Mehr Bäume – nur wie?!
Diskussionen zur Stärkung des Baumschutzes in München
Lebensgefühl, Umwelt-, Sicht- und Lärmschutz – Bäume leisten viel, egal ob im öffentlichen Raum oder auf privatem Grund. Baumfällungen werden deshalb meistens heftig diskutiert. Die Pasinger und Obermenzinger können von großangelegten Fällungen ein Klagelied singen, denn die Umgestaltung des Pasinger Zentrums hatte einigen alten Bäumen das Leben gekostet. Als Beispiel seien die drei gewaltigen Buchen genannt, die an der Irmonherstraße der Asphaltfläche für die Buswendeschleife weichen mussten. Die Proteste der Anwohner blieben ebenso ungehört, wie die Entrüstungen über den Kahlschlag an der Nordseite der Bahn.
Jüngstes Negativbeispiel sind die Fällungen auf dem Marienplatz, „ohne dass uns ein Fällungsantrag vorgelegt wurde oder eine offizielle Baugenehmigung überhaut existiert“, kritisierte Willy Schneider, Vorsitzender des Unterausschusses Natur und Umwelt im Bezirksausschuss Pasing-Obermenzing (BA). „Wir missbilligen dieses Vorgehen aufs Schärfste, zumal die Fällung in der Vogelbrutschutzzeit vorgenommen wurden.“
Strenge Kontrolle gefordert
Demgegenüber steht die Naturdenkmalverordnung der Landeshauptstadt München (LHM), die einzelne Bäume als schützenswert anerkennt. Der BA konnte insgesamt bereits 250 Bäume des Stadtbezirks auf die Schutzliste setzen lassen, unter anderem die Linde in der Blutenburg, die Eiche südöstlich des Westbads sowie die Bäume der Alten Allee oder der Grandlstraße – um nur einige zu nennen.
Nun will der Bund Naturschutz (BN) in einem gemeinsamen Vorstoß mit den Bezirksausschüssen eine weitgreifende Baumschutzverordnung ins Leben rufen. Ein gemeinsamer Arbeitskreis mit Vertretern aus BAs und BN hatte in den vergangenen Monaten einen entsprechenden Vorschlag formuliert. „Der Anlass sind die massiven Fällungen, nämlich allein über 13.000 in den letzten sechs Jahren im Stadtgebiet“, argumentierte SPD-Fraktionsmitglied und Mitglied des Arbeitskreises, Rüdiger Schaar. „Unsere Nachforschungen haben ergeben, dass die Ersatzpflanzungen nicht in dem nötigen Maß stattfinden.“
Es sei eine Art Daseinsvorsorge für die Öffentlichkeit, Bäume zu schützen. Im Gegenteil sollten mehr Bäume als momentan existierend gepflanzt werden, zitierte Schaar aus dem Grundsatzpapier. Dafür sollten eine strenge Registrierung aller Bäume und eine Sanktionierung bei Fällung greifen. „Die bisherige lasche Handhabung der Kontrolle der Nachpflanzung ist nicht weiter hinnehmbar.“
Vorstoß geht zu weit
„Bitte abstimmen“, warb Willy Schneider (SPD). „Das Papier ist wichtig. Es hat viel Arbeit gekostet.“ Gut und richtig sei dieser Vorstoß, entgegnete Bettina Vogel (Grüne). „Allerdings haben wir das wirklich sehr umfangreiche Papier im März bekommen. Jetzt müssen wir erst einmal diskutieren, bevor wir endgültig abstimmen. Das Thema ist viel zu wichtig, als dass wir uns eine Kampfabstimmung leisten können. Wir sollten eher versuchen, für das Thema als solches in der Öffentlichkeit zu werben.“
Überhaupt verstehe sie das nicht, dass es die SPD nun so wichtig habe. „Ihr seid nicht unbedingt die absoluten Baumfreunde. Die negative Baumbilanz kommt auch durch Euch zustande“, so Vogel weiter mit Hinblick auf die Fällungen im Pasinger Zentrum und entlang der Bahnstrecke. Hier müsse man mehr Zeit und Gedanken investieren. "Sonst polarisiert das Thema noch mehr, als es das jetzt ohnehin schon tut."
Eingriffe in Privatsphäre? Bitte nicht!
Auch Klement Bezdeka (FDP) fragte: „Warum die Eile? Solch eine wichtige und politisch relevante Entscheidung kann man nicht mit der Brechstange durchbringen.“ Winfried Kaum (CSU) kritisierte: „Baumschutz ist wie Weltfrieden, dagegen kann man nicht sein. Deshalb kommt es darauf an, welche Formulierungen wir nehmen, welche Aussagen wir treffen und welche Forderungen und Vorschriften letztendlich durchgesetzt werden sollen. Der vorliegende Vorstoß greift in die Privatsphäre der Leute ein und schreibt viel zu viel vor. Das geht uns eindeutig zu weit.“
Am Ende stimmten 14 BA-Mitglieder für eine Vertagung und damit für eine vertiefende Diskussion in den Fraktionen, 13 dagegen. „Denkbar knapp“, kommentierte BA-Vorsitzender Romanus Scholz (Grüne). „Vielleicht geht der Vorstoß einen Schritt zu weit. Ich bin froh, dass wir nun noch einmal Gelegenheit zu ausführlichen Gesprächen haben. Baumschutz ist oft ein furchtbar aufgeheiztes Thema. Das muss man in Ruhe angehen."
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