"Das Durcheinander ist ein Trauerspiel"
Zu unserem Sommergespräch "Verscherbeln wir unser Tafelsilber" äußeret sich Ute K. Fleischmann in einem Leserbrief ("Am Ende zahlt der Bürger" im Sendlinger Anzeiger / Werbe-Spiegel vom 21. August). Josef Finkl unterstützt ihre Argumentation:
"Unsere Politiker können aus diesem Leserbrief wichtige Aussagen und Erkenntnisse für die nächste Wahlperiode gewinnen. Die Auswirkungen der Privatisierung im Telefonbereich kann jeder Bürger miterleben. Als vor der Privatisierung die Deutsche Bundespost noch das Privileg der Fernmeldehoheit besaß, konnte man bei gestörter Telefonverbindung rund um die Uhr kostenfrei eine Störungsmeldung bei einer klar definierten Stelle abgeben und es wurde sofort, d.h. auch nachts, ein kurzer Test der Telefonleitung durchgeführt und weitere Maßnahmen veranlasst. Heutzutage muss man erst in einer langen Prozedur herausfinden, an welche Stelle man sich wenden kann, um eine Störungsmeldung absetzen zu können. Dann kann es passieren, dass man gesagt bekommt: 'Wir sind für diesen Fall nicht zuständig!' Wenn man Glück hat, bekommt man eine Telefonnummer genannt, an die man sich wenden kann. Es kann sein, dass man aber von dort wieder weiter verwiesen wird. Dieses Spiel kann sich sogar mehrmals wiederholen.
Früher wurden Telefonstörungen in der Regel in ein bis zwei Tagen behoben. Heutzutage kann es Wochen dauern, bis eine Störung behoben ist. Vor der Privatisierung konnte der Fernmeldebereich der Deutschen Bundespost jährlich mehrstellige Millionenbeträge an Gewinn an die Staatskasse abführen. Damals war der technische Stand des deutschen Telefonbereiches wesentlich besser als z.B. in den USA. Während in den USA in der Regel Telefonverbindungen gestöpselt wurden, gab es in den meisten deutschen Regionen bereits vollautomatisierte Telefonwahl-Ämter. Münzfernsprecher mit Münzkontrolleinrichtungen konnten mit den gängigen Münzen betrieben werden, während sich in den USA immer zuerst eine Vermittlungsperson einschaltete und die Aufforderung gab, eine bestimmte Münze auf eine Unterlage fallen zu lassen. Aus dem Klang der Münze konnte die Vermittlungsperson hören, ob es die richtige Münze war. Die Bedienfreundlichkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit des deutschen Telefonnetzes war vor der Privatisierung weltweit führend. Heute, nach der Privatisierung ist das Durcheinander im Telefonbereich ein Trauerspiel und bei Notrufen kann es sogar tödlich sein. Ich kann nur hoffen, dass unsere Politiker aus der Vergangenheit lernen und nicht wegen kurzfristiger Vorteile langfristige Nachteile riskieren und Wesentliches verloren gehen lassen."
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