"Es gibt tausend hilfreiche Kleinigkeiten"
Schützen wir unsere Umwelt inzwischen gut genug?
Umweltschutz und die Sorge um eine gesunde, unbelastete Natur mit der Artenvielfalt wurden spätestens in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts Teil der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. 1971 gründete sich Greenpeace als weltweit agierende Non-Profit-Organisation. In die damalige Zeit fiel auch die Gründung der Grünen-Partei in Deutschland. Inzwischen ist die Partei etabliert, Umweltschutz gehört zum politischen Programm fast aller Gruppierungen. Die Umwelt ist deshalb noch lange nicht gesund, massenhaft Plastikmüll verpestet die Meere, der Regenwald wird kleiner und viele Arten sterben aus. Haben die Alten versagt? Haben die Mittleren ihre eigenen Ansätze für ein bisschen Wohlstand verraten? Müssen die Jungen für die Lebensweise ihrer Eltern und Großeltern büßen?
„Ich traue der Jugend weit mehr über den Weg!“
Die alte Generation: Hans-Joachim Stumpf, pensionierter Gymnasiallehrer, 66 J.:
In meiner Kindheit und Jugend spielte Umweltschutz keine nennenswerte Rolle im gesellschaftlichen Miteinander. Da kam es nur darauf an, schnell ein eigenes Auto zu haben. Rückblickend würde ich diese Zeit als durch gedankenlose Technikgläubigkeit geprägt bezeichnen. Erst in den 70er Jahren fand Umweltschutz mit dem Waldsterben durch die Schwefeldioxidbelastung der Luft oder mit der Endlagerproblematik beim Atommüll Eingang in die öffentlichen Diskussionen. Und die Bäume haben damals wirklich fürchterlich ausgesehen! Ich kann mich noch an die wirklich sehr harten politischen Auseinandersetzungen erinnern.
Umweltschutz war dann auch gleich eins meiner ersten Arbeitsfelder an der Schule als junger Gymnasiallehrer. Es war mir ein Grundanliegen, den Umweltgedanken weiterzuspinnen und weiterzutragen, und zwar zunächst vor allem aus wissenschaftlicher Sicht als Physiklehrer. Die Jugend war schnell zu begeistern für regenerative Energiequellen und später für Nachhaltigkeit und Ernährungsproblematiken in der Welt. Mit „Stumpfs Umweltgruppe“ haben wir Vorträge und Ausstellungen organisiert. Und wir haben den Weiher an der Südseite des Gymnasiums angelegt. Ganz erfolgreich waren auch die Energietechnikseminare, mit denen wir auch gemeindeweite Projekte verfolgen konnten.
Es ist schon immer viel über die Jugend gelaufen. Die Jugend ist einfach weiter. Ihr merkt man an, dass sie aktiv die Zukunft gestalten will und wird. Ich bemerke in der Jugend ein großes Bewusstsein darüber, dass man sich gemeinsam Gedanken um die Welt und die Zukunft macht. Das ist toll. Ich traue der Jugend weit mehr über den Weg.
„Man muss die Leute wachrütteln“
Die mittlere Generation: Christiane Lüst, Gründerin und Betreiber des Umweltzentrums Öko & Fair in Gauting, 50 J.:
Christiane Lüst steht in Gauting und im Landkreis Starnberg für gelebten Umweltaktivismus schlechthin. Sie hat nicht nur vor zehn Jahren das Umweltzentrum Öko & Fair in der Gautinger Berengariastraße gegründet, sondern ist Ideengeber und Motor für solche nachhaltigen Projekte, wie Fairtrade in der Gemeinde Gauting, den Bio-Hofladen, die solidarische Imkerei oder das Repair-Café, nicht zu vergessen ihr politisches Engagement auf lokaler und internationaler Ebene. Denn auch im Monsanto-Tribunal ist sie vertreten. Eine der jüngsten Initiativen ist die Gemeinwohlinitiative für Unternehmer im Starnberger Raum. „Wir haben dabei die Nachhaltigkeit im Blick und möchten viele Menschen einbinden, sich an wirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Arbeitsvorgängen gemeinsam zu beteiligen und die Arbeitsergebnisse auszutauschen“, meint die 50-jährige studierte Sozialpädagogin dazu.
