Ertanzte Anerkennung
132 junge Tänzer begeistern beim 25. Wettbewerb von Freudentanz
Es ist bunt, voll und laut im Pfarrsaal von St. Rupert (Gollierstraße 61) an diesem Freitagnachmittag: Das Publikum klatscht zu Hiphop- und Bollywoodmusik und johlt vor Begeisterung. Mittendrin sieht man die vor Anstrengung erhitzten, aber strahlenden Kindergesichter. Bereits zum 25. Mal fand kürzlich der Tanzwettbewerb des Projektes Freudentanz statt: 132 Tänzer im Alter von fünf bis 18 Jahren, organisiert in 21 Tanzgruppen, präsentierten dem begeisterten Publikum und einer professionellen Jury ihre selbst entwickelten und in den vergangenen sechs Monaten sorgsam einstudierten Tanzchoreographien in den Kategorien Breakdance, Folklore/ Volkstanz/ Bollywood und Showtanz/VideoclipHiphopMix. „Es ist inzwischen schon die vierte Generation an jungen Tänzern und Tänzerinnen, die hier auftritt“, erklärt Eva-Maria Weigert, Gründerin von Freudentanz - dem grenzenlosen Tanzprojekt unter der Trägerschaft der Caritas.
"Zeigen, was man gelernt hat"
Rund 1.500 Flüchtlingskinder leben in München in zirka zwanzig Asylbewerberheimen und Notquartieren. „In manchen Heimen sind inzwischen auch bis zu hundert Kinder auf engstem Raum untergebracht, teilen sich Toilette, Bad und Küche mit anderen Familien und haben natürlich auch nur wenig Spiel- und Unterhaltungsmöglichkeiten“, berichtet Weigert, die sich bereits seit 1990 ehrenamtlich in Zusammenarbeit mit der Caritas für Asylbewerber und deren Probleme engagiert.
Die Idee zum Projekt Freudentanz kam ihr an einem regnerischen Nachmittag im Flüchtlingslager an der Hansastraße, als einige Kinder anfingen, Choreografien aus dem Musikfernsehen nachzutanzen. „Viele der Jungs spielten Fußball, um sich zu beschäftigen und beteiligten sich an der interkulturellen Straßenfußballliga „Bunt kickt gut“, doch für Mädchen gab es damals noch kein entsprechendes Angebot“, erzählt Weigert, die daraufhin anfing, mit den Kindern Tanzgruppen zusammenzustellen und Tanztrainings zu organisieren. „Aber es reicht natürlich nicht aus, einfach so zu tanzen. Man braucht auch ein Ziel, auf das man hinarbeiten kann, und man will anderen zeigen, was man gelernt hat.“
Zwölf Jahre Freudentanz
So war der Tanzwettbewerb geboren, der erstmals im Oktober 2000 stattfand und an dem schon damals über 100 Tänzer teilnahmen. „Wir waren überwältigt von dem Erfolg“, erinnert sich Weigert. Heute finden die Tanzwettbewerbe zweimal pro Jahr statt. Es nehmen größtenteils Tanzgruppen aus den verschiedenen Gemeinschaftsunterkünften in München teil, aber auch Gruppen aus verschiedenen Schulen und Förderschulen machen öfter beim Tanzwettbewerb mit. Die Kinder und Jugendlichen organisieren ihr wöchentliches Tanztraining größtenteils eigenverantwortlich und üben selbstständig. Die Betreuer, allesamt ehrenamtlich, geben aber auch Hilfestellung. „Ohne unsere ganzen freiwilligen Helfer rund um Freudentanz könnten wir das hier alles gar nicht auf die Beine stellen“, erklärt Weigert. Allein in diesem Jahr hätten rund 25 Helfer die Organisation des Tanzwettbewerbs unterstützt. „Davon sind viele Jugendliche und junge Erwachsene, die früher schon bei uns getanzt haben und sich jetzt in der Ausbildung oder im Studium befinden.“
Auch Weigert steckt heute neben ihrer Arbeit als Kindersozialarbeiterin bei der Caritas große Teile ihrer Freizeit in das Projekt Freudentanz, für das sie die Verantwortung trägt. Sie managt den Einsatz der ehrenamtlichen Hilfskräfte und organisiert alle Veranstaltungen, wie unter anderem auch die Trainingscamps in den Ferien, die in der näheren Umgebung von München in angemieteten Freizeitheimen stattfinden. „Hier trainieren wir nicht nur miteinander, sondern verbringen auch jenseits des Trainings Zeit zusammen, zum Beispiel beim Nachtwandern, Bootfahren oder Marshmallowgrillen.“
„Endlich Anerkennung“
Für Weigert, die für ihr Engagement auch schon selbst mehrfach ausgezeichnet wurde, kann die Bedeutung des Tanzes für die Kinder, der alle sprachlichen Barrieren überwinde und in allen Kulturen zu Hause sei, gar nicht hoch genug eingeschätzt werden: „Sie müssen sich vorstellen, wie sich die Kinder fühlen, wenn sie hierher kommen: Sie sind in einem fremden Land, dessen Sprache sie nicht verstehen, haben oft alles verloren und werden hier auch nicht gerade mit offenen Armen empfangen.“ Wenn die Kinder dann beim Tanzwettbewerb auftreten, zeigen, was sie können und dafür auch noch großen Applaus ernten, dann erhielten sie endlich die Anerkennung, die sie auch verdienen und so dringend brauchen würden. „Diese Kinder stehen in der Regel am Rande unserer Gesellschaft, gehören aber eigentlich mitten hinein, denn auch sie sind unsere Zukunft“, betont Weigert.
Für seine wichtige Arbeit wurde „Freudentanz - das grenzenlose Tanzprojekt“ schon mehrfach mit Preisen ausgezeichnet: Zuletzt wurde es 2007 als eines den zehn besten Projekte im Wettbewerb „Jugend hilft“ prämiert. Freudentanz, unter der Trägerschaft der Caritas, finanziert sich aus Spenden und Stiftungspreisen. Weitere Informationen im Internet unter www.freudentanz.net.
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