen, kostet viel Geld. Entsprechende Diskussionen erlebe ich als Kommunalpolitiker immer wieder. Versprechen sind leicht gemacht. Deshalb bin ich mit damit zurückhaltend. Wichtig ist, dass Verbände, Interessensgruppe und Politik zusammenarbeiten, um das Notwendige durchzusetzen.
Die Wahlkreise
Aus jedem Wahlkreis wird einer der jeweiligen Direktkandidaten als regionaler Vertreter in den Bundestag gewählt. Die Wahlkreise umfassen folgende Gebiete:
München Süd (Wk 219): Sendling, Sendling-Westpark, Giesing, Harlaching, Münchner Süden, Hadern (Münchner Stadtbezirke 6, 7, 17, 18, 19, 20).
München West / Mitte (Wk 220): Ludwigs- / Isarvorstadt, Westend, Neuhausen, Nymphenburg, Pasing, Menzing, Aubing, Lochhausen, Langwied, Allach, Laim (Münchner Stadtbezirke 2, 8, 9, 21, 22, 23, 25).
Fürstenfeldbruck (Wk 215): Landkreise Dachau und Fürstenfeldbruck (ohne Germering).
München Land (Wk 221): Landkreis München.
Starnberg / Landsberg (Wk 224): Stadt Germering, Landkreise Starnberg und Landsberg.
Weilheim (Wk 226): Landkreise Weilheim-Schongau und Garmisch-Partenkirchen.
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