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"Das passt hierher"

Zehn Jahre Selbsthilfezentrum im ehemaligen Tröpferlbad

Das Treppenhaus blieb erhalten und auf den Fotos an den Wänden sieht man, wie es früher im "Tröpferlbad" aussah. (Bild: ds)

"Die Selbsthilfe zeigt die gesamte Bandbreite des Lebens. Da sind Sie hier im richtigen Viertel", sagte Florian Kraus, stellvertretender Vorsitzender des Bezirksausschusses Schwanthalerhöhe (BA 8) beim Neujahrsempfang des Selbsthilfezentrums, der kein gewöhnlicher Neujahrsempfang war: Man feierte das zehnjährige Jubiläum in den Räumen des ehemaligen städtischen Wannen- und Brausebads in der Westendstraße 68.

Wo man sich noch bis ins Jahr 1992 für zwei Mark fünfzig eine "Brause" oder für vier Mark ein Wannenbad kaufen konnte, treffen sich heute Gruppen, um sich in geschütztem Rahmen zu den unterschiedlichsten Themen aus dem Gesundheitsbereich auszutauschen oder in verschiedensten Initiativen aktiv zu sein (Näheres zu den rund 1200 Gruppen unter www.shz-muenchen.de). Rund 100 Aktive aus dem Bereich der Selbsthilfe waren der Einladung gefolgt. "Genießen Sie die drangvolle Enge", begrüßte Klaus Grothe-Bortlik, Geschäftsführer des Selbsthilfezentrums, die Gäste: "Das hat den Effekt, dass man sich näher kommt."

Man wusste sich zu helfen

Dass das Selbsthilfezentrum gut ins Westend passt, befand auch Constanze Lindner Haigis. "Es war schon immer ein Viertel, das sich zu helfen wusste", stellte die Kunsthistorikerin den Zusammenhang her. Sie bietet Stadtteilführungen zum Thema "Westend – ein bayerisches Multi-Kulti-Viertel" an und wurde vom Team des Selbsthilfezentrums für diesen Abend eingeladen, um einen Überblick über die Entwicklung des Westends zu geben und etwas über das Gebäude zu sagen. "Wir wollten Arbeitskräfte und es kamen Menschen", zitierte sie Max Frisch, denn das Westend entwickelte sich zum Zuhause von Arbeitern.

Für die Alleinstehenden wurde schon 1913 das Ledigenheim als günstige Unterkunft eröffnet. Bereits 1963 wurde auf die bunte Mischung der Kulturen, Sprachen und Herkunftsländer der "Gastarbeiter" reagiert und das Multikulturelle Jugendzentrum gegründet, 1974 öffnete das Griechische Haus – alles Selbsthilfe-Initiativen mit Vorreiter-Status! Und da die Wohnungen einfach gehalten waren und noch nicht über eigene Badezimmer verfügten, ging man zum Baden oder Duschen ins städtische Bad. Der Name "Tröpferlbad", erklärte die Stadtführerin, komme vom "Campingplatz-Effekt": Dass das Wasser auf einmal nur noch aus der Brause tröpfelt.

Sitz des Selbsthilfebeirats

Die Zuschüsse für das Selbsthilfezentrum fließen wohl in ausreichender Menge, es wird zu zwei Dritteln von der Landeshauptstadt München und zu einem Drittel über die gesetzlichen Krankenkassen finanziert, wie Grothe-Bortlik erklärte. Es ist auch Geschäftsstelle des Selbsthilfebeirats München. Außerdem hat es einen Trägerverein, dessen Vorsitzender Wolfhard Mauer seinen Stolz darüber äußerte, wie engagiert in München Flüchtlingen geholfen wird. Auch für Gruppen in der Flüchtlingshilfe sind im Selbsthilfezentrum Fördermöglichkeiten und Unterstützung zu finden.

Feiern und tanzen

Traditionell weiß man sich im Westend nicht nur zu helfen, man versteht auch zu feiern. Das war auch bei diesem Empfang nicht anders. Das Internationale Mütterforum hatte ein vielfältiges Buffet mit Köstlichkeiten aus den unterschiedlichsten Ländern vorbereitet. Und Musik machte eine griechisch-kurdisch-türkische Gruppe, die viele Gäste zum Sirtaki-Tanzen brachte. Zuvor hatte Stadträtin Jutta Koller an sechs Aktive in der Selbsthilfe die Auszeichnung "München dankt" verliehen.


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