Mit Hoffnung und Realismus nach vorne blicken
Schwester Rosa Maria Dick ist neue Generaloberin
Die Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul haben die Weichen für die nächsten sechs Jahre gestellt. Das aus 24 Schwestern bestehende Generalkapitel der Kongregation, höchstes Entscheidungsgremium der Gemeinschaft, wählte Schwester Rosa Maria Dick (62) als Nachfolgerin von Schwester M. Theodolinde Mehltretter, die der Ordensgemeinschaft zwölf Jahre lang vorgestanden hatte.
1.500 zivile Mitarbeiter
Im Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern wird Schwester Rosa Marias Hauptaufgabe künftig darin liegen, für ihre rund 230 Mitschwestern da zu sein. Mit Unterstützung von vier ebenfalls neu gewählten Generalrätinnen (Generalvikarin Schwester M. Evelina Franzl sowie die Schwestern M. Theodolinde Mehltretter, M. Katharina Blümhuber und M. Imelda Hillmeier) leitet sie die Kongregation mit allen dazugehörigen Häusern und Einrichtungen. Dazu zählen unter anderen zwei Krankenhäuser, sechs Alten- und Pflegeheime, eine Berufsfachschule für Krankenpflege sowie die Adelholzener Alpenquellen GmbH, in denen insgesamt an die 1.500 zivile Mitarbeiter beschäftigt sind.
Schwindende Zahl
Die Kapitelschwestern haben bei ihrer neuntägigen Zusammenkunft einen realistischen Blick auf den gegenwärtigen Zustand der Gemeinschaft geworfen. Die Kongregation der Barmherzigen Schwestern hat zwar einen hohen Altersdurchschnitt und ist seit Jahrzehnten geprägt von einer stetigen Abnahme der Mitgliederzahl. Der Blick auf die kommende Zeit sei trotzdem von Hoffnung gezeichnet gewesen, fasst Schwester Rosa Maria das Ergebnis des Generalkapitels zusammen. Trotz der schwindenden Zahl an Schwestern sieht sie eine Zukunft für ihre Gemeinschaft. Sie ist sich sicher, dass es auch heute Frauen gibt, die Gott zu einem Leben in einer Ordensgemeinschaft beruft. "Wir Schwestern können den Frauen zeigen, dass man hier glücklich und zufrieden leben kann", sagt sie. "Mit Offenheit und Toleranz wollen wir jüngere Frauen empfangen, die bei uns anklopfen und wissen wollen, was es heute bedeutet, als Barmherzige Schwester zu leben."
Zeitgemäße Wege suchen
Wichtig sei es, so die Generaloberin, nach neuen, zeitgemäßen Möglichkeiten zu suchen. "Das klassische Ordensleben mit der Ablegung der drei Gelübde Ehelosigkeit, Armut und Gehorsam muss nicht die einzige Form bleiben. Wir denken schon lange auch an andere Formen der Anbindung, die wir aber nicht für Interessierte, sondern mit ihnen finden möchten." Und ein "freiwilliges Ordensjahr", wie es in Österreich bereits gibt, kann sich Schwester Rosa Maria auch für die Münchner Gemeinschaft vorstellen.
Uneingeschränkt ja gesagt hat das Generalkapitel zum Fortbestand der ordenseigenen Werke und zur stärkeren Einbindung der zivilen Mitarbeiter. Diese sieht Schwester Rosa Maria nicht nur als Angestellte, sondern als "Mitstreiter für ein attraktives Werk der Barmherzigkeit". Nur mit ihrer Hilfe lasse sich sicherstellen, dass in den Häusern der Barmherzigen Schwestern "Barmherzigkeit nicht nur drauf steht, sondern auch drin ist".
Schwester Rosa Maria ist klar, dass sie kein leichtes Amt angetreten hat. Sie vertraut auf den Heiligen Geist, der ihr ein "wichtiger und guter Gefährte" ist. Dankbar ist sie dafür, dass ihre Vorgängerin im Amt, Schwester M. Theodolinde Mehltretter, gute Weichen gestellt hat. Sie verweist auf einen Satz des Theologen Karl Rahners, der ihr Leitspruch sein könnte: "Die Tugend des Alltags ist die Hoffnung, in der man das Mögliche tut und das Unmögliche Gott zutraut."
Schwester Rosa Maria Dick
Schwester Rosa Maria Dick, 62 Jahre alt, wuchs als viertes von elf Kindern in einer bäuerlichen Familie in Haunstetten in der Gemeinde Reichertshausen (Landkreis Pfaffenhofen) auf. Ihre Berufung zum Ordensleben erfuhr sie während eines Cursillo-Glaubenskurses. Zehn Monate nach diesem für sie lebenswendenden Erlebnis trat sie am 10. Februar 1975 bei den Barmherzigen Schwestern ein. Sie wählte diese Gemeinschaft nicht zuletzt deswegen, weil sie einen sozialen Beruf erlernen und ausüben wollte. Ihre ersten Gelübde legte sie 1977 ab.
Wie viele Barmherzige Schwestern erlernte sie in der ordenseigenen Berufsfachschule den Beruf der Krankenschwester. Bereits nach fünf Jahren in diesem Beruf wurde sie von der Ordensleitung für die Jugendarbeit und Noviziatsleitung angefragt. Da war eine umfangreiche Umschulung angesagt. Bei den Salesianern Don Boscos in Benediktbeuern lernte sie viel über Jugendarbeit und in einer dreijährigen geistlichen Mentorenausbildung erhielt sie das Handwerkszeug, um beispielsweise Exerzitien anzuleiten, seelsorgliche Gespräche zu führen oder Menschen in Lebensprozessen, Krisen und Umbrüchen zu begleiten. Mit dieser Befähigung wirkte sie u.a. einige Jahre in der Krankenhausseelsorge und war auch für Gruppen außerhalb der Ordensgemeinschaft eine gefragte Referentin und geistliche Begleiterin.
Außerdem übertrug ihr die Ordensleitung 1988 die Führung des ordenseigenen Hauses Mechtild in der Nähe des Sendlinger Tors. In dem Haus veranstaltete Schwester Rosa Maria regelmäßig Einkehrtage. Das Haus bietet Übernachtungsmöglichkeiten für Eltern und Angehörige von kranken und behinderten Menschen. Diese kommen aus dem In- und Ausland. Auch das Mitleben im Konvent ist in diesem Haus für Frauen möglich. Das Haus Mechtild betreibt außerdem samstags und sonntags eine Suppenküche für Obdachlose und Bedürftige.
Ab 1999 übernahm Schwester Rosa Maria Dick eine weitere Aufgabe in der Kongregation. Sie wurde die Beauftragte für Fort- und Weiterbildung. Diese Aufgabe teilte sie aber bald mit einer Mitarbeiterin, wobei sie ihren Schwerpunkt auf spirituelle Angebote und die Vermittlung christlicher Werte setzte. Dafür will sie sich auch als Generaloberin weiterhin - zusammen mit anderen - Zeit nehmen und bezeichnet dies als "Kerngeschäft" der Kongregation.
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