Was macht uns das Leben immer wieder schwer?
Eine Postlerin mit Leib und Seele schildert ihren Arbeitsalltag
Viele Beschwerden über die Post sind unter unserer Rubrik "Erbost auf die Post" eingegangen. Zu den Klagen unserer Leser nimmt Frau F., Briefzustellerin in München, Stellung:
Hallo liebes Wochenanzeiger-Team,
letzthin bekam ich mal Ihren Werbe-Spiegel, Ausg. 18, in die Hände und las sehr aufmerksam den Artikel "Machtlosigkeit gegenüber dem System" auf Seite 2. Ich kann die Betroffenen in dem Artikel gut verstehen, da sie sich in ihren eigenen Fällen als "Einzelne" sehen und in dem Moment auch berechtigt ärgern dürfen, wenn mal was nicht klappt!
Die andere Seite
Doch als "Postlerin" mit Leib und Seele, die ich nun schon seit neun Jahren bin, sehe ich das Ganze auch von der anderen Seite und möchte mal so ein bisschen aus meinem Alltag und dem meiner Kollegen und Kolleginnen erzählen:
Tagtäglich sind Millionen von Sendungen unterwegs. Größtenteils werden diese innerhalb Deutschlands durch die Deutsche Post bearbeitet. Große Maschinen versuchen Adressen zu lesen und dem richtigen Empfänger zuzuordnen. Was die Maschinen nicht lesen können, wird von Menschenhand sortiert. Bei den Maschinen und kilometerlangen Laufbändern kann es schon mal vorkommen, dass Briefe oder Päckchen "verschluckt" werden. Aber man darf auch die Unfälle mit Zügen, Lkw's und Flugzeugen, welche Post transportieren, nicht ganz außer Acht lassen, die zwar selten, aber doch immer wieder mal vorkommen und wobei auch immer mal Sendungen verloren gehen können.
Jeder kennt die Hotline
Eine Sendungsverfolgung ist nur dann möglich, wenn die Sendung als Paket, Einschreiben, Postident oder Postzustellungsauftrag aufgegeben wurde. Hat man eine Reklamation, kann man dies am nächsten Postschalter kundtun oder einfach seine(n) Zusteller(in) ansprechen und um eine Hotlinenummer bitten. In der Regel hat diese jeder Postler bei sich oder kennt sie zumindest. Auch im Internet auf der Homepage der Deutschen Post kann man Hilfe finden: Einfach im Suchfeld "Reklamation" eingeben und schon hat man die Auswahl verschiedener Ansprechpartner.
Wenn der Kunde es wünscht, bekommt er auch eine Stellungname, nachdem mit dem zuständigen Zusteller gesprochen wurde. Dies kann ein paar Tage dauern, da nicht jeder Zusteller sechs Tage die Woche arbeitet.
Soweit zu den angesprochenen Themen in Ihrem Artikel.
Man kann nicht überall zugleich sein
Nun möchte ich mal so ein bisschen erzählen, was uns Postler immer wieder das Leben schwer macht, wobei das Wetter unser kleinstes Problem ist. Ein Großteil von uns steht sehr früh auf, da wir zwischen 4 Uhr und 6 Uhr früh mit der Arbeit beginnen. Es gibt auch Schichtarbeiter, aber das sind andere Abteilungen. Wir sortieren die Post für die einzelnen Bezirke nach der Reihenfolge (Gangfolge) wie sie dann später zugestellt werden soll. Im Bezirk angekommen beschwert sich schon mal ein Kunde, weil er so früh morgens aus dem Bett geklingelt wird, da man entweder eine nachweisbare Sendung für ihn hat oder eine Großsendung, die nicht in den Briefkasten passt. Entschuldigung, aber irgendeiner ist halt am Beginn der Tour und ein anderer ist dafür der letzte Kunde am Ende und jammert, dass er so spät seine Post erhält. Überall kann man nicht zur gleichen Zeit sein und je nach Größe eines Bezirks ist man eine Zeitlang unterwegs. Außerdem spielt es auch eine Rolle, wie groß das Sendungsaufkommen an diesem Tag ist (in der Regel am Anfang der Woche sehr niedrig und je weiter es in die Woche geht, wird es immer mehr) und wie oft man klingeln muss um bestimmte Sendungen persönlich zu übergeben.
