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Traditionen pflegen

Die "Holzhacker" sind Forstenrieds ältester Verein

Das Leben als Holzhacker war hart. Die Männer und ihre Familien lebten meist in bitterster Armut. (Bild: Holzhackerverein)

Ein bequemes Leben war es nicht, das die Holzhacker von Forstenried vor über 160 Jahren führten. Ihr Dasein war so hart wie das Brot, das sie zum Frühstück aßen. Die Holzhacker und ihre Familien lebten zumeist in bitterster Armut. Einer, der etwas Linderung, ein klein wenig Absicherung für die Männer in diesem gefahrvollen Beruf erreichen wollte, war Kaspar Pollinger. Am Rosenmontag des Jahres 1849 gründete er den Holzhackerverein Forstenried. Der Verein besteht bis heute und ist der älteste Forstenrieds.

Erste Sozialabsicherung

Der Zusammenschluss, den Kaspar Pollinger ins Leben rief, war weit mehr als ein lockerer Stammtischverein. Es war eine freiwillige Kranken-, Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung für die Männer und deren Familien. "Man kann schon sagen, dass der Pollinger die erste Sozialabsicherung für die Holzhacker eingeführt hat", sagt Gerhardt Ausserbauer, seit 2006 Vorsitzender des Vereins.

Die Holzhacker waren ein zäher Menschenschlag, krank wurden sie selten. Doch die Arbeit im Wald war gefährlich, Verletzungen waren beinahe an der Tagesordnung, auch Todesfälle kamen vor. Bezeichnend für das Leben der Holzhacker ist dieser Spruch: "Der Holzhacker stirbt eher, bevor er krank wird." Die Mitglieder von Kaspar Pollingers Verein zahlten regelmäßig einen Betrag in die Kasse ein und schufen so ein Polster für harte Zeiten. Aus alten Unterlagen geht hervor, wie die Leistungen aufgeteilt waren. Bei einem Lohn von elf Pfennig pro Stunde galt: Jedes Mitglied führt von einer verdienten Mark einen Pfennig an die Kasse ab. Wurde im Akkord gearbeitet, so wurden pro Ster, also pro Kubikmeter geschichteter Holzmasse, zwei Pfennig bezahlt. Über die Summen wachte der Hau- oder Rottmeister.

60 Wochenstunden waren normal

Feste Arbzeitszeiten gab es damals noch nicht, da sie stark von der Witterung abhängig waren. Doch 60 Stunden pro Woche waren normal. 6,60 Mark verdiente ein Holzhacker wöchentlich, wodurch eine Abgabe von 6,6 Pfennig fällig wurde. War nun ein Holzhacker verletzt und konnte nicht arbeiten, so erhielt er eine Tagegeld von 1,50 Mark. Ab 1890 löste sich diese Privatkrankenkasse auf. Der Staat übernahm die Aufgabe. Was bestehen blieb, war der Holzhackerverein.

Zwei Weltkriege hat der Verein überstanden, wurde so manchesmal schon totgesagt und hat doch die Zeiten überdauert. Seit acht Jahren versucht nun Gerhardt Ausserbauer die Tradition zu bewahren und den Verein am Leben zu erhalten. "Es ist schwierig", gibt er zu. "Es fehlt an Nachwuchs." Gut 60 Mitglieder zähle der Holzhackerverein Forstenried, ein paar ehemalige Holzhacker seien auch noch darunter. "Heute gibt es ja fast keine Holzhacker mehr. Sie werden immer mehr durch Geräte wie den Harvester ersetzt", sagt Ausserbauer. Nein, oft träfen sie sich nicht, die Mitglieder.

Gottesdienst und Gstanzlsingen

"Aber wir haben feste Termine im Jahr, die uns wichtig sind." So begehen sie jedes Jahr an ihrem Gründungstag einen Rosenmontagsfrühschoppen, der mit einem Gottesdienst beginnt. "Das ist ein recht launiger Gottesdienst, den der Pfarrer an diesem Tag hält", erzählt Ausserbauer. Weiter geht es dann mit Tanz und Gesang im Forsthaus Hubertus und mit dem Gstanzlsingen des Vorsitzenden. Seinen jährlichen Hoargart richtet der Verein in der ehemaligen Diensthütte im Forst, dem so genannten Gelben Haus, aus, und im Advent schließlich wird noch das Engelamt gefeiert. Gerhardt Ausserbauer selbst war nie Holzhacker. Vor gut 30 Jahren hat er sich dem Verein aber schon angeschlossen. "Aus Traditionspflege", wie er sagt. "Das ist mir wichtig." Er hofft, dass er den Holzhackerverein Forstenried auch weiter am Leben erhalten kann. "Es wird nicht leichter", so seine Prognose und er betont: "Wir freuen uns über neue Mitglieder." Der jährliche Mitgliedsbeitrag sei mit 15 Euro moderat.

Wer Interesse an Heimat, Tradition und Brauchtum im Allgemeinen und am Holzhackerverein im Speziellen hat, der kann sich per e-Mail unter gausserbauer@-t-online.de mit Gerhardt Ausserbauer in Verbindung setzen oder ihn einfach anrufen: 759 26 48.


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