Der Statistik unbekannt
Verein zur Förderung ethnischer Minderheiten bietet kurdischen Migranten in München seit 25 Jahren ein Stück Heimat
Es ist schwer zu sagen, wie viele Kurden und Kurdinnen in München leben. Sie werden von der Statistik einfach nicht erfasst. Das Volk aus dem Nahen Osten hat im eigentlichen Sinn kein Heimatland. Kurden und Kurdinnen gibt es sowohl in der Türkei, als auch in Syrien, im Irak und im Iran. „Kurden, die nach München kommen, werden unter der Nationalität ihres Herkunftslandes erfasst, und tauchen deshalb in der Statistik als eigenständige Gruppe nicht auf “, erzählt Asrin Sütcü, Zentrumsleiterin des Vereins zur Förderung ethnischer Minderheiten.
Kultur und Fortbildung
Die gemeinnützige Einrichtung mit Sitz in der Bergmannstraße wurde bereits 1986 gegründet und ist seither Anlaufstelle vor allem für kurdische Migranten in München. In der Vereinsarbeit werden sowohl kulturelle Aspekte gefördert, wie beispielsweise bei Musikveranstaltungen oder Tanzkursen, als auch kostenlose Fortbildungsangebote gemacht. „Wir haben im Moment rund 50 aktive Mitglieder im Verein, aber es gibt natürlich noch wesentlich mehr Menschen, die regelmäßig zu unseren Veranstaltungen kommen“, berichtet Sütcü.
Die junge Frau, die noch zur Schule geht und gerade mitten in der Vorbereitung auf das Abitur steckt, hat die Zentrumsleitung nur vorübergehend übernommen. Auf lange Sicht lasse sich die Arbeit im Verein leider nicht mit den schulischen Anforderungen und den Plänen für das Studium vereinbaren. Dennoch ist das Vereinsgebäude auf der Schwanthalerhöhe fast so etwas wie ihre zweite Heimat. „Ich bin hier aufgewachsen, denn mein Vater hat in diesem Verein gearbeitet, seit er vor zwanzig Jahren nach Deutschland gekommen ist.“ Früher hat Sütcü als Teilnehmerin die Tanzgruppe im Verein besucht, heute unterrichtet sie diese selbst.
Rechtshilfe für Migranten
Der größte Schwung an kurdischen Migranten sei in den Jahren zwischen 1988 und 1996 nach Deutschland gekommen. „Während der Kriege und der kriegsähnlichen Zustände sind damals viele Menschen nach Deutschland geflüchtet. Die Asylantenheime waren richtiggehend überfüllt und wir haben auch hier im Verein Feldbetten aufgestellt, um die ganzen Menschen unterzubringen“, erzählt Sütcü. Heute würden die kurdischen Migranten nur noch vereinzelt im Verein ankommen. Einige von ihnen müssten nach wie vor aus politischen Gründen fliehen. Andere kommen, weil sie sich von einem Leben in Deutschland die Möglichkeit erhoffen, ihre Familie besser versorgen zu können. „Ein wichtiger Teil unserer Vereinsarbeit ist die Rechtshilfe, die wir anbieten, wenn es etwa um Asylanträge geht oder wenn die Familie eines Kurden ebenfalls nach Deutschland geholt werden soll“, sagt Sütcü. Zudem helfen ehrenamtlichen Mitarbeiter den gerade in Deutschland angekommenen Menschen zum Beispiel auch dabei, erst einmal eine Unterkunft und einen Platz zum Schlafen zu finden.
Neben dieser grundlegenden Hilfe versucht der Verein zur Förderung ethnischer Minderheiten aber auch, die kurdischen Migranten bei der Integration in Deutschland zu unterstützen und sie für den Arbeitsmarkt fit zu machen. „Wir bieten zum Beispiel ab September wieder Sprach- und Computerkurse an“, berichtet Sütcü. Die Teilnehmer können entweder Deutsch oder Kurdisch in zwei verschiedenen Dialekten lernen. Der Computerkurs vermittelt Basisfähigkeiten wie das Schreiben mit Zehnfingersystem und den Umgang mit Textverarbeitungs- und Tabellenkalkulationsprogrammen.
Anstehende Renovierung
Obwohl der Verein zur Förderung ethnischer Minderheiten vom Sozialreferat gefördert wird, ist doch die Finanzierung der Vereinsarbeit das drängendste Problem im Alltag. „Wir haben so viele gute Ideen, die man umsetzen könnte, aber meistens reicht einfach das Geld nicht“, erklärt Sütcü. So gebe es zum Beispiel kein richtiges Spielzimmer für kleinere Kinder, wo sie sich wie in einer Kinderkrippe längere Zeit aufhalten könnten. Das Jugendcafé im Keller des Gebäudes musste aus Feuerschutzgründen geschlossen werden, da die Heizungsrohre offen an der Wand entlang laufen. Umso erfreulicher aber ist es, dass das Vereinsgebäude bald renoviert werden soll. „Wir werden die Fassade machen, bekommen einen neuen Anstrich und neue Möbel. Auch die Toiletten werden erneuert“, berichtet Sütcü mit Vorfreude.
Kurdische Filme
Vielleicht werden Teile der Renovierungsarbeiten auch schon zu den Stadtteiltagen auf der Schwanthalerhöhe abgeschlossen sein, die vom 25. Juni bis zum 10. Juli stattfinden. Dann sollen nämlich im Verein zur Förderung ethnischer Minderheiten kurdische Filme mit deutschen Untertiteln gezeigt werden. „Es wird auch ein kleines Buffet geben und die Bürger sind herzlich eingeladen, zu uns zu kommen, sich die Filme anzusehen und sich in die kurdische Kultur und Geschichte einzufühlen“, fordert Sütcü auf.
Viele der Filme werden das Leben und die Strapazen der Kurden während der Kriege und der Flucht nach Deutschland dokumentieren. „Ohne frische Luft, Wasser und Essen mussten die Flüchtlinge tagelang zusammengepfercht auf Lastwagen ausharren. Ein Film wird auch von einem jungen kurdischen Minensucher handeln“, erklärt Sütcü. Doch es sollen auch lustigere Filme gezeigt werden: „Ein Renner vor zwei Jahren war der Film über vier deutsche Politiker, die auf ihrer Reise nicht nur das kurdische Parlament kennenlernen, sondern auch privat bei kurdischen Familien zum Essen eingeladen sind. Den wollen wir auch in diesem Jahr wieder zeigen.“
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