Die Treppe ist da!
Nach fast fünf Jahren gibt es eine Lösung fürs Südbad - und weiter Streit
Es sind nur kleine Schritte für einen Schwimmer, aber ein großer Schritt für das Südbad: Seit vergangener Woche steht den Badegästen eine mobile Treppe als Ein- und Ausstiegshilfe am Beckenrand zur Verfügung - zumindest zu manchen Zeiten. Viereinhalb lange Jahre haben vor allem die Senioren auf diese Hilfe gewartet, die nun als "technischer Durchbruch" (Wirtschaftsreferent Dieter Reiter) und "innovative Lösung" (Bäderchefin Christine Kugler) gefeiert wurde. Auch Bezirksausschussvorsitzender Markus Lutz freut sich über die Kompromisslösung der mobilen Treppe: "Ich hoffe, dass jetzt die Senioren in Sendling, die dem Südbad zwischenzeitlich den Rücken gekehrt haben, wieder in ihr Stadtteilbad zurückkehren.“
Sanierung schuf neues Problem
Das Schwimmbecken im Südbad hat lediglich fünf Bahnen (Standard sind sechs). Eine der Bahnen im Südbad ist in der Regel durch trainierende Vereine, den Schulsport und Kurse der SWM belegt. Um auch den übrigen Badegästen ausreichend Wasserfläche zur Verfügung zu stellen, haben die SWM beim Umbau des Südbads in den Jahren 2007 und 2008 auf eine feste Einstiegstreppe ins Schwimmerbecken verzichtet. Seit 2008 konnte man nur noch über Leitern ins Wasser - und wieder heraus.
"Einige Senioren wollten sich mit der Neugestaltung nicht anfreunden", schreiben die Stadtwerke in ihrer Presseerklärung zum Treppeneinsatz. Das klingt etwas untertrieben: Bürgerversammlung, Seniorenbeirat und Bezirksausschuss liefen Sturm und forderten, nachträglich eine feste Treppe einzubauen bzw. eine mobile anzuschaffen. Wenn es nur noch Leitern gebe, für deren Nutzung man einen gewisse Kraft aufbringen müsse, sei das Südbad nicht senioren- und behindertengerecht, so ihre Argumentation.
Begrenzte Wasserfläche
Die Stadtwerke lehnten eine feste Treppe wegen des fehlenden Platzes ab, so Kugler: Es wäre eine ganze Bahn wegfallen - mit weitreichenden Folgen: weniger Belegungszeiten für Schulen und Vereine, Reduzierung der Kursangebote gerade für Kinder, noch weniger Platz für Bahnenschwimmer. Seit der Sanierung haben sich die Badegastzahlen laut SWM nahezu verdoppelt. Dieser Erfolg verschärfte den "Kampf ums Wasser". Die Bäder müssen unterschiedliche Interessen erfüllen, so Kugler: die von sportlichen Schwimmern, Schulen, Vereinen und Kursteilnehmern, die im Schwimmbecken trainieren und sportlich ihre Bahnen ziehen möchten; genauso aber auch die von Senioren und mobilitätseingeschränkten Personen, die einen bequemeren, jedoch deutlich raumgreifenderen Einstieg über eine Treppe ins Wasser wünschen. Erste Lösungsansätze (zwei Monate lang wurde ein Lift getestet, der aber nur vier Stunden am Tag verfügbar war und wenig genutzt wurde) überzeugten nicht.
Eigene Entwicklung für das Südbad
Im Januar 2011 forderte der Bezirksausschuss Sendling einstimmig die Stadt auf, endlich wieder einen behindertengerechten Einstieg ins Südbad-Becken zu schaffen. Auf die erhoffte Unterstützung seitens des Seniorenbeirates musste der BA zunächst allerdings verzichten, obwohl der Seniorenbeirat seinerseits ebenfalls eine Lösung forderte. Im Herbst 2011 sprach sich auch die Bürgerversammlung für eine sinnvolle Einstiegshilfe aus
Die mobile Treppe, die nun zur Verfügung steht, wurde eigens für das Südbad entwickelt und wird hier erstmals eingesetzt. Sie kann ins Becken hinein- und wieder herausgehoben werden. So kann die volle Schwimmbahn-Länge erhalten werden, wenn die Treppe nicht im Wasser ist. Steht die Treppe zur Verfügung, ermöglicht sie Senioren einen einfacheren Einstieg ins Wasser. "Die Pionierarbeit, die die SWM hier geleistet haben, ist ein zukunftsweisender Schritt, der auch der demografischen Entwicklung Rechnung trägt", meinte dazu Dieter Reiter, "bestehende Angebote müssen weiter entwickelt, neue geschaffen werden. Der heute vorgestellte Prototyp der mobilen Treppe gehört gewiss dazu."
Die Einsatzzeiten bleiben strittig
Die Treppe besteht aus Edelstahl und glasfaserverstärktem Kunststoff und ist etwa 1,60 Meter breit). Eingeklappt hat sie eine Gesamthöhe von 3,70 Meter. Die Treppe wiegt 250 Kilo. Es dauert rund 20 Minuten, bis zwei Mitarbeiter die mobile Treppe zu Wasser gelassen bzw. sie herausgehoben haben. In den ersten Wochen im Probebetrieb steht die Treppe jeweils am Dienstag und am Donnerstag von 7.30 Uhr bis 12 Uhr zur Verfügung. Im Regelbetrieb wird sie von Montag bis Freitag in der Zeit zwischen 7.30 und 12 Uhr einsetzbar sein. Am Wochenende wird sie nicht zum Einsatz kommen, da der hohen Besucherzahlen die Wasserfläche für Schwimmer benötigt wird.
Mit dieser zeitlichen Beschränkung haben die Stadtwerke für neue Verärgerung im Bezirksausschuss gesorgt. Anders als die SWM möchte der BA, dass die Treppe grundsätzlich von 7.30 bis 17 Uhr einsatzbereit bleibt. Man solle keine Betriebszeiten für die Treppe festlegen, sondern deren Verfrügbarkeit Priorität geben und stattdessen die "treppenfreien" Zeiten als Ausnahmezeiten für andere Schwimmer verstehen und regeln.
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