Von den Mauern der Stadt ins Museum
Kunsthalle zeigt "JR: Chronicles"
Spannend, beeindruckend, nah am Menschen - wenn man die Arbeiten des französischen Künstlers JR betrachtet, so drängen sich diese Adjektive geradezu auf. In der Kunsthalle München ist jetzt bis zum 15. Januar unter dem Titel "JR: Chronicles" die bisher größte Retrospektive des 1983 geborenen Fotografen und Streetart-Künstlers in Deutschland zu sehen. In der multimedialen Ausstellung, die vom Brooklyn Museum organisiert wurde, werden ausgewählte Fotografien, Videos, Modelle und großflächige Plakatierungen gezeigt, die seine nur auf begrenzte Dauer angelegten Projekte nochmals erlebbar machen.
Sichtbar machen
Die Schauplätze, an denen JR seine Kunst normalerweise entstehen lässt, sind die Mauern dieser Welt. Bekannt wurde er durch die Fotografien von einfachen Leuten, die er in zum Teil monumentalen Formaten auf Häuserfronten, Eisenbahnzüge, Containerschiffe oder Grenzmauern plakatiert. Er macht dabei oft diejenigen Gruppen sichtbar, deren Würde und Rechte übergangen werden. So widmete er das Projekt "Women are Heroes", den Frauen, die in den Slums verschiedener Länder leben. "The Wrinkels of the City" zeigt alte Menschen, deren Falten – ebenso wie die Fassaden der Häuser, auf die er ihre Bildnisse plakatierte – von gelebter
Geschichte zeugen.
JR selbst bleibt bei all dem so anonym wie möglich. Er ist in der Öffentlichkeit nur unter seinem Kürzel bekannt und tritt stets mit Sonnenbrille und Hut auf.
Mit einem Kunstgriff bezieht die Kunsthalle den ursprünglichen Schaffensraum des Künstlers - die Straße - in die Ausstellung mit ein. JR hat dafür ein Trompe-l’Œil entworfen - eine Illusion, die mittels perspektivischer Darstellung Dreidimensionalität vortäuscht. Damit werden die Museumsmauern scheinbar durchbrochen und der Blick nach draußen geöffnet.
Inside Out
Im letzten Raum der Ausstellung wird mit Inside Out eines der größten partizipativen Kunstprojekte der Welt präsentiert. Seit seinem Start 2011 nahmen mehr als 400.000 Menschen in knapp 140 Ländern daran teil. Das Projekt unterstützt Initiativen von Privatpersonen und Institutionen dabei, ihren Anliegen Aufmerksamkeit zu verschaffen. Vom 9. bis 15. September macht im Rahmen der Ausstellung einer von JRs Foto-Trucks in München Halt. Alle Münchnerinnen und Münchner sind dazu eingeladen, für das Projekt Kunst & Kultur für alle Gesicht zu bekennen. Ihre Porträts werden im Truck aufgenommen, gedruckt und vor Ort direkt plakatiert.
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