"Sie müssen wissen, woran sie sind"
Handwerkskammer fordert klare Linie im Umgang mit Asylbewerbern
Vor einigen Wochen hat die Handwerkskammer von einem Fall erfahren, der die momentanen Probleme bei der Beschäftigung von Asylbewerbern ziemlich genau auf den Punkt bringt. Dabei handelt es sich um einen jungen Mann aus Afghanistan, der einen Lehrvertrag in einem oberbayerischen Handwerksbetrieb unterzeichnet hatte, die Lehre aufgrund der fehlenden Arbeitsgenehmigung jedoch nicht antreten konnte. Die Erlaubnis zu arbeiten, wurde ihm mit Verweis auf seine schlechte Bleibeperspektive verweigert.
Rechtlich gab es am Entscheid der Ausländerbehörde nichts zu beanstanden. Allerdings war der junge Mann 2016 bereits als Hilfskraft im gleichen Betrieb angestellt. Damals gab es bei der Erteilung der Arbeitsgenehmigung keinerlei Probleme. Zuletzt hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die sog. „Schutzquote“ für Afghanistan erhöht – was die Bleibeperspektive für Asylbewerber aus diesem Land verbessert. Momentan würde der junge Mann seine Arbeitsgenehmigung also vermutlich bekommen.
"Es mangelt an klarer Linie"
Dieser Fall zeigt, dass es bei der Integration von Flüchtlingen in den bayerischen Arbeitsmarkt derzeit an einer klaren Linie mangelt. Auch, dass die Ausländerbehörden von Landkreis zu Landkreis unterschiedlich über die Arbeits- und Ausbildungserlaubnis von Asylbewerbern urteilen, verunsichert unsere Betriebe. Es ist daher unbedingt erforderlich, die Richtlinien einheitlich umzusetzen. Außerdem muss das BAMF die Asylverfahren zügiger abschließen. Schließlich müssen auch die jungen Leute in den Übergangsklassen wissen, woran sie sind. Wie können sie sich in der Schule und anschließend in der Ausbildung motivieren, wenn ihre Zukunft in unserem Land völlig im Dunkeln liegt?
Betriebe brauchen "3 plus 2"
Aktuell werden rund 1.500 junge Leute aus Afghanistan, dem Irak, Syrien und anderen Ländern in bayerischen Handwerksbetrieben ausgebildet, ca. 650 davon in Oberbayern. Ich bin sicher, dass es noch deutlich mehr werden, wenn eine klare Linie herrscht, die einheitlich umgesetzt wird. Das Handwerk akzeptiert, dass der Staat seine Integrationsbemühungen auf Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive fokussieren will. Allerdings müssen sich unsere Betriebe dann auch darauf verlassen können, dass ein erteilter Bleibestatus für die drei Jahre bis zum Abschluss der Lehre sowie anschließend zwei Jahre, die dem Sammeln von Berufserfahrung dienen, auch Bestand hat. Sollte diese Planungssicherheit künftig nicht gewährleistet sein, ist zu befürchten, dass sich deutlich weniger Handwerksbetriebe auf die Ausbildung junger Asylbewerber einlassen werden.
Damit die Handwerksbetriebe wissen, worauf sie bei der Beschäftigung eines Asylbewerbers achten müssen, haben wir gemeinsam mit der Regierung von Oberbayern einen Leitfaden ausgearbeitet, den wir unseren Mitgliedern in Kürze zur Verfügung stellen werden.
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