Versperrte Briefkästen
Auch versperrte Wege durch Baustellen oder Mülltonnen hindern einen am schnellen Vorwärtskommen. Teilweise stehen Mülltonnen direkt vor dem Briefkasten, so dass man diese erst mal beiseite schieben muss, um an den Briefkasten zu kommen!
Manche Briefkästen sind so klein, dass man sich fragt, wie man eine normale Din-A4-Sendung ohne zu falten und ohne Schaden zustellen soll. Meist sind diese Kunden auch während des Tages nicht zu Hause. Im Normalfall bedeutet das für uns, dass jede Sendung benachrichtigt werden und der Kunde zur nächsten Filiale muss, um sich dort seine Großbriefe abzuholen (worüber sich die wenigsten freuen dürften). Andere Briefkästen werden tagelang nicht geleert, sei es, weil ein Kunde weggefahren ist und sich nicht darum gekümmert hat, was in der Zwischenzeit mit seiner Post passieren soll (wobei auch noch die diversen Wochenblätter zusätzlich einen Briefkasten ruckzuck füllen) oder weil ein Kunde einfach keine Lust hat, jeden Tag seinen Briefkasten zu leeren (ja, auch das gibt es!).
Jede Sendung, die aus diesem Grund nicht zugestellt werden kann, wird entweder benachrichtigt (nach 8 Tagen gehen Sendungen mit dem Vermerk "nicht abgeholt" an den Absender zurück) oder werden mit dem Vermerk "z.Zt. keine Zustellung möglich" zurückgesandt.
Kästen ohne Namen
Andere Kunden halten es nicht für nötig, überhaupt ihren Briefkasten mit ihrem Namen zu beschriften. Sie vertrauen darauf, dass der Zusteller weiß, wer dort wohnt. Was aber, wenn nicht der Stammzusteller, sondern eine Vertretungskraft zustellt? Und dann kommen genau von diesen Leuten Beschwerden, dass sie bestimmte Sendungen nicht erhalten haben und diese zurückgeschickt wurden! Andersherum bleiben Namen von Ausgezogenen noch lange am Briefkasten stehen. Ein Stammzusteller weiß zwar so manches und muss ein sehr gutes Gedächtnis haben, aber wie schon erwähnt, eine Vertretungskraft weiß dies eben nicht und auch da ist das Geschrei oft groß, wenn dann Sendungen für diesen Kunden nach wie vor in diesen Briefkasten eingeworfen werden (gerade was Mahnschreiben usw. anbelangt)!
Von Werbeblättern und Hunden
Das letzte Thema, welches ich noch ansprechen möchte, betrifft Sendungen, besser gesagt Werbeblätter, die bei leer stehenden Häusern oder gar Werbeverweigerern eingeworfen oder falsch zugestellt werden. Nicht immer ist die Post an allem schuld! Es gibt auch noch andere Zusteller, die teilweise kaum Deutsch verstehen oder einfach nur schnell fertig werden wollen und sich dann nicht unbedingt gewissenhaft darum kümmern, ob der Name am Briefkasten mit dem auf der Sendung übereinstimmt oder was am Briefkasten überhaupt vermerkt ist.
Ich könnte noch vieles erzählen, wie z.B. über freilaufende Hunde (auch auf Grundstücken, auf die man gehen muss um überhaupt an den Briefkasten zu kommen) oder die Schwierigkeiten, die fahrradfahrende Postler mit rücksichtslosen Autofahrern und parkenden Autos haben. Doch dies würde den Rahmen meines Briefes vollends sprengen.
Die Münchner Wochenanzeiger achten darauf, dass Werbe-Spiegel, Sendlinger Anzeiger und Samstagsblatt richtig zugestellt werden. Natürlich kann auch mal was schiefgehen - bei Reklamationen kümmern sich unsere Mitarbeiter aber persönlich und schnell um Abhilfe.
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