"Es nimmt den Druck von den Schülern"
MdL Michael Piazolo: Volksbegehren zur Gymnasialreform soll überfällige Diskussion weiterbringen
Bis zum Mittwoch kann man sich noch in die Listen für das Volksbegehren zum G 8 / G 9 eintragen. Die Freien Wähler und ihre Unterstützer möchten erreichen, dass auch in Bayern künftig beide Schulmodelle möglich sind: die achtjährige und die frühere neunjährige Gymnasialzeit. Viele Verbände und Gruppen rufen dazu auf, das Begehren zu unterstützen (wenn sich mindestens 10 Prozent der Stimmberechtigten eintragen, muss der Landtag entweder die Reform umsetzen oder die Bürger darüber entscheiden lassen). Auch der bayerische Lehrerverband ruft zum Mitmachen auf: Nur wenn es zum Volksentscheid komme, können die Bürger zwischen verschiedenen Lösungsvorschlägen wählen. Johannes Beetz sprach mit MdL Michael Piazolo (Freie Wähler) über das Volksbegehren.
"Wir bleiben am Ball"
Die Freien Wähler waren mit dem Volksbegehren zur Abschaffung der Studiengebühren 2013 erfolgreich. Wie siegessicher sind Sie diesmal?
Michael Piazolo: Unser Volksbegehren zur Wahlfreiheit zwischen G9 und G8 in Bayern ist in den ersten Tagen der Eintragungsfrist noch recht zäh angelaufen. Ich bin mir jedoch sicher, und das hat die Erfahrung beim Volksbegehren gegen die Studiengebühren gezeigt, dass es gegen Ende der Eintragungsfrist nochmals einen Schub geben wird. Darüber hinaus werden wir Freien Wähler und auch ich persönlich weiterhin aktiv um jede Unterschrift werben. Wir wissen, dass wir, unabhängig vom Ausgang des Volksbegehrens, mit unserer Initiative eine längst überfällige Diskussion zur Bildungspolitik in Bayern angestoßen haben. Und wir werden hier auch in Zukunft, zum Wohle unserer Kinder, am Ball bleiben.
Andere haben es vorgemacht
Von einer einheitlichen Gymnasialzeit sind wir weit entfernt: Ostdeutsche Länder haben nach der Wende G 9 eingeführt, westdeutsche sind stattdessen seit 2003 auf G 8 umgeschwenkt - und kehren nun zum vorigen System zurück. Sie wollen, dass in Bayern künftig G 8 und G 9 parallel möglich sind. Warum visiert man nicht eine einheitliche, klare Regelung an: gleiche Schulzeit für alle?
Michael Piazolo: Dadurch, dass Bildungspolitik Ländersache ist, ist eine einheitliche Regelung mit den vielen verschiedenen Gegebenheiten, Interessen und Bedürfnissen vor Ort, die es zu berücksichtigen gilt, schwierig umzusetzen. Als Freie Wähler Bayern wollen wir zuerst eine vernünftige Schulpolitik für unsere Kinder hier in Bayern. Manche Schüler kommen mit dem G8 zurecht, viele fühlen sich im G9 besser aufgehoben, deswegen wollen wir ihnen durch das Volksbegehren wieder die Möglichkeit auf ein G9 einräumen. Es nimmt den Druck von den Schülern, so dass sie mehr Zeit zum Lernen und mehr Zeit zum Leben haben. Andere Bundesländer, wie z.B. Hessen und Baden-Württemberg, und in absehbarer Zeit auch Niedersachsen haben es uns schon erfolgreich vorgemacht.
Entscheidungen nicht "von oben"
Sie wollen nicht die Rückkehr zu G 9, sondern eine Weiterentwicklung mit mehr individueller Förderung etc. Das sollten auch die Ganztagsangebote an den Schulen leisten - und scheitern an Unterrichtsausfällen und Personalmangel. Wie wollen Sie sicherstellen, dass die "Weiterentwicklung" diesmal gelingt und den Schülern wirklich etwas bringt?
Michael Piazolo: Wir Freien Wähler wollen gemeinsam mit den Bürgern das Schulsystem in Bayern verbessern und zunächst in einem ersten wichtigen Schritt unser bayerisches Gymnasium für die Zukunft gestalten.
Damit dies gelingen kann und die Schulfamilie nicht wieder von Entscheidungen „von oben“ überrascht wird, brauchen wir die Unterstützung und das wachsame Auge der Bürger. Aus diesem Grund haben wir das Volksbegehren initiiert. Das Volksbegehren ist der Anstoß für alle gewesen, sich am Dialog zur Weiterentwicklung des Gymnasiums zu beteiligen.
Hierbei stellt das Volksbegehren nur das Grundgerüst dar. Inhaltlich wird der derzeit laufende Dialog aller Akteure dazu beitragen, ein gemeinsam entwickeltes und von einer breiten gesellschaftlichen Mehrheit getragenes, zukunftsfähiges Modell zu finden. Am Ende soll das beste Konzept umgesetzt werden. Den Personalmangel an bayerischen Schulen sehen wir sehr kritisch und setzen uns dafür ein, dass weitere Mittel für die Ausbildung der bayerischen Lehrer zur Verfügung gestellt und mehr Lehrerstellen geschaffen werden.
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