Werben für mehr Toleranz
HIV-positive Botschafter der Kampagne zum Welt-Aids-Tag 2011 diskutieren an Münchner Berufsschule mit Auszubildenden
Viele Menschen mit HIV legen ihre Infektion nicht offen, schon gar nicht am Arbeitsplatz. Sie fürchten Diskriminierung, Mobbing, den „Karriereknick“ oder gar eine Kündigung. Deshalb veranstaltete die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) am gestrigen Dienstag, 29. Novmeber, gemeinsam mit der Deutschen AIDS-Stiftung (DAS) und der Münchner AIDS-Hilfe in der Berufsschule für den Einzelhandel München-Mitte eine Diskussionsrunde zum Thema „Leben und Arbeiten mit HIV“. Auf dem Podium saßen neben Ernst (50) und Oliver (37), den HIV-positiven Botschaftern der bundesweiten Kampagne zum Welt-Aids-Tag „Positiv zusammen leben. Aber sicher!“, auch Experten wie Dr. Volker Mertens (Deutsche AIDS-Stiftung) und Alois Gerbl (Münchner AIDS-Hilfe).
Aids-Hilfen stehen Arbeitgebern beratend zur Seite
„Längst widerlegt ist die Annahme, HIV-positive Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer seien weniger belastbar oder häufiger krank. Viele Arbeitgeber wissen nicht, dass man zwischen einer HIV-Infektion und dem ‚Vollbild Aids’ unterscheiden muss“, sagte Volker Mertens von der Deutschen AIDS-Stiftung. „Ob Arbeitgeberin oder Arbeitgeber, Kollegin oder Kollege – jede und jeder kann etwas zu einem Klima größerer Toleranz und Offenheit an unseren Arbeitsplätzen beitragen.“ Alois Gerbl von der Münchner AIDS-Hilfe merkte dazu an: „Die Aids-Hilfen in Deutschland stehen Arbeitgebern natürlich sehr gern beratend zur Seite, wenn sie in ihrem Unternehmen mit dem Thema konfrontiert werden.“
Seit einer Gehirnentzündung, die ihn 2008 fast das Leben gekostet hätte, ist Ernst, Botschafter der Kampagne zum Welt-Aids-Tag, ohne Hörhilfe so gut wie taub. Die Enzephalitis war die Folge einer HIV-Infektion, von der Ernst lange nichts wusste. „Der HIV-Test hat mein Leben gerettet“, weiß der 50-Jährige heute. Die Erkrankung führte auch dazu, dass Ernst seinen Job als Architekt verlor. Sein ehemaliger Geschäftspartner führte das Architekturbüro alleine weiter. „Ich bin nicht mehr so ehrgeizig, habe mich auf einen Fachbereich spezialisiert. Ich definiere mich heute als nahezu wieder gesund, aber ich habe eine Behinderung – darauf muss ich Rücksicht nehmen.“
„Für mich war es eine Befreiung“
Der Hotelfachmann Oliver, Botschafter der Kampagne zum Welt-Aids-Tag, lebt seit 2006 mit der Diagnose „HIV-positiv“. Anfangs konnte er nicht gut damit umgehen, zog sich von seinen Mitmenschen komplett zurück. Durch Gespräche in der Aids-Hilfe und mit seinen Ärzten fand Oliver langsam wieder zurück ins Leben. Der heute 37-Jährige fasste den Mut, seinen Arbeitgeber über die Infektion zu informieren. Dieser unterstützt ihn bis heute, ebenso wie sein Kollegenkreis. „Ich kann heute jedem Betroffenen sagen: Trau Dich, wag den Schritt und sprich über die Infektion mit Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten. Für mich war es eine Befreiung.“
Welt-Aids-Tag am 1. Dezember
Die in Europa einzigartige nationale Kampagne „Positiv zusammen leben. Aber sicher!“ wird vom Bundesministerium für Gesundheit, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, der Deutschen AIDS-Hilfe und der Deutschen AIDS-Stiftung durchgeführt. Auf 25.000 Plakaten, in Flyern und auf Postkarten werben die Botschafterinnen und Botschafter für Akzeptanz und gegen Stigmatisierung und Diskriminierung. Sie sind bis zum Welt-Aids-Tag am 1. Dezember und darüber hinaus bei Veranstaltungen zum Thema HIV und Aids präsent.
Weitere Informationen unter www.welt-aids-tag.de.
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