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"Aba heit' is' koid!"

Schäffler tanzen in Lochhausen

Die Schäffler tanzten Formationen wie den "Krone", "Laube" oder "Schlange". (Bild: Scherer)

„Aba heit' is' koid! Aba heit' is' koid! Aba heit' is' sapp' risch koid!“ Die Figuren vom Glockenspiel des Münchner Rathauses schienen von ihrer luftigen Höhe herabgestiegen und mitten in Lochhausen gelandet zu sein. Rund 500 Besucher waren vor die „Deutsche Eiche“ gekommen, um den Tanz, den die meisten nur vom Glockenspiel am Marienplatz her kannten, einmal live zu erleben. Bezirksrätin Barbara Kuhn (CSU Lochhausen-Langwied) und Rosemarie Mendel (Deutsche Eiche) hatten die Schäffler in den 22. Stadtbezirk geholt.

Neben den Tänzern in ihrer typischen Tracht: schwarze Kniebundhose, Lederschurz, Schnallenschuhe, grüne Kappen und eine rote Jacke mit goldenen Knöpfen, war sogar das „Münchner Kindl“ gekommen, um das sonnige Wetter und die gute Stimmung während der Tänze zu genießen. Die Gruppe bestand aus den Tänzern, zwei Reifenschwingern, zwei Kasperln und einem Fähnrich.

Der Beginn der Tänze wurde mit dem Bayerischen Defiliermarsch eingeläutet. Dann begannen die eigentlichen Tänze. Die Schäffler tanzten im Kreis verschiedene Figuren wie „Laube“, „Kreuz“, „Schlange“ oder „Krone“.

Der Pest die Stirn geboten

Der Tanz geht auf Anfang des 16. Jahrhundert zurück. Damals waren die Bürger wegen einer wiederholten schrecklichen Pest-Epidemie demoralisiert. Die ersten, die damals wieder auf die Straße gingen, waren die Schäffler. Mit ihrem Tanz und der Musik machten sie wieder Mut. Der Tanz wird als Erinnerung an diese schwere Zeit alle sieben Jahre aufgeführt. Bis in die 1970-er Jahre war der Schäfflertanz eine streng berufsbezogene Tradition. Nur Schäffler durften mitmachen. Heute haben sich die Regeln gelockert, denn soviele Schäffler gibt es nicht mehr und sonst hätte diese Tradition aufgegeben werden müssen.

Böttcher, Küfer, Binder

Die Schäffler sind auch als Böttcher, Küfer oder Binder bekannt. Da die Nachfrage nach diesen Gefäßen im heutigen Zeitalter von Kunststoffen zurückgegangen ist, gibt es nur noch wenige Vertreter dieses Berufstands. Eine letzte Fassfabrik steht in Laim. Bei der Firma Schmid werden seit 1914 Bier- und Weinfässer, Kübel aus Eichenholz, Holzkrüge und Becher hergestellt und gebrauchte Fässer repariert und umgearbeitet.

Das Schäfflerhandwerk gibt es bereits seit dem 7. Jahrhundert. Noch nach dem zweiten Weltkrieg hatte die Landesinnung Bayern des Böttcher- und Weinküfer-Handwerks rund 1.800 Mitglieder. Heute gibt es gerade einmal rund 15 Betriebe in ganz Bayern.

Ein Fass besteht aus den langen „Dauben“ (gebogene Bretter) und den Böden. Früher wurden die Fässer mit Holzreifen gebunden, mittlerweile verwenden die Schäffler verzinktes Bandstahl. Rund sieben Stunden dauert es bis beispielsweise ein 200-Liter Fass fertig ist. Die fertigen Fässer erfreuen dann beispielsweise Oktoberfestbesucher, wenn die Brauereipferde mit den Bierkutschen zur Wiesnzeit über den Festplatz ziehen und  mit Bierfässern der Münchner Schäffler beladen sind.

In Lochhausen wurden die Schäffler mit viel Applaus verabschiedet.


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