"Lebenswerte Stadt der Zukunft"
Grün- und Freiraumflächen sind wichtige Orte in einer Stadt wie München
Wachstum in München muss gesteuert und gestaltet werden. Die Grafik zeigt die Landeshauptstadt mit ihren städtischen Verflechtungen (rot) zwischen Innerer Stadt (gelb), Äußerer Stadt (blau) und dem Stadtrand (grün). "Gewerbegebiete wie Obersendling oder die Messestadt werden interessanter," erklärt die Leiterin des Referats für Stadtplanung und Bauordnung, Prof. Elisabeth Merk. (Foto: LH München-PLAN)
„Fahren Sie gar nicht erst woanders hin, ich sage Ihnen, es geht nichts über München“, das hat einst der Schriftsteller Ernest Hemingway (1899 bis 1961) über die bayerische Landeshauptstadt gesagt. Und ja, München ist eine lebenswerte Stadt. Anfang dieses Jahres wurde die `Weltstadt mit Herz´ wieder zur Stadt mit der höchsten Lebensqualität in Deutschland gewählt. In der internationalen Rangliste liegt München mit Platz drei sehr weit vorne. Und dennoch, auch in der Landeshaupt gibt es Bereiche, die verbessert werden können.
Zu hohe Mieten beispielsweise machen es vielen Menschen unmöglich in München eine passende Wohnung zu finden. Oder auch die Sorgen der Bewohner über die Luftqualität.
Ökologische Lösungen
Damit Probleme wie diese und andere in einer Stadt wie München gelöst werden können und die Zukunft der Stadt geplant werden kann, braucht es verschiedene öffentliche aber auch private Einrichtungen und Träger, die sich einer nachhaltigen und ökologischen Stadtentwicklung widmen. Denn neben bezahlbarem Wohnungen braucht es auch Grün- und Freiraumflächen in der Stadt, die wichtige soziale, gesundheitliche und ökologische Funktionen erfüllen. Denn Städte haben zunehmend ökologische Probleme, wie Klimaerwärmung, Luftreinhaltung oder Überschwemmungen.
In München hat hierzu der Landtagsabgeordnete Florian von Brunn (SPD) verschiedene Vertreter aus Kommunen, Wohnungsbaugenossenschaften, Beratungsstellen, Umweltverbänden und Wissenschaft eingeladen, um über das Thema „Lebenswerte Stadt der Zukunft“ zu diskutieren. Der Diskussion gingen drei Expertenvorträge zu den Themen „Stress in the city – Maßnahmen für gesundes Wohnen in der Stadt“, „Klimapolitischer Rahmen in der EU und in Deutschland bis 2030“ und der Vortrag „Die Stadt der Zukunft braucht Grüne Infrastruktur und Freiraum“, voraus. Von Brunn ist Mitglied des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz sowie Mitglied des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
"Flächen temporär nutzen"
„Stress in the city – Maßnahmen für gesundes Wohnen in der Stadt“ – das war das Expertenthema der Referentin Prof. Elisabeth Merk, die das Referat für Stadtplanung und Bauordnung leitet. In ihrem Vortrag stellte die Stadtbaurätin verschiedene Konzepte der Stadtentwicklung vor. Berücksichtigt wurden hierbei u.a. Aspekte der Mobilität, der Klimaentwicklung in Städten oder der Erschließung von Grün- und Freiflächen. In einer Stadt sei es besonders wichtig, den „unmittelbaren Zugang zu Freiräumen“ sicherzustellen, so Merk. „Mit dem Freiraumkonzept können wir Flächen temporär nutzen,“ erklärt Merk, denn so könne Flächenverschwendung vermieden werden. Zudem gebe es „Orte in Stadtquartieren, wo mit relativ kleinen Änderungen viel geändert werden kann".
Das Referat stellt die Qualitäten Münchens als lebenswerten Wohn-, Arbeits- und Freizeitort sicher und plant Konzepte für die Zukunft. Ebenfalls trägt es zur Sicherung und zur Entwicklung Münchens als überregionales Wirtschaftszentrum, als Wissenschafts-, Forschungs- und Bildungsstandort sowie als Kulturzentrum europäischen Formats bei, so das Referat.
