Wochenanzeiger München Wir sind Ihr Wochenblatt für München und Umland

"Ich empfinde Dankbarkeit"

Seit 40 Jahren gestaltet Klaus Geitner die Kirchenmusik in der Himmelfahrtskirche

"Mit Musik kann man sehr viele Menschen ansprechen", freut sich Dekanatskantor KMD Klaus Geitner. Er ist verantwortlich für alle musikalischen Bereiche in der Himmelfahrtskirche. (Bild: job)

Wer in München "Kirchenmusik" sagt, denkt dabei immer auch an die Sendlinger Himmelfahrtskirche. Sie ist eine feste, lebendige Größe und Bereicherung des kulturellen Lebens weit über das Stadtviertel hinaus.
Schon vor der Einweihung der Himmelfahrtskirche im Jahr 1920 spielte Kirchenmusik in dieser Gemeinde eine überaus bedeutende Rolle. Im Jahr 2018 feierte sie das 100-jährige Bestehen von Chor und Kirchenmusik. Nun kam ein weiterer musikalischer "Geburtstag" dazu: das 40-jährige Dienstjubiläum Klaus Geitners, der 1983 als Kantor an der Himmelfahrtskirche anfing.

"Das ist das Besondere hier"

"An dieser Kirche gab es immer eine Person, die mit Begeisterung und Engagement Kirchenmusik machte. Es gab immer Wegbegleiter, die es haben werden lassen", erzählt Geitner, "das ist das Besondere an dieser Kirchengemeinde." Er ist erst der dritte Kantor in der Geschichte der Gemeinde. Kontinuität ist hier kein Fremdwort. "Alle haben es lange ausgehalten", erinnert Geitner an seine Vorgänger. Die hatten es dabei nicht immer leicht: Vieles von dem, was sie in vielen Jahren aufgebaut hatten, wurde z.B. durch den Krieg wieder zerstört.

Organist, Kantor und Sachverständiger

Klaus Geitner wurde in München geboren. Nach Studien am Münchner Richard-Strauss-Konservatorium setzte er seine Ausbildung in Augsburg und Salzburg (Mozarteum) fort; dort in der Orgelklasse von Prof. Stefan Klinda. Ergänzende Studien führten ihn zu Nikolaus Harnoncourt, Michael Radulescu, Ton Koopman, Olivier Latry, Marie-Claire Alain, Jean Langlais, Daniel Roth, Frieder Bernius und Guy Bovet. Ehe er 1983 als "Noch-Student" zur Himmelfahrtskirche stieß, war Geitner schon einige Jahre in Ramersdorf und St. Philippus im Kirchendienst gewesen. 2007 wurde er zum Dekanatskantor für München-Süd berufen, zwei Jahre darauf folgte die Ernennung zum Kirchenmusikdirektor (KMD).

Neben seinen Aufgaben als Organist und Kantor leitet Geitner den Chor der Himmelfahrtskirche. 1990 gründete er das Ensemble „Il concerto piccolo“, das sich auf die Aufführungspraxis des 17. und 18. Jahrhunderts spezialisiert hat. Rundfunk- und CD-Aufnahmen sowie Konzerte im In- und Ausland ergänzen seine künstlerische Tätigkeit; als Organist spielte Geitner zuletzt unter anderem in den Domen zu Altenberg, Bamberg, Berlin, Fulda, Magdeburg, Passau, Hildesheim, Salzburg und der Kathedrale zu Lausanne. 2015 wurde Geitner vom Landeskirchenrat zum amtlichen Orgelsachverständigen der Evang.-Luth. Landeskirche in Bayern ernannt.

"Sie spricht die Menschen an"

Musik und Kirche gehören zusammen: wie bei einem Akkord, bei dem mehrere Töne zusammen einen neuen harmonischen Klang ergeben. "Kirche ist nicht allein die Messe am Sonntagvormittag. Kirche kann den Menschen in vielerlei Gestalt etwas geben", findet Klaus Geitner. "Mit Musik kann man sehr viele Menschen ansprechen. Ich sehe das bei unseren Orgelreihen: Da kommen Menschen, die haben mit Kirche nichts am Hut, schätzen aber die Atmosphäre. Musik spricht die Menschen auf einer anderen spirituellen Ebene an - und ich habe das Glück, hier Pfarrer zu haben, die das auch so sehen."

Geduld und Zielstrebigkeit

Maßgeblich war Geitner am Bau der großen Eule-Orgel beteiligt, die 1994 das erste Mal erklang und seitdem nicht nur die Gemeinde begleitet, sondern auch bei zahlreichen Konzerten wie den Zyklen „Orgelmusik bei Kerzenschein“ im Advent und in der Passionszeit, der "Sendlinger Orgelnacht" sowie dem "Münchner Orgelsommer" zu hören ist. "Am Anfang dauerte mir das viel zu lang", erinnert sich Geitner an das Orgelprojekt, "ich dachte, das wir nie etwas; das war schlimm für mich." Geduld, Zeit und Investitionen haben sich letztlich gelohnt. Die Ausstrahlung der Orgel begeistert nicht nur Geitner nach wie vor. "Im Nachhinein war es gut, wie es gelaufen ist", freut sich Geitner, "aber das kann man immer erst im Rückblick feststellen." Und so ist sein wichtigster Rat für junge Kollegen, den er im Interview für den Gemeindebrief gab: "Geduld. Durchhalten, nicht zu früh aufgeben. Manche Dinge brauchen auch mal zehn Jahre, bis sie verwirklicht werden."

"Es gibt noch ein paar Werke ..."

Die Himmelfahrtskirche ist aufgrund ihrer Akustik ein gerne genutzter Raum für anspruchsvolle Kirchenmusik. Geitners Vorgänger Heinz Schnauffer war auch Tonmeister beim BR - Verknüpfungen entstanden, Rundfunkgottesdienste wurden aus Sendling übertragen, die Himmelfahrtskirche wurde weithin bekannt. Seit 1950 produzierte der BR über 1.200 Aufnahmen in der Kirche an der Kidlerstraße. Seit drei Jahren werden hier auch Fernsehgottesdienste aufgezeichnet - in diesem Jahr werden es wieder zwei sein.

Für Kirchenmusiker Geitner bedeutet das: viel Arbeit, aber auch neue Impulse. Sie bringen neues Leben, was Geitner ebenso wichtig ist wie seine große berufliche Erfahrung, die ihm manches leichter gelingen lässt, das er sich vor 30 Jahren noch gar nicht zugetraut hätte. "Ich bin jemand, der neue Herausforderungen immer annimmt", sagt Geitner. Auf einige freut er sich auch für die Zukunft: "Es gibt ein paar Werke in der Musikgeschichte, die mir besonders am Herzen liegen und mit denen ich Erlebnisse verbinde."

"Das schätze ich sehr!"

In der Himmelfahrtskirche wird es daher auch in den kommenden Jahren bedeutende Kirchenmusik geben. Dass Mittel und Menschen dafür da sind, ist für Geitner nicht selbstverständlich und ein großer Grund der Dankbarkeit der Gemeinde gegenüber. Auch das ist in Sendling ein Kontinuum. "Ich empfinde Dankbarkeit, dass ich hier fast immer auf Menschen gestoßen bin, die mich haben machen lassen; die Vertrauen hatten", blickt Klaus Geitner auf seine Zeit an der Himmelfahrtskirche zurück. "Das schätze ich sehr!"

Startseite Anzeige aufgeben Zeitung online lesen Jobs Kontakt Facebook Anfahrt