Radeln, rasen, parken
Verkehrsthemen im Mittelpunkt der Bürgerversammlung
Kein Pfarrheim und keine Turnhalle war der Veranstaltungsort der Bürgerversammlung des Stadtbezirks 8 Schwanthalerhöhe, sondern der Saal eines bayerischen Wirtshauses. Zum ersten Mal überhaupt in München, wie die Versammlungsleiterin, Stadträtin Evelyne Menges, erklärte. In benachbarten Stadtteilen mussten jüngst Bürgerversammlungen wiederholt werden, weil beim ersten Mal nicht alle Interessierten im Saal Platz fanden. Um dem vorzubeugen, buchte man den größten verfügbaren Versammlungsort, dessen 280 bestuhlte Plätze sich auch füllten.
Die von Menges mit einem Augenzwinkern geäußerte Sorge, die Zusammenkunft könne zu einem überdimensionierten Stammtisch ausarten, war völlig unbegründet. Es schien so, als hätten alle Bürger, die sich zu Wort meldeten, am vorbereitenden Workshop der Initiative "Mein Westend" teilgenommen (der Westend-Anzeiger berichtete): Die Beiträge waren ausnahmslos klar verständlich und geradezu druckreif formuliert. Kein einziger Redner musste überhaupt an die Redezeitbegrenzung von fünf Minuten erinnert werden.
"Zufriedene Bürger"
Inhaltlich drehte es sich häufig um das Unterwegs sein: Stadtteilbewohner wünschten sich Verbesserungen beim Radeln und U-Bahn fahren für sich selbst. Autofahrer von auswärts möchten sie aus dem Viertel heraushalten. Und dann kam noch eine Idee gegen den Durst unterwegs: Ein Bürger beantragte einen Trinkwasserspender auf dem Georg-Freundorfer-Platz und erntete damit mehrheitliche Zustimmung. "Wir haben zufriedene Bürger", resümierte Sibylle Stöhr, die Vorsitzende des Bezirksausschusses, am Ende des für eine Bürgerversammlung recht kurzen Abends. "Wir haben hier ein sehr gutes Miteinander und können miteinander reden, um Probleme zu lösen."
Forum Schwanthalerhöhe
Wie das Leben mit dem neuen Einkaufszentrum wird, das im alten XXXLutz-Gebäude entsteht und auf den Namen Forum Schwanthalerhöhe hören wird, war Gegenstand von zwei Wortmeldungen. Eine Bürgerin schlug dafür ein modernes Mobilitätskonzept vor, wie es für das neue Quartier Domagkpark entwickelt wird: mit Carsharing-Angebot, vielen Fahrradstellplätzen, Leihrädern, auch Lastenfahrrädern. Für die Benutzung der U-Bahn soll geworben, die Autos mit hohen Parkgebühren abgeschreckt werden. Außerdem beantragte die Rednerin, die Investoren zu einer Begrünung von Dach und Fassade zu verpflichten. Ein weiterer Anwohner des künftigen Einkaufszentrums forderte, dass die Tiefgaragenzufahrt über den Bavariaring erfolgt: "Für rund 1000 Anwohner der Schwanthalerstraße, der Schießstättstraße und der Gollierstraße bedeutet es eine erhebliche Beeinträchtigung, wenn die Kunden erst ins Viertel reinfahren müssen, um in die Tiefgarage zu kommen." Alle drei Anträge wurden mehrheitlich unterstützt.
Radweg in die Innenstadt
Dass man als Radfahrer im Münchner Stadtverkehr regelmäßig um sein Leben bangt, schlug sich in mehreren Anträgen nieder. Seit Jahren wird eine schlüssige Radwegverbindung vom Westend in die Innenstadt gefordert, zum Beispiel durch die Schwanthalerstraße. Sowohl der Bezirksausschuss als auch Stadtratsfraktionen haben dazu immer wieder Anträge gestellt. Auch der Redner bei der Bürgerversammlung berichtete, er habe denselben Antrag schon vor sechs oder sieben Jahren gestellt und lediglich ein "sehr lapidares" Antwortschreiben aus der Verwaltung erhalten. Sein neuerlicher Antrag wurde mehrheitlich unterstützt.
Sehr konkret schlug eine Bürgerin vor, die Verbindung für Radfahrer zwischen Grasserstraße und Holzapfelstraße zu verbessern. Auf dem neuen Radweg an der Landsberger Straße soll eine Linksabbiegerspur Richtung Grasserstraße markiert werden. In der Gegenrichtung soll auf der Grasserstraße ein Feld für wartende Radler markiert werden, die nach rechts abbiegen wollen. "Das ist gut! Wenn der Platz da ist, dann machen wir das", antwortete der Vertreter des Kreisverwaltungsreferats.
Viele Autofahrer hätten gar nicht begriffen, was eine Fahrradstraße überhaupt bedeutet, klagte ein Bürger und meinte damit den Abschnitt der Gollierstraße zwischen Bergmann- und Schießstättstraße. Eigentlich müssten hier nämlich Kraftfahrer den Radfahrern Vorrang gewähren. Der Antrag auf Prüfung, welche Kontroll-, Kennzeichnungs- oder Baumaßnahmen hier sinnvoll sind, wurde mit Mehrheit angenommen.
Angst vor Autos
Angst vor Autos haben auch Anwohner der Bergmannstraße zwischen Kazmair- und Anglerstraße. Tempo 30 werde hier nicht eingehalten, deshalb sei es für Radfahrer und auch für Fußgänger gefährlich. Auch viele "Post-Parker" in zweiter Reihe behindern die Sicht beim Überqueren der Fahrbahn, führte die Frau aus. Auch ihr Antrag, die Verkehrssituation dort zu beruhigen, fand die Zustimmung der Versammlung. Ein weiterer angenommener Antrag auf Verkehrsberuhigung betraf die Tulbeck- und Bergmannstraße, wo der Schleichverkehr vom Ring mit extrem hoher Geschwindigkeit Kinder gefährde.
Anwohner des Wohngebiets Hans-Fischer-Straße beantragten die Einführung eines Parklizenzgebiets. Wie sie schon bei einer Bezirksausschusssitzung ausgeführt hatten, gebe es hier regelrechte Wettrennen um Parkplätze. Durch unverantwortliche Wende- und Überholmanöver seien Kinder und sogar Erwachsene gefährdet. Auch diesen Antrag unterstützte die Mehrheit der anwesenden Stadtviertelbewohner.
U-Bahn
Durch zwei Maßnahmen wollte eine Antragstellerin die Situation der U-Bahn-Fahrgäste verbessern: Nach einer Störung solle doch die erste U-Bahn ohne Zwischenhalte durchfahren. Die Vertreterin der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) hielt dem jedoch entgegen, dass ja immer Fahrgäste an Bord seien, die zwischendurch aussteigen wollen. Auch bringe das kaum Zeitersparnis, weil eine U-Bahn bei überfüllten Bahnsteigen nur langsam durchfahren könne. Der zweite Vorschlag der Bürgerin, eine U-Bahn-Ringlinie nach Vorbild der Londoner "Circle Line" zu bauen, wurde von der Bürgerversammlung abgelehnt, nachdem die MVG-Vertreterin die Kosten für einen Kilometer U-Bahn-Neubau genannt hatte: 100 Millionen Euro.
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