"Abkühlung Stadtklima"
„Deutschland verfehlt seine nationalen Klimaziele und das europäisch rechtsverbindliche Ziel,“ erklärt der Referent Dr. Roland Geres. Er ist Mitgründer der FutureCamp GmbH und verfügt über langjährige Erfahrungen auf dem Gebiet des Klimaschutzes. Sein Vortrag zum Expertengespräch informierte die Teilnehmer über das Thema „Klimapolitischer Rahmen in der EU und in Deutschland bis 2030".
Er betonte u.a., wie knapp gerade Grünflächen in den Städten sind. Ein besonderer Vorteil sei deswegen den Bäumen in Städten zuzuschreiben, den sie haben einen geringen Flächenbedarf und tragen vergleichsweise viel zum Mikroklima in Städten bei. Als Beispiel nannte Geres gesundheitliche Effekte auf den Menschen und die Abkühlung des Stadtklimas in Sommernächten. Geres betonte die Wichtigkeit von Stadtbegrünung, auch wenn finanzielle Interessen in den Hintergrund treten, denn finanzielle Gewinne könnten „kein Treiber für Stadtbegrünung“ sein, so Geres. Zudem seien Grünflächen in Städten wichtig, da sie zu übergeordneten Zielen beitragen, wie beispielsweise zur Biodiversität.
"Erholungsräume für Bewohner"
„Weltweit leben 60 Prozent der Menschen in Städten. Städte nehmen aber etwa nur drei Prozent der Landfläche ein,“ erklärt der Vorsitzende der Stiftung Grüne Stadt, Peter Menke, in seinem Expertenvortag zum Thema „Die Stadt der Zukunft braucht Grüne Infrastruktur und Freiraum“. Der Experte betonte, wie wichtig Pflanzen und Grünflächen in Städten sind, denn sie „filtern die Atemluft und verbessern das Stadtklima, sie senken Verkehrsstress und Lärmbelästigungen“, erklärt Menke. Darüber hinaus seien Grünflächen Treffpunkte sowie Erholungsräume für die Bewohner einer Stadt und sollen die Identifikation mit dem Wohnort erhöhen. Besonders interessant: Freiräume wirken gegen soziale Spannungen und Kleinkriminalität, denn „Gemeinschaftsflächen und Freiraum tragen zu einer höheren sozialen Kontrolle bei,“ so Menke. Ein weiterer Vorteil, der Städten die viel Grün- und Freiflächen besitzen, zunutze käme, sei der Zustrom an Touristen, die eher in attraktive Städte reisen.
Lösungsansätze für Städte müssen, so Menke, die Schaffung und der Schutz von Grünflächen sein, die zur Frisch- und Kaltluftproduktion beitragen. Ebenfalls muss in der Bebauung darauf geachtet werden, dass Luftleitbahnen offen gehalten werden. Ein besonderes Anliegen waren die Förderung von Dach- und Fassadenbegrünungen, „da es für viele Kommunen kaum andere Alternativen gibt".
"Städte motivieren grüner zu werden"
In der anschließenden Diskussion konnten die rund 30 Vertreter von Kommunen, Wohnbaugenossenschaften, Beratungsstellen, Umweltverbänden sowie Wissenschaft zu Wort kommen. Professor Stephan Pauleit vom Lehrstuhl für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung der TU München wies die Referenten und die Teilnehmer darauf hin, dass „nur etwa zehn bis 20 Prozent der Grünflächen der Stadt gehören oder von ihr verwaltet werden". Umso wichtiger sei die Frage, wie man Städte motivieren kann, grüner zu werden. Zudem „wissen Städte oft gar nicht, wie viel Grün sie haben".
Der Geschäftsführer des Vereins Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, Gerrit Poel, interessierte sich u.a. für die Bedeutung von Gewässern in der Stadt und ob es sinnvoll sei, unterirdische Stadtbäche an die Oberfläche zu verlegen, um so das Stadtklima abzukühlen. Elisabeth Merk antwortete, dass es bereits Versuche gegeben habe, unterirdische Bäche in München zu öffnen, dass das aber „in zentraler Lage nicht immer so einfach“ sei. Sie wies darauf hin, dass es oft nicht einfach sei, Projekte umzusetzen, da in Entwicklungs- und Planungsprozesse allerlei verschiedene Akteure in München eingebunden seien. Wenn Projekte zu umfangreich würden, werde es fast unmöglich, alle Vorgaben zu erfüllen. Als Beispiel sei hier der Brandschutz zu nennen. Merk erklärt weiter: „Viele gute Projekte sind gescheitert, weil man alles überall wollte.“
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