Den Dorfkern bewahren
Einsatz für den Erhalt des Aubinger Ortsensembles
„Heimat“ – das ist für die Mitglieder des Fördervereins 1000 Jahre Urkunde Aubing ein eingrenzbarer Begriff. Heimat, das ist das Dorfkernensemble in Altaubing. Es erstreckt sich rund einen Kilometer entlang der Alto- und Ubostraße und ist etwa 300 Meter breit. Die Mitglieder des Fördervereins kennen jedes einzelne der Häuser und Gebäude in diesem größten von insgesamt 76 Münchner Ensembles: Die schönen alten Bauernhäuser der Ubostraße, die heute noch bewirtschaftet werden; die für fast zwei Millionen Euro renovierte Kirche Sankt Quirin aus dem 15. Jahrhundert, die in den 60er Jahren fast hätte abgerissen werden sollen, aber auch die mal besser und mal schlechter gelungenen Neubauten, die im Ortsensemble entstanden sind und immer noch entstehen. „Wir wollen kein Museumsdorf Aubing“, betonen die Ortschützer. Sie appellieren aber an Bauherren Kriterien zu beachten, damit auch moderne Materialien und Architektur zum Altbestand passen. Doch ob der historische Ortskern auch in Zukunft noch unter Denkmalschutz stehen wird, ist ungewiss. Seit rund 30 Jahren gilt der Ensembleschutz. Doch die Aubinger hatten viel zu lange diese Chance nicht wahrgenommen. Überall waren unpassende Bauten entstanden. Das Landesdenkmalamt hat schließlich die Reißleine gezogen und 2011 angedroht, den Ensembleschutz aufzuheben. Dank des Engagements des Fördervereins wurde dem Ortskern eine Gnadenfrist von fünf Jahren eingeräumt. Bis Anfang 2017 muss die Landeshauptstadt München nun Maßnahmen ergriffen haben, um den Ensemblecharakter Aubings zu stärken.
Rundgang mit Expertinnen
Vor kurzem haben die Fördervereinsaktiven Werner Dilg und Klaus Bichlmayer zu einem Rundgang durch den Ortskern eingeladen. Mechthild Keßler, Leiterin der städtischen Unteren Denkmalschutzbehörde und Susanne Fischer, Regionalbeauftragte beim Landesamt für Denkmalpflege kennen das Dorfensemble aus ihrer Arbeit. Gemeinsam mit dem Förderverein wachen sie mit Argusaugen über das Ensemble. Vor dem alten Schulhaus blieb die Gruppe bei ihrem Rundgang stehen. Ein wenig verbaut wirkt das Areal, das der Förderverein vergeblich unter Denkmalschutz hatte stellen lassen wollen. Der Vorgarten des städtischen Gebäudes müsste baulich „aufgeräumt“ werden, regte Bichlmayer an. Gegenüber im Bereich der alten Dorfwaage wünscht sich der Förderverein eine Sitzbank um einen Baum mit Blick zur Kirche: „Kirche, Brunnen, Schulhaus – das gehört zusammen“, meinte Bichlmayer. Ein paar Schritte weiter blieb die Gruppe in der Altostraße vor einem Neubau mit Satteldach stehen. „Ganz zufrieden“ seien sie mit dem Ergebnis, lautete das Urteil. Der Bauherr hätte zuerst einen Kubus errichten wollen. Länger verweilte man vor einem langgestreckten mehrteiligen Neubau. Auch wenn der Baukörper „ganz schön massiv“ wirkt, sei es „wesentlich besser als ursprünglich geplant“, waren sich die Experten einig.
Unattraktive Asphaltflächen
Beim Rundgang kam die Gruppe auch an einigen der 19 über das Dorfensemble verteilten Emailletafeln vorbei, auf denen auf früher bedeutsame Aubinger Einrichtungen hingewiesen wird. Auch das ist eine Errungenschaft des Fördervereins. An 31 alten Häusern wurden darüber hinaus vom Förderverein die ursprünglichen Hausnamen angebracht, die anstelle von Nummern Anfang des 19. Jahrhunderts zur Orientierung dienten: „Beim Wast“, „beim Maier“ oder „beim Wasenmeister“, wie der Abdecker damals bezeichnet wurde, steht darauf. Weniger schön sind die durch den Ortskern führenden Straßenkreuzungen. Zum Beispiel der verkehrsumbrauste Maibaum mit den unattraktiven Asphaltflächen. „Hier muss dringend etwas gemacht werden“, waren sich die Ortsschützer einig. Ideen für das Dorfensemble hat die Stadt München bereits seit einiger Zeit, doch es hapert an der Realisierung, die ja erst den Fortbestand des Ensembles garantieren würde.
Der Förderverein selbst wirbt unermüdlich für das Ensemble. Es gibt bereits eine zweite Auflage „Bauen in Aubing“ mit Tipps zu Balkonen, Fenstern oder Dachziegeln, Schulkinder werden durch das Ortszentrum geführt, mit Bauherren diskutiert, der Verein verkauft Jahreskalender mit Aubinger Ansichten und Werner Dilg hat sogar zwei Kinderbücher geschrieben, in denen der kleine „Ubo“ Anekdoten aus dem alten Aubing erzählt. Der Dorfkern soll in einer Zeit entstehender Großsiedlungen bewahrt werden, „als eine Insel im beliebigen Umland, das überall sein könnte“, hofft Bichlmayer.
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