Adieu Schornstein
Auf dem Gelände des Heizkraftwerks Süd startet der Rückbau des großen Kamins
Alle Sendlinger kennen sie: die Schornsteine des Heizkraftwerks Süd (HKW) in der Schäftlarnstraße. Für die einen sind die schon von weit sichtbaren Schornsteine ein Teil Sendlings, der sie nach einem Urlaub oder dergleichen wieder nach Hause lotst, für die anderen ist das Heizkraftwerk mit all seinen Aufbauten ein eher unschöner Gebäudekomplex, der nicht zwangsläufig bleiben muss.
Wehmütig sieht nun so mancher Sendlinger den stillen, weißen Riesen auf dem HKW Gelände an, denn es steht fest: Der 176 Meter hohe Schornstein wird rückgebaut. In seinen besten Jahren gehörte er zur stillgelegten Müllverbrennungsanlage, seit 1997 bereits ist er nun im Ruhestand. Gebaut wurde er Ende der 1960-Jahre. Seine beiden „kleineren Kollegen“ mit jeweils 130 Metern Höhe, haben noch eine Aufgabe. Sie werden gebraucht für die Gas- und Turbinenanlagen, die weiterhin in Kraft-Wärme-Kopplung Strom und Fernwärme erzeugen, erklären die Stadtwerke München (SWM). Aber auch ihre Tage sind gezählt. Voraussichtlich 2040 werden auch sie in den Ruhestand geschickt, denn dann wird die Erzeugungslücke zur erneuerbaren Energie geschlossen, erklären die SWM weiter.
Vielleicht ist es für manche Sendlinger ein kleiner Trost. Denn für die neue Geothermieanlage, wird ebenfalls ein Kamin benötigt. Dieser wird aber niedriger sein und an anderen Stelle auf dem HKW-Gelände entstehen.
Unterschiedliche Meinungen
Mit dem Rückbau des Kamins mussten sich nun auch einige Sendlinger von einer alternativen Nutzung des Kamins verabschieden – der Idee einer Aussichtsplattform auf dem stillgelegten Riesen. Daniel Hahn, Kulturverein Wannda e.V., bekannt durch Projekte wie den Bahnwärter Thiel oder die Alte Utting, stellte die Aussichtsplattform im Sendlinger Bezirksausschuss (BA 6) vor. „Es wäre toll, dem Turm eine neue Aufgabe zu geben“, erklärte Hahn in der Sitzung, „den Kamin erlebbar machen". Der BA 6 äußerte sich mehrheitlich positiv über die außergewöhnlichen Einfall und den Erhalt des stillgelegten Schornsteins. „Grundsätzlich sollte dieser Turm erhalten bleiben – als Industriedenkmal,“ so ein Tenor des BA 6. Aber auch Meinungen gegen die Erhaltung des Kamins wurden im BA 6 geäußert. Zeit sei es, dass der Kamin wegkäme, da dieser nicht besonders schön sei.
Für die SWM jedenfalls steht der Rückbau fest. Grundsätzlich seien sie kreativen Ideen gegenüber offen, die eine Zwischen- oder Nachnutzung von nicht mehr benötigten Betriebsanlagen beinhalten, so die SWM. Auf dem HKW-Gelände Süd sei solch eine Planung aus Sicherheitsgründen nicht möglich, schließlich werde der Standort noch zur Stromgewinnung genutzt: "Das Heizkraftwerk Süd ist und bleibt ein hochsensibles Betriebsgelände. Hier werden Strom und Wärme für die Münchner Bevölkerung auch in Zukunft erzeugt. Kritische Infrastruktur wie die des Heizkraftwerks und eine öffentliche Nutzung sind hier nicht kompatibel."
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