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Rubrik: Gesamt · Stadtteil: München
Bewegender Liederabend
Musikalische Geschichtsreise mit "Simas jiddischen Liedern" in der Blutenburg-Realschule
Mit einem sehr berührenden Konzert führten Sänger Yoed Sorek aus Jerusalem und Akkordeonspieler Konstantin Ischenko aus St. Petersburg die Neuntklässler, ihre Eltern, Lehrer und Freunde in die Welt der Juden aus Vilnius im Zweiten Weltkrieg. Gespielt wurden Lieder, die Soreks Großmutter Sima Skurkovitz schrieb und vertonte. „Sie war 1941 ein 15j-ähriges Mädchen. Dann brach der Krieg über sie herein, die Mehrzahl der Familienmitglieder wurde getötet, sie überlebte im KZ, wanderte nach Jerusalem aus und schrieb diese Lieder als Erinnerung“, erzählte der 36-Jährige.
Seit zehn Jahren ist Sorek bereits in Europa. Gemeinsam mit Akkordeonspieler Ischenko tritt er im Rahmen des Förderprogramms „Musik schafft Heimat“ der Bayerischen Philharmonie e.V. auf. Der Verein sorgt für Auftrittsmöglichkeiten junger Musiker, für deren weitere Förderung und sponsert Konzerte wie das in der Realschule an der Blutenburg.
Ein Zeichen für Verbundenheit
Barbara Heinze aus dem Elternbeirat vermittelte den Kontakt und Fachschaftsleiterin für Geschichte an der Realschule, Anja Schimanek, griff die Initiative sofort auf. „Wir veranstalten das Konzert im Rahmen des Geschichtsunterrichts zum Thema „Nationalsozialismus – Holocaust“ in der 9.Klasse. Wir möchten mit diesem Konzert ein Zeichen setzen in diesen unruhigen Zeiten“, begrüßte sie das Konzertpublikum in der Turnhalle der Realschule, „ein Zeichen für Dialog und Verbundenheit.“
Die Verbindung der anwesenden Neuntklässlern mit dem damals 15-jährigen Mädchen war schnell hergestellt, denn in den ersten Liedern war von Schule, erster Liebe und Familie die Rede. Dazwischen schob Sorek viele Erklärungen zur jiddischen Sprache und den jüdischen Familiengepflogenheiten. Die Lieder ergänzte Sorek mit den geschriebenen Lebenserinnerungen der Großmutter. Nach den Schilderungen des Lebens im damaligen Vilnius war auch die Rede vom Ghetto, von der Verschleppung des Vaters und Bruders und von ihren eigenen furchtbaren Erfahrungen während KZ- und Arbeitslager.
„Meine Großmutter hat alles verloren: ihre Familie, ihr Zuhause, ihre Freunde, ihre erste Liebe – doch ihre Liebe zur Musik konnte ihr keiner nehmen“, so Sorek. 80 Minuten lang hörte das Publikum gebannt zu, danach hatten die Schüler die Möglichkeit für Fragen und Gespräche. Anja Schimanek am Schluss: „Das Konzert ist ein würdiger und sehr anschaulicher Abschluss des Themas „Nationalsozialismus – Holocaust“. Wir sind dankbar, dass uns die Bayerische Philharmonie diesen Abend ermöglicht hat.“
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