Wer war Luther?
Dekanatsreihe beschäftigte sich mit dem Reformator
War "Luther ein radikaler Katholik"? Die diesjährige Dekanatsreihe suchte Antworten auf die im Motto steckende Frage.
„Es ging nicht um einen sittlichen Verfall in Rom, sondern um eine Glaubensfrage!“, stellte Prof. em. Peter Neuner zu Beginn der Forstenrieder Dekanatsreihe „Luther – ein radikaler Katholik?“ fest. Er fragte: „Was wollte er wirklich?“, denn der Ablasshandel mit dem Geld war nur der äußere Anlass für eine heftige kirchliche Auseinandersetzung, die dann zur Spaltung führte. Luther wollte das gar nicht, er wollte reformieren. „Es ging ihm darum, das Evangelium zu verkünden.“ Darum galt die Kritik Luthers der Institution des Papsttums, nicht dem Lebenswandel. „So ist Luther absichtslos zum Reformator geworden.“
Den Thesenanschlag an die Tür gab es nicht, sind sich Kirchenhistoriker einig. Zu der großen Verbreitung seiner Thesen half der gerade entstandene Buchdruck. Das war wie das Internet heute: Die Fake "News" waren damals die gegenseitigen Verketzerungen, die die beiden Konfessionen mit der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigung 1999 zu einem versöhnlichen Abschluss gebracht haben: „Gott ist barmherzig und rechtfertigt uns so. Wir Menschen müssen das Heil nicht schaffen.“ Das kann heute viele vom dem Selbstoptimierungs-Wahn entlasten.
Gemeinsames Bekennen
„Rom pflegte einen guten Kontakt zu Friedrich dem Weisen, der Luther schützte. Darum verhielt sich Rom zurückhaltend beim Prozess gegen Luther“, so die überraschende Information des Kirchenhistorikers Dr. Stephan Mokry am zweiten Abend. Dieser Friedrich, ein großer Diplomat, hatte selbst eine große Reliquiensammlung, zu der die Leute kommen sollten. Darum unterstützte er Luther im Kampf gegen den Ablasshandel. Dazu müssen neben dem Buchdruck die Bildungsoffensive der Humanisten, die Bilder des Lukas Cranach und die politische Situation gesehen werden: Einerseits beginnt mit den neuen Seewegen eine Weltwirtschaft, andrerseits standen die Türken 1529 vor Wien. Der Kaiser war unter Druck und brauchte die Hilfe der Fürsten.
„Mein evangelischer Blick: der Luther in mir!“, so begann der evangelische Dekan Christoph Grötzner beim dritten Teil der Dekanatsreihe. Bruder Martinus kennt er von Kindesbeinen an. Im katholischen Schwaben musste er dann als Schüler erfahren, dass er ein „Schiach-Gläubiger“ sei, erlebte 1973 mit großer Freude das erste ökumenische Osterfeuer und im Jahr 2017, dass die Christen gemeinsam ein Christusfest feiern: „Wir bekennen denselben Gott.“
Schattenseiten und Triebkraft
Dekan Grötzner sprach auch die Schattenseiten Luthers an, auch seine Gewissensfrage, “sich selbst irren zu können wie Papst und Konzilien“. Sie ist ihm Anstoß, auf seine Schattenseiten zu sehen. Faszinierend ist für ihn das „Solus Christus“ mit der alten Frage: „Was den Christum treibet?“ Heute: „Was würde denn Jesus dazu sagen?“ Dieser Blick auf Jesus, den Mann von Nazareth, ließ Grötzner Theologie studieren - und kürzlich nach Malta eine Woche Dienst tun als Betreuer für die jungen Helfer der Flüchtlingsboote im Mittelmeer.
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