Kindern Freiräume lassen!
Ganztag: KJR fordert, Interessen der Schüler mehr zu berücksichtigen
In der Debatte um Ganztagsbildung müssen die Interessen der Kinder und Jugendlichen mehr berücksichtigt werden. Das fordert der Kreisjugendring(KJR) München Stadt. Er drängt auf eine bessere Zusammenarbeit von Jugendarbeit und Schule im Interesse der Kinder und Jugendlichen. So werde beispielsweise der Vereinbarkeit von Familie und Beruf meist sehr viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt als den Auswirkungen dieser Veränderungen auf die Lebens- und Erfahrungswelt der jungen Menschen.
Mit Vorstand und Beschäftigten hat der Kreisjugendring deshalb ein umfangreiches Positionspapier zur Kooperation von Jugendarbeit und Schule erarbeitet. Die zentralen Forderungen beziehen sich auf die sozialpädagogische Arbeit an Schulen und die Rolle der Jugendarbeit in der Ganztagsbildung.
Fehler müssen erlaubt sein
Zentral ist die Forderung nach – auch zeitlichen – Freiräumen und Rückzugsmöglichkeiten für junge Menschen. Außerschulische Orte wie Freizeitstätten und das Engagement in Jugendverbänden sind wichtige Lebens- und Lernorte, in denen experimentiert werden darf, Fehler erlaubt sind und Kinder und Jugendliche Selbstwirksamkeit erfahren.
Der Kreisjugendring München-Stadt setzt sich als Interessenvertretung junger Menschen in der Landeshauptstadt, als Träger von zahlreichen Einrichtungen und als Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände seit Mitte der 90er Jahre in zunehmendem Maße mit der Ganztagsbildung im kommunalen Kontext auseinander. So gibt es in den städtischen Kinder- und Jugendfreizeitstätten des KJR seit dieser Zeit unterschiedliche Projekte in Kooperation mit benachbarten Schulen. Seit über zehn Jahren ist der KJR auch Träger einer zunehmenden Zahl von Projekten der Schulsozialarbeit und Jugendsozialarbeit an Schulen.
Vielfalt statt Ganztagsschule
"Die gesellschaftlichen Veränderungen und der dadurch entstandene Bedarf an ganztägiger Betreuung lässt die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen in den Hintergrund rücken", stellt der KJR in seinem Positionspapier fest.
Die Jugendarbeit registriere zunehmend zeitliche Einschränkungen von Kindern und Jugendlichen bei der Teilnahme an Angeboten und das Schulsystem solle dem Bedarf der Eltern nach möglichst ganztägiger Betreuung nachkommen. Kinder und Jugendliche wiederum haben eigene Bedürfnisse und brau chen für ihre Entwicklung unterschiedliche Angebote. Eine Angebotsvielfalt (etwa Ganztagsschule oder Halbtagsschule plus weitere Angebote der Jugendhilfe wie Horte oder Halbtagsschule plus freie Nachmittagsgestaltung) ist der alleinigen Konzentration auf die flächendeckende Ganztagsschule vorzuziehen. Die Angebote müssen kostenfrei sein und allen zur Verfügung stehen. Das Recht auf freie Zeit für Kinder und Jugendliche müsse immer berücksichtigt werden.
Die Jugendarbeit nimmt als ein Kooperationspartner von Schule und Anstellungsträger von sozialpädagogischen Fachkräften in Schulen eine wichtige Rolle ein. Kooperationen in Form von Projekten, Projektwochen, Workshops oder Bildungsangeboten gehören zu den erfolgreichen und etablierten Schwerpunkten der Jugendarbeit. Ganztagsbildung ist mehr als Ganztagsschule, sie erstreckt sich auf die komplette Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen, so das KJR. Zu einer an den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen ausgerichteten Ganztagsbildung gehöre auch, dass den jungen Menschen freie Zeit zur Verfügung steht, die sie selbstbestimmt und den eigenen Interessen folgend nutzen können.
Gemeinsame Verantwortung
Mittlerweile sind Kooperationen weit über die „klassische“ Zusammenarbeit hinaus entstanden, vor allem im Bereich der Ganztagsschule und in der Schulsozialarbeit. Ein Verständnis von gemeinsamer Verantwortung für den Bildungserfolg und die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen ist für sozialpädagogische Fachkräfte und Lehrkräfte gleichermaßen wichtig. Die für den Schulerfolg notwendige Neugier, Lernfreude, Spaß und Begeisterung und Ausdauer können dann besonders gut unterstützt werden, wenn das Lernen nicht nur im Unterricht stattfindet, sondern auch in offene Lernformen, in alltägliche Interaktionen und Aktivitäten eingebettet ist.
Ganztag ist mehr als Schule
Ganztagsbildung müsse über reine Wissensvermittlung hinausgehen und könne nur im Zusammenwirken gelingen, sod as KJR. Die Jugendarbeit sei bei der Ausgestaltung der Ganztagsbildung aufgefordert, insbesondere ihre Kompetenz im Bereich der non-formalen Bildung und ihren Schwerpunkt bei der Partizipation junger Menschen einzubringen. Gefragt sind außerdem ihre Kompetenz zur Netzwerkarbeit in den Sozialräumen, ihre professionellen Methoden, um junge Menschen in ihrer Sozialkompetenz zu stärken, sowie ihre Kompetenz bei der Unterstützung der Alltagsbewältigung junger Menschen.
Die Jugendarbeit wird sich dafür einsetzen, dass neben der Ausweitung von Partizipationsrechten auch Rückzugsräume und Freiräume für Kinder und Jugendliche geschaffen werden. Außerschulische Orte wie Freizeitstätten und das Engagement in Jugendverbänden sind wichtige Lebens- und Lernorte, in denen experimentiert werden darf, Fehler erlaubt sind, kein Leistungsdruck herrscht und die Kinder und Jugendlichen Spaß und Freude haben sowie Selbstwirksamkeit erfahren. Jugendverbände sind selbstorganisiert, freiwillig, ehrenamtlich und parteilich für Kinder und Jugendliche. In der Ganztagsbildung brauchen Kinder und Jugendliche auch weiterhin Zugangswege zu den Angeboten der Offenen Kinder- und Jugendarbeit sowie der Jugendverbände.
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