"Esel wären mein Traum"
Schulleiter Werner Fiebig verlässt nach vier Jahren das Gymnasium Fürstenried
Es sieht noch nicht nach Aufbruch aus im Büro von Werner Fiebig. Gerade kümmert sich ein Techniker um den Computer des Schulleiters am Gymnasium Fürstenried, Umzugskartons sind nicht in Sicht. Und doch wird Fiebig in wenigen Tagen seine Sachen packen - wenn die Schüler ihre Zeugnisse haben, wenn alles ausströmt in die wohlverdienten Sommerferien. Dann zieht es auch den 61-Jährigen weg. Weg vom Gymnasium, weg aus München. Aus privaten Gründen, wie er sagt. "Ich wollte noch einmal was ganz anderes machen", erklärt er. Das "ganz Andere" befindet sich in Niederbayern: Ein Haus mit Grundstück haben sich Fiebig und seine Frau gekauft. Da geht's hin. Der Schulleiter Fiebig inmitten einer Hühnerzucht etwa? Fiebig lacht. "Nein", sagt er und schüttelt den Kopf, "aber Esel wären mein Traum." Doch erst einmal müsse noch einiges am Haus hergerichtet werden.
"Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt"
Seit 2011 leitete Fiebig das Gymnasium Fürstenried. "Ich gehe nicht, weil es mir hier nicht mehr gefällt", stellt er klar. "Im Gegenteil. Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt. Ich mag die Zusammenarbeit mit den Kollegen und den Schülern. Für mich ist es das Schönste, mit Menschen zusammenarbeiten zu dürfen." Und dennoch müsse er jetzt raus aus dem Schulbetrieb, wieder Zeit für Dinge finden, für die jahrelang keine Zeit gewesen sei. Mal ins Kino gehen oder ins Theater. "Und Musik machen. Ich bin so ein Alt-Rocker, habe früher in verschiedenen Bands gespielt", sagt er. Was ihm überhaupt nicht gefalle, sei der Begriff vom Unruhestand. "Ich gehe nicht in den Unruhestand, sondern in den Ruhestand. Ich will ja meine Ruhe." Fiebig bleibt gelassen bei dem Gedanken, in wenigen Tagen von 100 Prozent Schulbetrieb auf 100 Prozent Ruhestand umzustellen: "Das schaffe ich. Kein Problem."
"Ich habe großes Unbehagen"
Der Entschluss zu diesem Schritt sei gereift. Gemeinsam mit seiner Frau. "Wir haben uns entschieden, zurück nach Pocking zu ziehen, wo wir herkommen. Dann haben wir das Haus gefunden und sind nun schon seit einiger Zeit am Renovieren." Jetzt einen Wechsel zu vollziehen, halte er auch mit Blick auf die Schule für gut. "Nachdem die Umbaugeschichte hier am Gymnasium losgeht, ist es sinnvoll, wenn alles in einer Hand liegt", sagt Fiebig. Hintergrund: Läuft alles nach Plan, soll im Herbst 2016 mit der Sanierung der Sporthalle begonnen werden. Danach folgt die Sanierung des Schulgebäudes, die Schüler werden während dieser Zeit in Container umziehen.
Das Gymnasium Fürstenried wird im Wandel sein. Das sei die ganze Schullandschaft ja schon heute, so Fiebig. "Es tut sich wahnsinnig viel und ich habe großes Unbehagen, was die momentane Entwicklung angeht. Wir haben überfrachtete Stundenpläne und dieses Bulimie-Lernen", kritisiert er. Die Art, wie hierzulande gedacht werde, habe sich überholt. Durch die erhöhte Stundenzahl blieben viele Dinge gerade im Freizeitbereich für die Schüler auf der Strecke. "Gleichzeitig sind aber viele Eltern auf einen größeren Betreuungszeitraum angewiesen. Da hakt's."
"Wir brauchen eigenständige Schulen"
Die Schule müsse heute als Ganztag gedacht werden. "Sie muss aber nicht gebunden sein", betont Fiebig. Seine Forderung lautet deswegen: "Es muss ernst gemacht werden mit der eigenständigen Schule." Sie müsse auf die jeweiligen Verhältnisse angepasst werden. Seinem Nachfolger wünscht Fiebig "die Gelassenheit, die man braucht, um in diesem Betrieb zu überleben."
Am 31. Juli gibt es Zeugnisse. Dann wird sich Werner Fiebig verabschieden von der Lehrerschaft und den Schülern. Er wird sie vermissen - die Zusammenarbeit, das wöchentliche Fußballspiel mit den Kollegen. Und er freut sich. Auf die Ruhe. Das Haus. Und die Esel vielleicht irgendwann. "Denn Esel sind einfach geniale Tiere."
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