"Da bin ich Mensch"
Im Ehrenamt lebt AWO-Vorsitzender Helmut Schuh seinen Gerechtigkeitssinn
„Ungerechtigkeiten“, sagt Helmut Schuh, „kann ich einfach nicht leiden.“ Als Vorsitzender der ortsansässigen Arbeiterwohlfahrt bemüht er sich deshalb um die Belange benachteiligter Menschen. Doch schon viel früher, als Student nämlich, setzte sich der gebürtige Mittelfranke für Menschen ein, die Hilfe benötigen. Besonders im Gedächtnis geblieben ist ihm die Geschichte einer jungen Frau, der er seine Unterstützung anbot. Der 22-jährige Helmut Schuh lebte damals als Student der Wirtschafts- und Betriebstechnik in Saarbrücken. Eines Abends hörte er seltsame Geräusche vor der Wohnungstür. Als er aus dem Fenster blickte, sah er eine junge Frau auf der Straße liegen. Nach einem Streit mit ihrem Freund hatte dieser sie aus dem Auto geworfen und am Straßenrand abgesetzt. Ohne zu zögern bot Helmut Schuh dem verzweifeltem Mädchen seine Hilfe an, tröstete sie, hörte ihr zu. Das war vor knapp 50 Jahren, an seiner Einstellung hat sich seither jedoch nichts geändert. Im Amt des Vorsitzenden der Arbeiterwohlfahrt Ortsgruppe Karlsfeld engagiert sich der 69-jährige Rentner seit einem Jahr für die Belange von Menschen ohne Perspektive, ohne Rückhalt, ohne Unterstützer.
Ereignisreiche Kindheit
Einfach, das hat es Helmut Schuh wohl im eigenen Leben auch nicht immer gehabt. Als Sohn eines Braumeisters wird er im September 1946 im mittelfränkischen Georgensgmünd geboren. Als er drei Jahre alt ist, siedelt sich die Familie im damals teilsouveränen Saarland an. Nicht nur sprachlich muss sich Helmut Schuh der neuen Heimat anpassen. Auch die Linkshändigkeit wird dem Schüler schnell aberzogen. "Das sieht man noch heute an meiner Schrift", meint er lachend. "Die sieht aus, als würde ein Huhn übers Papier laufen."
Karlsfelder durch und durch
Die soziale Ader schlägt schon damals in ihm. Mit dem Umzug nach Karlsfeld 1973 beginnt Helmut Schuh dann, sich auch politisch zu engagieren. 1980 tritt er der Karlsfelder SPD bei, besetzt in der Ortsgruppe die Ämter des Kassiers und Schriftführers und ist zudem im Kreisrat aktiv. Er heiratet, bekommt Kinder, wird Vollblutkarlsfelder, wie er sagt. 2011, kurz vor seiner geplanten Pensionierung, tritt Helmut Schuh dann der AWO bei und übernimmt im September 2014 schließlich das Amt des Vorsitzenden, ein Halbtagsjob, sagt er.
"Bin ein Getriebener"
Die andere Tageshälfe arbeitet er bis August diesen Jahres in seiner ehemaligen Firma, die ihn nach elf Monaten Rentendasein zurück in den Job ruft. Aber Müßiggang, so scheint es, wäre für Helmut Schuh ohnehin nicht das richtige. „Ich fühle mich wie ein Getriebener“, sagt er von sich selbst. Eine Lebenseinstellung, die ihn auch für den Vorsitz der AWO motiviert. Getreu dem Leitspruch wer rastet, der rostet, ist Helmut Schuh dort für allerhand bürokratische Aufgaben zuständig. Und mehr noch: Gemeinsam mit den rund 160 Mitgliedern der Ortsgruppe organisiert Schuh Sach- und Geldspenden für Bedürftige und vermittelt Hilfesuchenden wichtige Kontakte. „Ich wollte ein Amt, in dem ich etwas leisten und anpacken, und mich nicht nur verbal sondern auch praktisch betätigen kann.“ Sein großes Ziel ist es, eine AWO Jugendgruppe ins Leben zu rufen. Keine leichte Aufgabe, das weiß Helmult Schuh sehr wohl. Doch Steine im Weg, so scheint es, spornen den Karlsfelder nur noch mehr an.
Glückliches Ende
Mindestens drei Jahre hat er noch, um den Traum von der Nachwuchsgruppe umzusetzen. Und sogar mit einer zweiten Amtszeit liebäugelt der lebensfrohe Rentner. Im Ehrenamt, sagt er, „da bin ich Mensch. Ich bin für mein Leben dankbar und diese Dankbarkeit will ich weitergeben.“ Eben so, wie er es schon vor 50 Jahren tat, als er der jungen Frau auf der Straße zur Seite stand. Die Geschichte hatte freilich ein glückliches Ende, erinnert sich Helmut Schuh: "Irgendwann kam ihr Freund zurück. Den habe ich dann aber richtig zusammengelassen."
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