Mieter schützen oder Rechte beschneiden?
Neue Satzung soll Luxussanierungen nach Tunnelbau verhindern
Der Stadtrat hat die neue Erhaltungssatzung Sendling-Westpark beschlossen, die noch im Februar in Kraft treten soll. Das durch die Satzung geschützte Gebiet erstreckt sich beidseitig des Mittleren Rings (Luise-Kiesselbach-Platz / Garmischer Straße) zwischen dem Westpark und der Heckenstallerstraße und grenzt im Osten an das bestehende Erhaltungssatzungsgebiet „Am Harras / Passauerstraße“ an. Der Bezirksausschuss Sendling-Westpark hatte eine die Satzung im Umfeld des neuen Luise-Kiesselbach-Platzes gefordert, um Luxussanierungen durch den nach dem Tunnelbau gestiegenen Wohnwert ringsum zu vermeiden.
Die Landeshauptstadt München erlässt bereits seit mehr als einem Vierteljahrhundert sogenannte Milieuschutzsatzungen. Damit soll die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in dem jeweiligen Gebiet erhalten werden. In der Landeshauptstadt gibt es nun 19 Erhaltungssatzungen für rund 133.000 Wohnungen, in denen etwa 235.000 Menschen leben.
Veränderung des Viertels hat begonnen
Das städt. Planungsreferat sieht die von der CSU angesprochene "Heterogenität" des Satzungsgebiets durchaus: Neben Gebieten mit vorwiegend Reihen- und vereinzelt auch Ein- / Zweifamilienhäusern finden sich Gebiete mit Blockrandbebauung oder auch kleinere Anlagen mit Wohntürmen. Insgesamt dominiere aber der Geschosswohnungsbau. So liegen 61,2 % aller Wohnungen in Gebäuden mit vier bis sechs Geschossen. Im gesamtstädtischen Schnitt liegt dieser Wert mit 48,3 % darunter.
Die Stadtplaner sehen bereits deutliche Zeichen dafür, dass im Viertel in den vergangenen Jahren bereits Aufwertungs- und Veränderungsprozesse Fahrt aufgenommen haben. Für das Erhaltungssatzungsgebiet Sendling-Westpark lasse sich im Vergleich zur Landeshauptstadt München ein überdurchschnittliches Aufwertungspotenzial feststellen. Insbesondere an den in den vergangenen Jahren durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen sowie an der Zahl der Umwandlungen von Wohnungen werden dies deutlich: Zwischen 2009 und 2013 wurden im Erhaltungssatzungsgebiet 3,5 % der Wohnungen umgebaut (größere Umbaumaßnahmen), wohingegen es im städtischen Durchschnitt nur 2,2 % waren.
SPD: "Mieterschutz hochgehalten"
"Es ist gut zu sehen, dass in München Mieterschutz trotz der CSU hochgehalten wird", freute sich Andreas Lotte, wohnungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im bayerischen Landtag und Abgeordneter für den Münchener Südwesten, über die neue Satzung. U.a. CSU und FDP hatten die Satzung im Stadtrat abgelehnt. "Auch die CSU hat dadurch wieder einmal gezeigt, dass ihr vermeintlicher Wunsch des Mieterschutzes nur ein wertloses Lippenbekenntnis ist", ergänzte Lotte, "zum Glück wissen die Münchnerinnen und Münchner, wer die MieterInnenpartei ist."
CSU: "Angriff auf Eigenheimer"
Die CSU erklärte, sie sei nicht grundsätzlich gegen neue Erhaltungssatzungsgebiete. Der Zuschnitt des neuen Satzungsgebietes sei jedoch "überzogen", weil neben Geschosswohnungsbau und Häuserblocks zahlreiche Reihen- sowie Ein- und Zweifamilienhäuser erfasst werden, wie Stadtrat Walter Zöller sagte. "Alles wird in einen Topf geschmissen."
Als "ungerechtfertigten Angriff auf Siedler und Eigenheimer" bezeichnete Stadtrat Michael Kuffer (stv. Vorsitzender der CSU-Fraktion) die Satzung für Sendling-Westpark. Indem Ein- und Mehrfamilienhäuser in das neue Erhaltungssatzungsgebiet einbezogen wurden, beschneide die Stadt massiv und völlig unverhältnismäßig die Rechte der Eigenheimbesitzer. "Warum muss künftig ein Immobilienbesitzer die Stadt bei der Renovierung seiner untervermieteten Einliegerwohnung hinzuziehen?" fragt Kuffer Die Behauptung, die Vorgaben der Erhaltungssatzung treffen sie überhaupt nicht, sei falsch. "Die linke Mehrheit im Stadtrat hat es leider geschafft, das Instrument für den Erhalt einer guten Münchner Bevölkerungsmischung ideologisch zu missbrauchen", meinte Kuffer.
Was ist eine "Erhaltungssatzung"?
In München werden seit 1987 - zeitlich befristete - Erhaltungssatzungen erlassen. Mit ihnen soll die Modernisierung von Altbauten so gesteuert werden, „dass die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erhalten bleibt, wenn dies aus besonderen städtebaulichen Gründen erforderlich ist“ (das ist der sog. Milieuschutz). Geplante Modernisierungsmaßnahmen werden daher einer zusätzlichen Genehmigung unterzogen, die das Sozialreferat erteilt (oder verweigert). Zudem unterliegt die Umwandlung von Haus- in Wohnungseigentum seit März 2014 einer zusätzlichen Genehmigungspflicht.
Unter bestimmten Voraussetzungen steht der Landeshauptstadt in Erhaltungssatzungsgebieten ein Vorkaufsrecht zu. Um dies abzuwenden, kann die Käuferseite sich verpflichten, Umwandlungen in Eigentumswohnungen und unangemessene Modernisierungsmaßnahmen zu unterlassen.
Insgesamt hat die Stadt nach eigenen Angaben in 20 Jahren etwa 430 Immobilien mit 6.000 Mietwohnungen vor Umwandlung und Luxussanierung geschützt.
Wo besteht der Schutz?
Die neue Erhaltungssatzung für Sendling-Westpark deckt fast vollständig das Gebiet rund um den Luisae-Kiesselbach-Platz und das Dreieck Albert-Roßhaupter-, Heckenstaller und Passauerstraße ab. Zudem wird das Areal zwischen zwischen Bahnlinie, Westpark, Garmischer Straße und Treffauer- / Albert-Roßhaupter-Straße eingeschlossen.
Welche Gebiete in München sonst noch von Erhaltungssatzungen geschützt werden, ist auf dieser Karte zu sehen: http://maps.muenchen.de/plan/erhaltungssatzung.
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