Baurecht contra Grünzug
Bezirksausschuss 19 diskutiert über Erweiterung einer Flüchtlingsunterkunft in Solln
Seit Anfang vergangenen Jahres leben zehn minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge in einem Haus in der Herterichstraße 158. Die Betreuung dieser so genannten Clearingstelle hat die AWO übernommen. Um den jungen Flüchtlingen mit Erreichen der Volljährigkeit eine Unterkunft in der ihnen vertrauten Umgebung zu bieten, möchte die AWO das Anwesen erweitern. Genau um diese Bauvoranfrage entbrannte in der Sitzung des Bezirksausschusses (BA) 19 eine heftige Diskussion. Denn: Das betroffene Flurstück liegt im regionalen Grünzug, und dieser müsste zugunsten der Unterkunft angetastet werden. Grundstückseigentümerin ist – aufgrund eines Testaments – die Stadt München.
"Davor kann ich nur warnen"
Klar gegen das Vorhaben stellte sich die CSU. Es gehe hier um schützenswerte Hecken und Bäume. "Es ist wichtig, dass man den Grünzug belässt. Die Innenstadt ist ohnehin dicht bebaut", sagte Rosmarie Rampp. Man solle die Randbezirke für die Bevölkerung so grün wie möglich erhalten. "Jeder sollte darüber nachdenken, ob es gut ist, immer weiterzuverdichten", so Rampp weiter. Stadtrat Michael Kuffer warnte eindringlich vor einem Präzedenzfall. "Auf den städtischen Grünzügen lastet bereits ein hoher Druck. Es ist nicht leicht, diese zu verteidigen", sagte er. "Es wird noch schwieriger, wenn wir an dieser Stelle ein Zeichen setzen. Davor kann ich nur warnen." Viele Grundeigentümer spekulierten bereits auf Baurecht. Und Karl-Hans Pauli stellte die Frage: "Wollen wir den Grünzug so anknabbern?"
Eingriff "relativ bescheiden"
Anders sah das die SPD. Fraktionssprecherin Dorle Baumann bezeichnete den geplanten Eingriff in den Grünzug als "relativ bescheiden" und wies gleichzeitig darauf hin, dass sich das betreffende Areal hinter dem Wohnhaus mit der großen Kiesfläche nicht besonders naturnah darbiete. "Es wird immer wieder auch von der CSU beklagt, dass es zu wenig billigen Wohnraum gibt und zu wenig für junge Menschen getan wird", sagte Baumann. "Die Frage ist, lassen wir das Grundstück so wie es ist oder nimmt man es in Kauf, dass dort Baurecht entsteht?". Andrea Barth betonte, es handle sich um ein gutes Konzept der AWO. "Wir haben uns das zur Abwägungssache gemacht. Es wird überall gebaut, was rauskommt, aber hinter diesem Vorhaben steckt eine gute Idee, billigen Wohnraum zu schaffen", sagte sie. Alexander Aichwalder (Grüne) kritisierte die Haltung der CSU, die einerseits im Stadtrat den Wohnungsbau vorantreibe, andererseits aber ein Projekt wie dieses blockiere. Die Nutzung des Grundstücks für die Jugendhilfe sei im Sinne der Erblasserin.
"Wollen Bäume erhalten"
Mit den Stimmen von SPD und Grünen wurde die Empfehlung für den Ausbau der Flüchtlingsunterkunft angenommen. "Das Ergebnis freut uns", sagte Frank Holzkämper, Leiter des Referats Jugendhilfe und Flüchtlingsbetreuung bei der AWO München. Im Moment seien vier Baukörper auf dem Gelände geplant, drei davon mit Erdgeschoss und erstem Stock, eines nur mit Erdgeschoss. Die Unterkunft solle Platz für bis zu 60 Flüchtlinge zwischen 18 und 25 Jahren bieten, die eine Ausbildung machen oder zur Schule gehen. "Gerade für diese Gruppe ist es schwierig, bezahlbaren Wohnraum in München zu finden. Den Flüchtlingen fehlen die Netzwerke", sagte Holzkämper. Er zeigte sich zudem zuversichtlich, Bäume auf dem Grundstück erhalten zu können. "Wir wollen das so minimalinvasiv wie möglich umsetzen", versprach er.
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