"Wir brauchen dringend Hilfe"
Neue Lebensmittelausgabe für Bedürftige in St. Matthias
Zehn Mitstreiter haben sie schon. Zehn ehrenamtliche Helfer, die mit anpacken. "Aber ein fester Stamm von 20 Helfern wäre klasse", sagt Anna Berlinger vom Caritas Zentrum München Süd-West und Würmtal / Region Neuforstenried. Das Projekt: Eine Lebensmittelausgabe für bedürftige Münchner, die ab Mittwoch, 2. März, beginnt. In Kooperation mit der Münchner Tafel e.V. und dem Pfarrverband Fürstenried-Maxhof wird die Ausgabe dann einmal pro Woche ihre Türen in der Pfarrei St. Matthias (Appenzeller Str. 2) öffnen.
"Das sind Profis"
"Ich bin wirklich sehr froh, dass die Münchner Tafel unser Kooperationspartner ist", betont Anna Berlinger. "Sie übernimmt die komplette Logistik, das heißt, das Team kommt mit zwei Lkws mit Lebensmitteln zu uns. Das sind Profis." Im Jahr 2014 hat Anna Berlinger bei der Caritas in der Königswieser Straße angefangen. Schon damals sei ihr aufgefallen, dass es in der ganzen Region keine Lebensmittelausgabe gibt. "Es war wirklich mein Traum, dass man eine Ausgabe hier im Stadtbezirk eröffnet", so die Sozialpädagogin. Viele der Klienten würden bisher die Einrichtung der Tafel in der Innenstadt aufsuchen. "Aber manche Bürger schaffen das nicht, weil es ihnen zu weit ist oder sie sich einfach das Ticket für die öffentlichen Verkehrsmittel nicht leisten können", weiß Anna Berlinger. Im Januar vergangenen Jahres habe sie erstmals im Pfarrgemeinderat nachgefragt, ob es einen Raum gibt, im Mai habe sie dann Kontakt zur Münchner Tafel e.V. aufgenommen. "Ich bin auch froh über die Unterstützung, die wir von der Pfarrei erfahren", sagt Anna Berlinger.
Freude am Umgang mit Menschen
Nun soll es also losgehen in St. Matthias. "Dazu brauchen wir dringend noch ehrenamtliche Helfer", sagt Anna Berlinger. Benötigt wird die Unterstützung immer mittwochs. Beginn ist mit dem Aufbau um 12 Uhr. Die Ausgabe erfolgt dann von 14 bis 16 Uhr, der Abbau ist im Anschluss daran bis 17 Uhr. "Wir benötigen zum einen Personen, die beim Aufbau mit anpacken können, es können sich aber auch gerne Bürger melden, die nur bei der Ausgabe mithelfen wollen." Mitbringen sollten potentielle Ehrenamtliche vor allem Freude am Umgang mit Menschen aus verschiedenen Kulturen und ein hohes Maß an sozialer Kompetenz . Auch sollten sie sich auf die oft schwierigen Lebenssituationen von finanziell schwachen Haushalten einstellen können. Die Caritas bietet den Helfern eine Begleitung durch feste Ansprechpartner im Caritas Zentrum sowie regelmäßige Austauschtreffen und Schulungen und einen Versicherungsschutz während der Tätigkeit.
"Dafür muss man sich nicht schämen"
Rund 80 bezugsberechtigte Personen würden im Einzugsgebiet dieser neuen Ausgabestelle wohnen, schätzt Anna Berlinger. Tendenz steigend. "In einer Stadt wie München, in der die Mieten so explodieren, ist es für viele Menschen wirklich eine große Entlastung, einmal pro Woche kostenlos Lebensmittel zu bekommen." Der Sozialpädagogin ist aber auch klar, dass nicht alle Bedürftigen, die einen Bezugsschein hätten, nach St. Matthias kommen würden. "Einige werden wohl auch weiterhin zur Ausgabestelle in der Großmarkthalle gehen. Da ist es anonymer. Hier in direkter Nachbarschaft kennt man sich eher persönlich." Der Weg zu einer Ausgabestelle sei für viele Personen noch mit Scham behaftet. "Gerade für die ältere Generation ist es schwierig, diese Art von Hilfe anzunehmen. Dabei ist es nichts, wofür man sich schämen muss", sagt Anna Berlinger. Bei den Jüngeren fange langsam ein Umdenken an.
Einen Berechtigungsausweis für die Lebensmittelausgabe erhalten bedürftige Münchner bei Anna Berlinger. Auch Interessierte, die ehrenamtlich mithelfen wollen, können sich bei der Sozialpädagogin in der Königswieser Straße 12 melden. Das ist möglich per Mail an anna.berlinger@caritasmuenchen.de oder unter Tel. (089) 7591051.
"Viele leben sehr einsam"
Die Münchner Tafel e.V. ist der Kooperationspartner der Caritas München und des Pfarrverbands Fürstenried-Maxhof. Gemeinsam werden sie ab März eine Lebensmittelausgabe in der Pfarrei St. Matthias eröffnen. Der Verein weiß um die Nöte der Bedürftigen. Tafel-Sprecherin Wenka Russ schildert die Situation:
Wie helfen die Lebensmittelausgaben?
Wenka Russ: Die gespendeten Lebensmittel helfen unseren von Armut betroffenen Tafelgästen ganz wesentlich, sich sinnvoll zu ernähren. Ohne unsere Hilfe sind zum Beispiel Ausgaben Alleinerziehender für Schulmaterial oder der Kauf von Hygieneartikeln und wichtiger Medizin der oft von Krankheit und Altersarmut Betroffenen nicht möglich. Zudem schenkt die herzliche Begegnung mit den Ehrenamtlichen Zuversicht, eine schwere Lebensphase zu bewältigen. Der verbindliche Abholtermin schafft häufig eine wichtige Struktur im Alltag. Vor Ort können soziale Kontakte aufgebaut und gepflegt werden, denn viele leben sehr einsam. Die freundlichen Begegnungen mit den Ausgabehelfern sind Balsam für die strapazierten Seelen.
Wie schnell kann man in die Bedürftigkeit geraten?
Wenka Russ: Oft ist es die Verkettung gleich mehrerer Schicksalsschläge, die unsere Gäste bedürftig werden lässt: Trennung, Scheidung, Verlust des Arbeitsplatzes, Tod des Partners oder die eigene Erkrankung sind mögliche Ursachen. Alleinerziehenden, Einkommensschwachen und von Altersarmut Betroffenen machen die stark gestiegenen Mieten schwer zu schaffen. Da hilft es sehr, einen wesentlichen Teil der benötigten Lebensmittel geschenkt zu bekommen. Großzügigen Sponsoren wie Supermärkte, Großhändler, Molkereien und Bäckereien ist es zu verdanken, dass wir jede Woche ca. 100.000 Kilogramm Lebensmittel an insgesamt 18.000 Bedürftige im Münchner Stadtgebiet überreichen können.
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