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Zehn unscheinbare Glasampullen voller Hoffnung

Neuartiger Ebola-Impfstoff Ervebo wird in der künftigen Ausstellung „Gesundheit“ des Deutschen Museums ge

Hoffnung im Kampf gegen Ebola: eine Glasampulle des Ervebo-Impfstoffes. (Bild: Deutsches Museum)

Es sind nur zehn unscheinbare Glasampullen in einer Pappschachtel, aber die haben es in sich: Ervebo heißt die Hoffnung im Kampf gegen Ebola, eines der tödlichsten Viren der Welt. Weil Corona in den vergangenen Monaten die Schlagzeilen beherrschte, ist diese Krankheit zuletzt fast in Vergessenheit geraten. Dabei ist es keine fünf Jahre her, dass bei einem großen Ausbruch in Westafrika 11 000 Menschen starben. Für rund zwei Drittel der Ebola-Patienten verläuft die Krankheit tödlich.

"Man kann gut erklären, wie es wirkt"

Doch es gibt Hoffnung: Ervebo, ein Impfstoff, den die Pharma-Firma MSD produziert. Als der Impfstoff Ende 2019 von der EU zugelassen wurde, wurde auch das Deutsche Museum auf die Entwicklung aufmerksam. Kurator Florian Breitsameter sagt: „Ich wollte den Impfstoff unbedingt in der künftigen Dauerausstellung „Gesundheit“ zeigen. Man kann daran sehr gut erklären, wie ein Impfstoff wirkt, der nach dem Prinzip des viralen Vektors funktioniert. Ervebo ist der erste derartige zugelassene Impfstoff. Und es ist ziemlich wahrscheinlich, dass dieses Prinzip auch zum Muster für einen Corona-Impfstoff wird.“

Bei Ervebo wird das Genmaterial für ein Impf-Antigen in ein Trägervirus eingebracht, das dann als Impfstoff gespritzt wird. Das Protein dieses Genmaterials wird auf diese Weise in den Körper eingeschleust. Dort lösen diese Proteine die Produktion von Antikörpern im Geimpften aus.

Bayern führte 1807 Impfpflicht zuerst ein

Der neuartige Impfstoff wird ab Ende 2021 in der neuen Dauerausstellung „Gesundheit“ zu sehen sein - neben anderen Impfstoffen, die die Welt verändert haben. Besonders gern erzählt Kurator Florian Breitsameter die Geschichte der Pocken-Impfung. Der schottische Arzt Edward Jenner hatte herausgefunden, dass eine Infektion mit eher harmlosen Kuhpocken Menschen vor den tödlichen Pocken schützt. „Es war aufgefallen, dass Mägde, die Kühe melken, nicht an den gefährlichen echten Pocken erkranken, sondern nur Pusteln an den Händen bekommen.“ Jenner kratzte an den Pusteln und infizierte mit dem Schorf Kinder, die dann vor der tödlichen Krankheit geschützt waren. Bayern führte schon im Jahr 1807 als erstes Land der Erde eine Pflicht-Pockenimpfung ein. Heute sind die Pocken ausgerottet.

Jüngster Ausbruch wurde eingedämmt

Um die Ausrottung von Ebola geht es bei Ervebo nicht: Das ist kein Impfstoff für vorsorgliche Massenimpfungen, sondern ein Notfallpräparat, das bei akuten Ausbrüchen eingesetzt werden soll – auch medizinisches Personal im Anti-Ebola-Einsatz kann damit geimpft werden. Ervebo ist nicht kommerziell im Handel erhältlich, sondern wird derzeit zum Selbstkostenpreis abgegeben und über die WHO verteilt. Das ist auch aus technischen Gründen notwendig: Die Langzeit-Lagerung erfolgt bei minus 80 bis minus 60 Grad. Sollte es zu einem Ausbruch kommen, wird der Impfstoff nach Afrika eingeflogen. Bei Kühlschranktemperaturen hält er sich zwei Wochen.

Hunderttausende Menschen wurden schon mit dem Prüfimpfstoff von Ervebo, der seit Februar im niedersächsischen Burgwedel hergestellt wird, geimpft – er hat bereits viele Menschenleben gerettet und dürfte auch mit dafür verantwortlich sein, dass es gelungen ist, den jüngsten Ausbruch im Kongo einzudämmen.

Basis für Corona-Impfstoff?

Florian Breitsameter hofft, dass es bis zur Eröffnung der Gesundheitsausstellung auch einen Corona-Impfstoff geben wird. Vielleicht wird einer dieser Impfstoffe auf der Technologie basieren, die für Ervebo zum Einsatz gekommen ist. MSD arbeitet daran: „Zurzeit nutzen wir unsere langjährige Erfahrung in der Entwicklung und Produktion von Impfstoffen für die Suche nach einer Schutzimpfung gegen SARS-CoV-2. Einer der Ansätze, die wir dabei verfolgen, basiert auf der Technologie, mit der wir gegen das Ebola-Virus erfolgreich waren”, sagt MSD-Geschäftsführerin Chantal Friebertshäuser. Florian Breitsameter ist optimistisch: „Den Platz für einen Corona-Impfstoff habe ich in der Vitrine freigehalten.“


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