"Wir brauchen die Besten"
Flexibles Lehrerbildungsmodell begeistert nicht alle
Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) will Schluss machen mit dem Reformstau in der Lehrerbildung. Präsidentin Simone Fleischmann hat das "Flexible Lehrerbildungsmodell" des Verbands vorgestellt. "Die Anforderungen an Schulen haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert und werden sich weiter ändern. Deshalb muss sich auch die Ausbildung der Lehrer ändern", erklärt Fleischmann. Die Reform sei überfällig, der BLLV präsentiere jetzt ein Programm mit sinnvollen Inhalten: qualitätsvoll und flexibel.
"Verschlafen die Zukunft unserer Kinder"
Lehrer sollen an unterschiedlichen Schularten eingesetzt werden können. Inhaltliche Herausforderungen wurden in den Blick genommen: Berufseignung junger Studenten, mangelnder Berufsfeldbezug, die Frage der Kompatibilität von Staatsexamen und Master, Auswirkungen von Digitalisierung und Inklusion auf die Ausbildung. "In regelmäßigen Abständen fehlen an einigen Schularten Lehrkräfte massiv, so dass Unterricht in großem Umfang ausfällt", sagt Fleischmann. Gleichzeitig gebe es an anderer Stelle einen Überhang an Lehrern. "Eine grundlegende Reform ist erforderlich, wir verschlafen sonst die Zukunft unserer Kinder."
Geht es nach dem BLLV, erfolgt die Studieneinschreibung künftig über Fächer. Die ersten drei Semester dienen der Orientierung. Das gesamte Studium beinhaltet Profilbildung, dadurch wird es möglich, sich für Herausforderungen wie Inklusion, Integration und Digitalisierung zu qualifizieren. Die Profilbildung berücksichtigt außerdem Spezifika weiterführender Schulen. Das Studium wird als Bildungs- und Entwicklungsprozess verstanden. Praktika kommt eine Schlüsselfunktion zu. Zudem werden international vergleichbare Abschlüsse garantiert: Der Student beendet seine Ausbildung mit dem Master. Fleischmann: "Denn: Der Lehrer ist 'Meister' auf seinem Gebiet und wir brauchen die Besten." In allen Punkten seien wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt worden. "Im Kern geht es darum, Entwicklungsprozesse der Studierenden zu optimieren und das Studium so zu gestalten, dass es den Anforderungen der schulischen Realität entspricht."
"Lehrplan ist nicht vergleichbar"
Der BLLV ist überzeugt vom neuen Plan, aber nicht alle Kollegen möchten sich anschließen. Kritik kommt vom Bayerischen Realschullehrerverband (brlv). Vorsitzender Jürgen Böhm: "So unterschiedlich wie unsere Kinder sind, so unterschiedlich müssen die einzelnen Schularten auch reagieren und so unterschiedlich müssen Lehrkräfte ausgebildet sein." Das BLLV Konzept setze zu sehr auf das Prinzip "für alle das Gleiche" und verkenne, dass jede Schulart ein eigenes Profil habe. "Unser Lehrplan ist nicht vergleichbar mit dem anderer Schularten und das muss bereits im Studium sichtbar werden." Die Realschule habe als mittlere Säule zwischen Mittelschule und Gymnasium klaren Bildungsauftrag und eindeutiges Profil. "Jede Schulart muss Individualität, Interessen und Leistungsfähigkeit der jungen Menschen im Blick haben und eigene inhaltliche, didaktische und pädagogische Schwerpunkte setzen." Würden den Studenten in Zukunft im "verwässerten und entleerten" Studium nicht mehr die Grundlagen der Schularten vermittelt, "dann werden auch die erfolgreichen Karrierewege der Schüler in Frage gestellt."
Nicht mit Gewalt neu erfinden
Ähnlich sieht das die Katholische Erziehergemeinschaft in Bayern (KEG): Jüngste Bildungsstudien zeigten, dass das differenzierte Schulsystem äußerst erfolgreich ist. Die KEG: "Eine Grundschullehrkraft benötigt nicht das tiefgründige, fachspezifische Wissen einer Fachlehrkraft am Gymnasium. Umgekehrt werden Lehrkräfte des Gymnasiums eher wenig mit den Methoden und der Didaktik einer Grundschullehrkraft zur Alphabetisierung anfangen können." Das Studium in Bayern habe sich bewährt und solle nicht mit Gewalt neu erfunden werden.
Aus dem Kultusministerium wird grundsätzliche Offenheit für Anregungen und Verbesserungsmöglichkeiten signalisiert, beispielsweise, was die Flexibilität angeht, die Schulart zu wechseln und berufsbezogene Anteile einzubauen.
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