Für die Umwelt und ihre nachhaltige Gesunderhaltung interessiert sie sich, seit sie 13 Jahre alt war. Damals hat sie einen Film über das weiße Volk gesehen und sich gesagt, dass man die Menschen wachrütteln müsse, um die gravierenden Umweltprobleme wahrzunehmen. Dafür gründete sie auch das Umweltzentrum. Sie versucht zu vernetzen, für die ihr wichtigen Umweltthemen zu sensibilisieren und einfach auch eine Plattform für Gespräche und für Sorgen und Ängste zu bieten.
"Im Moment sorge mich am meisten um die Verbreitung von Genfutter", erklärt sie. "Flächendeckend eingesetzt wird Genfutter unsere Nachwelt schnell kaputtmachen. Ein partieller Einsatz ist ebenfalls völlig indiskutabel. Leider sind schon jetzt viel zu viele Bodenflächen und Pflanzen kontaminiert. Das ist furchtbar. Man muss die Leute auch hier wachrütteln, um gegen Gen manipulierte Pflanzen zu protestieren. Die Auswirkungen treffen die Bienen, alle Pflanzen, Tiere, unsere Ernährung. Und der Prozess ist einfach nicht umkehrbar! Einmal in der Welt, kann man die Gen manipulierten Pflanzen nicht zurückrufen. Unsere Welt wäre zerstört. Soweit darf es nicht kommen!“
"Es ist nicht fünf, aber zehn vor zwölf"
Die junge Generation: Linda Oppermann, Studentin, 22 J.:
Umweltschutz ist mir ein ganz wichtiges Anliegen. Damit beschäftige ich mich schon seit einigen Jahren. Ich kann nicht sagen, dass mich speziell ein Ereignis geprägt hätte. Es ist vielmehr die Summe der Dinge: die Initiativen für Umwelt und Nachhaltigkeit, die ich in unmittelbarer Nähe mitbekommen habe, auch viele Greenpeace-Aktionen haben mich beeindruckt. Und am Elsa-Brändström-Gymnasium, das ich acht Jahre lang bis zum Abitur besucht habe, war Umweltschutz ebenfalls ein präsentes Thema.
Es geht nicht mehr und nicht weniger als um unsere Welt, in der wir alle leben. Da verstehe ich nicht, dass man sich keine Gedanken um ihre Erhaltung und um das weitere gute und gesunde Fortbestehen der Welt machen kann. Große Aktionen sind natürlich auch wichtig, aber jeder sollte bei sich anfangen. Mal nicht alles gleich wegschmeißen, was nicht mehr gefällt, Müll trennen, lieber zu Fuß gehen als das Auto zu nehmen – ach, es gibt tausend Kleinigkeiten am Tag, die hilfreich sind. Ich persönlich fahre deshalb ganz bewusst nicht Auto, das braucht es in einer Stadt wie München auch überhaupt nicht. Einer Initiative oder einem Verein, der sich Umweltschutz besonders vornimmt, gehöre ich zwar nicht an. Das geht leider zeitlich im Moment gar nicht, ich studiere und habe drei Nebenjobs.
Aber ich stelle fest, dass in solchen Initiativen und Gremien ein Generationswechsel stattfindet. Das finde ich total gut. Es muss sich einfach viel an Struktur und Rahmenbedingungen ändern, damit der Umweltschutz eine reelle Chance hat. Frühere Generationen haben sicherlich viel erreicht und den Umweltschutz in die große Politik geholt. Aber seitdem ist einfach nichts Essentielles geschehen. Vielleicht ist es nicht fünf vor zwölf, aber zehn vor zwölf ist es sicherlich schon. Es wird wirklich Zeit, dass wir alle tätig werden.
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