Überaus menschenscheu
Sind Wildratten so schädlich wie ihr Ruf?

"Die erwachsenen Wildratten in unserer Wildtierabteilung sind unmöglich vor die Linse zu bekommen. Keine Chance auf ein scharfes Foto", lacht Kristina Berchtold. "Aber ihre Babys sind noch nicht so mobil." Dieses kleine Kerlchen wird aktuell im Tierheim gepäppelt. (Foto: Tierschutzverein München)
Ratten gelten als alles vernichtende Schädlinge und haben seit dem Mittelalter als angebliche Pestüberträger einen schlechten Ruf. Zu Unrecht, findet Kristina Berchtold, Sprecherin des Tierschutzvereins München. "An der Pest waren Flöhe schuld, besser gesagt die unhygienischen Lebensumstände der Menschen. Auch heute geht von diesen Nagern keine größere Gefahr aus als von wilden Katzen- und Hundepopulationen. Eher sogar weniger, da sie den Kontakt mit Menschen scheuen." Dabei werde ihre Nützlichkeit oft unterschätzt: "Ratten sind die Müllabfuhr der Natur. Ohne sie müssten Fliegen und deren Maden die Beseitigung von Essensresten übernehmen. Das würde zu fürchterlichen Fliegenplagen führen." Angst müsse der Mensch vor diesen scheuen Tierchen nicht haben. "Ohnehin bekommt man Wildratten kaum zu Gesicht. Beißen würden sie nur, wenn man sie in die Enge treibt oder ihrem Nachwuchs zu nahe kommt."
Keinesfalls Gift!
Nicht jeder empfindet Ekel beim Anblick der kleinen Nager, manche beobachten die Kletterkünstler gerne in freier Natur. Gezielt füttern sollte man sie dennoch auf keinen Fall. "In der Regel versucht der Mensch jedoch, die Ansiedlung von Wildratten zu verhindern oder Populationen loszuwerden", weiß Berchtold und bittet eindringlich: "Bitte greifen Sie hierfür niemals zu Rattengift! Das Lebewesen verblutet langsam innerlich, ein grausamer Todeskampf. Auch können andere Tierarten ungewollt gefährdet werden - sei es, weil sie das Gift oder das verendete Tier fressen. Ebenso unwirksam sind Totschlagfallen: die Ratte leidet furchtbare Qualen, wird sie ungünstig erwischt."
Die effektivste Abwehr
Wie die meisten scheuen Wildtiere, werden Ratten hauptsächlich durch Essenreste in Menschennähe gelockt. "Um eine Ansiedlung zu vermeiden oder Populationen loszuwerden, ist es am effektivsten, Nahrung und Reste unzugänglich aufzubewahren. Nahrungsmittel sollten nicht auf dem Kompost, Misthaufen oder in der Natur entsorgt werden. Futterstellen von anderen Tieren wie Vögel, Kaninchen, Hühner, etc. sollte man daher stets sauber halten und nur so viel füttern, wie auch gefressen wird", rät Berchtold. Gerade bei Tiergehegen sei als Schutz eine Bodensicherung und engmaschiges Gitter, auch nach oben abgedichtet, wichtig. "Gibt es keine Futterquellen, werden Wildratten von allein weniger oder wandern ab", weiß die Tierschützerin.
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